Der König und die Totenleserin

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2011
  • 4
  • Droemer-Knaur, 2009, Titel: 'Grave Goods', Originalausgabe
Der König und die Totenleserin
Der König und die Totenleserin
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Annette Gloser
861001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2011

Geheimnisse in Glastonbury

Kurzgefasst:

England, im Jahre 1174. König Heinrich II . befindet sich im Krieg mit den Walisern, die sich weigern, ihr Land unter die Herrschaft der englischen Krone zu stellen. Sie erkennen nur König Artus an, der der landläufigen Meinung nach nicht tot sein soll. Da tauchen zwei Skelette auf, die angeblich die Gebeine von Artus und Guinevere sind. Einzig Adelia, die Totenleserin, könnte beweisen, dass die beiden Nationalhelden wirklich tot sind, und Heinrich somit zur Krone verhelfen. Doch Adelia will nicht länger im Dienste des Königs stehen.

 

1174. Gerade noch rechtzeitig kann sich Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar vor ihren Häschern in Sicherheit bringen. Dabei ist sie im Sumpfland East Anglias gerade erst heimisch geworden. Aber die braven Doktoren von Cambridge haben die unerwünschte Konkurrentin Adelia als Hexe angezeigt. Nur gut, daß ihre Freundin Emma gerade eine Reise unternimmt, um die Erbschaft ihres Sohnes in Besitz zu nehmen, vor allem das Landgut Wolvercote, den Sitz ihrer Schwiegermutter. Adelias kleine Familie darf sich dem Zug anschließen, aber noch bevor sie in die Nähe des Landgutes kommen wird die junge Ärztin vor Henry Plantagenet zitiert. Dieser benötigt wieder einmal Adelias Dienste als Totenleserin.

Das berühmte und sagenhafte Glastonbury ist abgebrannt, keiner der vielen dort verehrten Heiligen hat seine segnende Hand ausgestreckt um das Feuer zu löschen. Und nicht nur der Ort wurde ein Opfer der Flammen, auch das alte Kloster ist nur noch eine Ruine. Henry ist als König verpflichtet, den Wiederaufbau der heiligen Stätte mitzufinanzieren. Allerdings fehlt es ihm wie üblich an Geld. Und so ist er auf der Suche nach einer lukrativen Einnahmequelle, die spendable Pilger anlockt und Geld in die leeren Kassen bringt. Wie günstig, daß man in Glastonbury gerade einen Sarg entdeckt hat, in dem die Gebeine eines offenbar edlen Ritters liegen und noch ein zweites Skelett, viel zarter und sehr viel kleiner. Könnte man diese alten Knochen als Arthur und Guinevere identifizieren, dann wäre der König zumindest finanziell aus dem Schneider. Scharen von Pilgern würden nach Glastonbury strömen um dem sagenhaften Arthur die Ehre zu erweisen. Und vielleicht gibt es dann auch endlich eine Chance, die Waliser zur Ruhe zu bringen, denn dieses zänkische Völkchen will Henry einfach nicht als Herrscher akzeptieren. Hätte er jedoch den von den Walisern heiß verehrten König Arthur als Trumpf in der Hand, dann käme es vielleicht endlich zu einem dauerhaften Frieden mit Wales.

Nun soll Adelia herausfinden, ob diese beiden Skelette tatsächlich Arthur und Guinevere sind, denn ungeachtet aller Sorgen widerstrebt es Henry, einfach so zu tun, als ob es keine Zweifel an der Identität der Leichen gäbe. Adelia macht sich also auf den Weg nach Glastonbury, muß aber zu ihrem Entsetzen feststellen, daß Emma und ihre Begleiter in der Zwischenzeit einfach verschwunden sind. In Wolvercote scheinen sie nie angekommen zu sein. Hat der berüchtigte Räuber Wolf etwas damit zu tun, der seit langer Zeit die Straßen rund um Glastonbury zu den gefährlichsten Straßen Englands macht? Auch in der Stadt stößt Adelia nicht auf freundliches Entgegenkommen, weder der Wirt in der Herberge noch die Mönche im Kloster scheinen sonderlich glücklich über ihr Erscheinen. Aber solche Widrigkeiten ist Adelia gewohnt, davon lässt sie sich nicht abschrecken. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, daß plötzlich eins der verschwundenen Maultiere aus Emmas Troß in Glastonbury auftaucht. Und dann wird Adelia entführt...

