Die Ketzerbraut

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2010
  • 8
  • Droemer-Knaur, 2010, Titel: 'Die Ketzerbraut', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
741001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2010

Turbulente Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Reformation

Kurzgefasst:

München zu Beginn des 16. Jahrhunderts: Die schöne Bürgerstochter Genoveva, genannt Veva, soll nach dem Willen ihres Vaters den Sohn eines Geschäftspartners aus Innsbruck heiraten. Doch auf dem Weg nach Tirol geschieht das Unfassbare: Der Brautzug wird überfallen, Vevas Bruder ermordet und das Mädchen selbst von den Räubern entführt. Zwar gelingt es nach wenigen Tagen, Veva zu retten, doch nun glaubt ihr keiner mehr, dass sie noch unberührt ist. In den Augen der Welt ist sie "beschädigte Ware", und ihr Vater beschließt, sie an den als Weiberheld und Pfaffenfeind berüchtigten Ernst Rickinger zu verheiraten. Nach Liebe werden die beiden nicht gefragt...

 

Wer Iny Lorentz kennt und mag, wird mit dem Roman Die Ketzerbraut einen typischen "Schmöker" des Autorenpaares in den Händen halten. Es ist alles da, was einen richtigen Iny Lorentz ausmacht: Liebe, Verrat, Intrigen, Geheimnis, Gefahr und noch einiges mehr. Geschrieben in einer süffigen Sprache, die an die Leserinnen und Leser wenig Ansprüche stellt, aber dazu angetan ist, gute Unterhaltung in einer Form zu servieren, die ein uneingeschränktes Lesevergnügen garantiert. Wie gewohnt, kommt beim Autorenpaar auch ein gewisser Witz nicht zu kurz.

Unschuldig oder nicht?

Ausgerechnet auf dem Weg nach Innsbruck, wo Veva den Sohn eines Geschäftspartners ihres Mannes heiraten soll, wird der Brautzug überfallen. Veva schmerzt der Verlust ihrer Aussteuer weniger als der Umstand, dass ihr Zwillingsbruder dabei sein Leben verliert. Selber von den Räubern gefangen genommen, macht sich Veva über ihr weiteres Schicksal keine Illusionen. Doch da wird sie unerwartet von Benedikt Haselegener gerettet und zurück nach München gebracht. Da die Räuberbande bekannt dafür ist, sämtliche Frauen zu schänden, die ihr in die Hände fallen, gilt Veva nun als "beschädigte" Ware, obwohl sie stets beteuert, ihre Unschuld sei unangetastet. Ihr Vater verheiratet die widerstrebende Tochter und nunmehr Alleinerbin seines Vermögens aus einer kurzentschlossenen Handlung heraus mit Ernst Rickinger, dem Sohn seines Freundes. Veva sträubt sich vergeblich gegen die unerwünschte Verbindung. Nach und nach kommt sie hinter ein düsteres Geheimnis ihres aufgezwungenen Ehemannes.

Etliche Problembereiche angesprochen

Die leichtfüßige Art, mit der Die Ketzerbraut daher kommt, täuscht etwas über den Hintergrund des Buches hinweg. Denn Iny Lorentz bietet nicht nur gute Unterhaltung, sie hat in ihren Roman durchaus ernste Themen hinein gepackt. So setzten - nicht nur, aber auch - im 16. Jahrhundert Räuberbanden dem Handel massiv zu. Es war gefährlich, ohne genügenden Begleitschutz zu reisen. Ein gefährliches Spiel trieben auch die Anhänger von Martin Luther, die dessen Ketzerschriften in der Stadt München verbreiteten. Das weitaus liberalere Augsburg war nicht nur im Roman Herkunft mancher Schmähschriften. Sehr schön aufgefangen hat Iny Lorentz den Hintergrund der Reformation und lässt gar den Reformator selber in Erscheinung treten. Geschickt webt Iny Lorentz in die Geschichte ein, weshalb sich die Kirchenoberen so sehr gegen die Ansichten Luthers wehrten und wie es um den Ablasshandel jener Zeit bestellt war.

Strahlender Held, kluge Maid

Auch wenn sich Die Ketzerbraut nahtlos in die Reihe der erfolgreichen Iny Lorentz-Romane einreiht, weist sie doch da und dort Schwächen auf. So folgen die Charaktere einem klaren Klischee von Gut und Böse, sind entweder gutherziger und erfolgreicher Held oder dann verschlagener und mit allen Wassern gewaschener Bösewicht. Veva selber ist gar zu makellos, um wirklich Tiefe zu bekommen. Ebenso folgt die Handlung einem bekannten Muster und hält nur wenig wirkliche Überraschungen bereit. Durch diese Leitschienen begrenzt, bewegt sich der Roman also auf einer wohlbekannten Ebene. Allerdings schöpft Iny Lorentz auf dieser Ebene alle vorhandenen Möglichkeiten aus und bietet trotz der enggesteckten Parameter gute Unterhaltung.
Ärgerlich sind einige fehlerhafte Textstellen, die bei einer sorgfältigen Überarbeitung hätten ausgemerzt werden können.

Auf der sicheren Seite

Die Fans von Iny Lorentz werden mit diesem Buch wieder auf der sicheren Seite sein und sich einige Stunden entspannende Lektüre gönnen können. Wer komplexere Lektüre bevorzugt, wird aber mit Vorteil auf einen anderen Roman ausweichen, will er nicht enttäuscht werden. Wer Iny Lorentz bisher ausschließlich mit dem Bestseller Die Wanderhure identifiziert, sollte sich darüber klar werden, dass er hier eine andere Geschichte in Händen hält. Nur so lassen sich unnötige Enttäuschungen verhindern und wird dem Buch Die Ketzerbraut das Recht eingeräumt, für sich selber zu stehen und eine eigene, spannende Geschichte zu erzählen.

 

Die Ketzerbraut

Iny Lorentz, Droemer-Knaur

Die Ketzerbraut

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