Die Verlobten

  • dtv
  • Erschienen: Dezember 1901
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  • dtv, 1827, Titel: 'I Promessi Sposi', Originalausgabe
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Almut Oetjen
801001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2010

Auf der Flucht

Kurzgefasst:

Lecco, am Comer See, im 17. Jahrhundert: "Diese Trauung findet nicht statt, weder morgen noch sonst!" Mit diesen Worten verhindern die Schergen Don Rodrigos, eines brutalen Landedelmanns, die Hochzeit von Lucia und Renzo. Als die beiden sich dennoch trauen lassen wollen, müssen sie vor dem Zorn Don Rodrigos fliehen. Lucia findet Zuflucht im Kloster und Renzo zieht gen Mailand. Doch als er dort ankommt, wird er in einen Aufstand verwickelt und auch Lucia ist im Kloster nicht sicher...

"Die Verlobten" zählt nicht nur zu den großen Werken der Weltliteratur, es ist auch der Höhepunkt der italienischen Romankunst des 19. Jahrhunderts. Unerreicht in seiner historischen Tiefe, in seiner psychologischen Durchdringung, in der souveränden epischen Anlage des Stoffes, weitet sich das Schicksal von Lucia und Renzo zum Gemälde eines ganzen Landes - der Lombardei - und einer ganzen Epoche - des frühen 17. Jahrhunderts. Nicht nur die privaten Lebensläufe stecken voller Gefahren, Umwege und bitterer Rückschläge, auch das Los Italiens unter spanischer Fremdherrschaft ist ungewiss.

 

Im frühen siebzehnten Jahrhundert steht die Lombardei unter spanischer Besatzung. In der Republik Venedig, genauer in Lecco am Comer See, leben und lieben sich der Seidenspinner Lorenzo Tramaglino, genannt Renzo, und das Bauernmädchen Lucia Mondella, die heiraten wollen. Da der Feudalherr Don Rodrigo Anspruch auf Lucia erhebt, flieht das Paar. Lucia versteckt sich in einem Nonnenkloster in Monza, wo "Die Signora", eine Nonne namens Gertrude, vorgibt, sich um sie zu kümmern. Renzos Flucht führt nach Mailand. Dort gerät er in eine Rebellion, wird festgenommen, kann fliehen und setzt sich zu einem Vetter nach Bergamo ab.
Don Rodrigo lässt Lucia entführen und auf die Burg eines Raubritters schaffen. Lucia und der Mailänder Geistliche Federico Borromeo bewirken, dass sich der Raubritter zum Christentum bekennt, fortan als Wohltäter auftritt und Lucia bei einer reichen Mailänder Familie unterbringt. Als in Mailand die Pest ausbricht und Renzo von Lucias Versteck erfährt, begibt er sich auf die Suche nach ihr.

Immer wieder mal werden irgendwo alte Handschriften gefunden

Manzonis "Mailändische Geschichte aus dem siebzehnten Jahrhundert, entdeckt und neu eingerichtet" - so der Untertitel - erweckt den Eindruck des Authentischen, indem der Autor sich auf eine anonyme alte Handschrift aus dem siebzehnten Jahrhundert bezieht. Bereits in der Vorrede geht er auf diese Schrift ein, die angeblich in einer schwer erträglichen barocken Manier, als Schwall preziöser Einfälle und Metaphern, erzählt wird. Unter Verwendung einer Kostprobe begründet er, warum er die Geschichte mit seinen Worten wiedergibt.

Romeo und Julia auf dem Lande

Der Seidenweber Renzo ist anfangs recht naiv und macht im Verlauf der Handlung eine Entwicklung zu einem trickreichen Mann durch. Der freundliche und ehrliche Renzo wird von seiner Verlobten getrennt und eines Verbrechens angeklagt. Lucia ist ein frommes und reines Mädchen, das ob dieser Eigenschaften Objekt des Begehrens wird. Sie entflieht in einer der berühmtesten Szenen der italienischen Literatur der sexuellen Bedrohung durch Don Rodrigo. Rodrigo ist ein grausamer Mensch, der Zwang auf Schwächere ausübt und auch vor Mord nicht halt macht. "Der Ungenannte" ist der komplexeste Charakter des Romans, ein mächtiger und gefürchteter Krimineller, der zunehmend Abscheu vor seinem Leben empfindet. Er ist dem realen Vorbild Francesco Bernardino Visconti nachempfunden, der im Zuge eines Besuchs von Federico Borromeo zum gläubigen Christen wurde. Die Nonne von Monza schließlich ist eine tragische Figur, die von ihrer dunklen Vergangenheit verfolgt wird. In diesem personalen Gefüge entfaltet sich die Geschichte um Renzo und Lucia streckenweise wie eine Variante des Stoffes über Romeo und Julia. Als hochdramatische Abenteuergeschichte erinnert das Buch durchaus an Walter Scott, auch an Alexandre Dumas (den Älteren, dessen vergleichbare Romane später als Manzonis Buch erschienen sind).

Die lesenswerte Mutter italienischer historischer Romane

Vermutlich ist Manzonis Buch der erste historische Roman aus Italien. Inspiriert hat den Schriftsteller, der bekannt wurde durch Dramen und Gedichte, Walter Scotts Ivanhoe. Manzoni hat den Text, der erstmals 1827 in drei Bänden veröffentlicht wurde, mehrfach überarbeitet und erneut veröffentlicht 1840-1842. Es gibt fünfzehn deutsche Übersetzungen, die heute noch nachweisbar sind, die meisten unter dem Titel Die Verlobten. Alternativtitel sind Die Brautleute und Die verzögerte Hochzeit - letztere keine Übersetzung, sondern eine krasse Bearbeitung.
Der Roman ist sehr lesenswert in seiner Verbindung aus einer privaten Leidens- und Liebesgeschichte mit einer politisch-historischen Erzählung. Beeindruckend, wie Manzoni episch die politische und die private Sphäre aufeinander einwirken lässt.
Ebenso beeindruckend sind seine Beschreibungen des alltäglichen Lebenskampfes und der Pest.

 

Die Verlobten

Alessandro Manzoni, dtv

Die Verlobten

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