Henry hat auch sein Gutes

Ariana Franklin führt ihre Leser in die Regierungszeit Henry Plantagenets, in das Jahr 1174, zurück. Auch Leser, die den ersten Band der Reihe Die Totenleserin nicht gelesen haben, werden schnell mit Zeit, Orten und vor allem den Protagonisten vertraut. Die Autorin lässt den König selbst die vertrackte Situation in seinem Land schildern und führt ihre Leser mit leichter Hand durch alle Krisen, die Adelia beschert werden. Die Sprache ist recht modern, was jedoch keineswegs unangenehm auffällt, sondern sehr gut zu dieser außergewöhnlichen Dame passt, die da als Pathologin durch das mittelalterliche England zieht und Kriminalfälle löst. Dabei wird deutlich, daß Ariana Franklins Sympathie jenem Henry Plantagenet gilt, der als König so außergewöhnliche und innovative Ideen hatte, der das Rechtssystem in seinem Land reformierte, der seinem Volk aber vor allem als der König im Gedächtnis blieb, der Thomas Becket auf dem Gewissen hatte.

Mit Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar stellt die Autorin eine Protagonistin in den Mittelpunkt, die im England des Jahres 1174 so fremdartig ist wie eine Giraffe. Dies macht beim Lesen den Gegensatz zu den Menschen in England immer wieder aufs Neue bewusst und macht deutlich, wie rückständig das Land zu dieser Zeit war und gegen welche Vorurteile ein unabhängig denkender Mensch wie Henry anzukämpfen hatte. Dabei sind Ariana Franklin lebensvolle, pralle Charaktere gelungen und insbesondere Adelia, die ein wenig verrückt scheint und doch eine liebenswerte junge Frau mit bescheidenen Ansprüchen und großem Pflichtbewusstsein ist. Vielleicht fällt es schwer, sich diese Ärztin mit ihrer außergewöhnlichen Entourage real im Mittelalter vorzustellen. Aber Franklins Krimi ist so erzählt, daß diese Vorstellung akzeptabel wird.

Jedem Rätsel seine Lösung

Dieser Roman bietet eine gelungene Mischung aus Krimi und Abenteuer, selbstverständlich nicht ohne Liebe und nicht ohne Intrige. Also von fast allem etwas, was das Histo-Fanherz begehren mag. Zwar braucht wohl niemand lange, um sich denken zu können, daß Arthur und Guinevere nicht in diesem Sarg liegen, aber wer diese Skelette wirklich sind, das ist nicht einfach heraus zu finden. Und auch die Geschichte um die verschwundene Emma setzt spannende Akzente. Einmal angelesen, hält der Roman seine Leser fest im Bann. Immer wieder gibt es unvermutete Wendungen und immer wieder überrascht Adelia mit ihrem logischen Denken und ihren Schlussfolgerungen.

Und so gibt es eben nicht eine große Lösung, die alle Rätsel auf einmal entwirrt. Hier gibt es diverse kleine Lösungen für diverse große und kleine Rätsel. Spannend ist das auf jeden Fall, von der ersten bis tatsächlich zur letzten Seite.

Wie Adelia zu ihren Schlußfolgerungen kommt, das ist auf jeden Fall lesenswert. Hier werden keine anachronistischen CSI-Methoden praktiziert. Die junge Pathologin mag zwar außergewöhnlich sein für ihre Zeit, aber sie nutzt auch nur die Kenntnisse, die ihr zu dieser Zeit tatsächlich schon zur Verfügung stehen konnten. Kombiniert mit Wissensdrang und logischem Denken entsteht daraus eine beachtenswerte Ermittlerin.

Gute Unterhaltung!

Der König und die Totenleserin ist ein unterhaltsamer, spannender Krimi. Die Anmerkungen der Autorin im Anhang seien hier zur Lektüre empfohlen. Es ist interessant zu lesen, was sie selbst zu ihrem Buch schreibt und warum sie es so und nicht anders geschrieben hat.

Der Knaur Taschenbuch Verlag hat dem Krimi ein passendes und ansprechendes Cover geschenkt, an dessen feiner graphischer Gestaltung mancher Leser auch sein Auge erfreuen mag.

Alles in allem ein empfehlenswerter Schmöker, egal, ob für den Urlaub, lange Abende im Winter oder einfach nur zur Entspannung irgendwo auf dem Weg nach Hause. Wer sich auf Ariana Franklins Totenleserin einlassen kann, der hat ein buntes, packendes Mosaik vor sich. Viel Spaß beim Zusammensetzen!

Der König und die Totenleserin

Ariana Franklin, Droemer-Knaur

Der König und die Totenleserin

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