Die Pfeiler des Glaubens

  • C. Bertelsmann
  • Erschienen: Januar 2010
  • 10
  • C. Bertelsmann, 2009, Titel: 'La mano de Fátima', Originalausgabe
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Kirsten Lambeck
951001

Histo-Couch Rezension vonSep 2010

Der Konflikt zwischen Morisken und Christen aufs allerbeste in Szene gesetzt von einem Meister seines Fachs

Kurzgefasst:

Andalusien, 1568. Nach Jahren der Unterdrückung erheben sich die spanischen Muslime gegen ihre christlichen Peiniger. Unter den Aufständischen ist auch der junge Maure Hernando, der sein Volk und seine Kultur vor dem Untergang retten will. Doch die Revolte wird bald zum blutigen Glaubenskrieg, und angesichts der von beiden Seiten begangenen Grausamkeiten wächst in Hernando das Bedürfnis nach Frieden und Aussöhnung der Religionen - ein Ziel, dem er fortan sein Leben widmet.

 

Die Pfeiler des Glaubens beginnt im ganz Kleinen, in Juviles, einem Dorf in den Tälern der Alpujarras am Fuße der Sierra Nevada. Hier lebt Hernando, ein Junge noch, Ergebnis einer Vergewaltigung einer armen Dorfbewohnerin durch einen christlichen Priester, vom Stiefvater aufs übelste mißhandelt und ausgebeutet. Die Familie gehört zur Gemeinschaft der Morisken, die nach der Zwangsbekehrung der Muslime nach außen christlich leben, ihre Kinder aber weiter nach muslimischen Grundsätzen erziehen.

Ein "Christenbastard" zwischen Morisken und Altchristen

Die Konflikte zwischen den "Altchristen" und den Morisken sind greifbar in der Enge des kleinen Dorfes, das wie ganz Spanien unter der Herrschaft der allgegenwärtigen katholischen Kirche mit der ständigen Bedrohung durch die Inquisition steht. Für Hernando ist die Situation besonders schwer, sieht man ihm den "Christenbastard" doch schon an seinen blauen Augen deutlich an. Weder bei den Christen noch bei den Morisken ist er akzeptiert. Nur sein Talent, mit Eseln und Pferden umzugehen, lässt den Stiefvater ihn ertragen.

Aufstand der Morisken - die Unterdrückten erheben sich

In Juveniles wächst wie im übrigen Land der Druck auf die Morisken, es kommt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, zu ersten Massakern auf beiden Seiten, als die Morisken sich 1568 bewaffnen und gegen die Unterdrücker vorgehen. Hernando wird Zeuge und als Eseltreiber für seinen Stiefvater auch Beteiligter des Konfliktes. Gleichzeitig mit dem erwachenden Bewusstsein des Jungen wächst auch der Radius, in dem der Roman sich bewegt: Hernando erlebt die Siege und Niederlagen der Morisken in Cordoba und Granada, immer getrieben vom Hass seines despotischen Stiefvaters, immer begleitet von der Liebe seiner sanften, aber meist hilflosen Mutter, die ihren Sohn vor dem Ehemann schützen will.

Familiendrama zwischen Vertreibung und Flucht

Parallel zu den Konflikten zwischen Morisken und Altchristen entwickeln sich die Konflikte innerhalb der Familie: Hernando verliebt sich in die junge Mutter Fatima, die er bei einem Massaker an maurischen Kindern und Frauen retten kann - doch auch Hernandos Stiefvater begehrt die junge Frau. Immer wieder wird die Familie durch Flucht, Deportationen und Intrigen getrennt. Hernando kann sich vor der Vertreibung retten, indem er sich als Christ ausgibt und für das Domkapitel in Cordoba arbeitet. Doch im Verborgenen führt er den Kampf um das Überleben seines Volkes und seiner Kultur fort.

Konflikt zweier Welten

Hernando bleibt zeitlebens ein Wanderer zwischen den Welten und Kulturen, zwischen Morisken und Altchristen, zwischen Christentum und Islam, gehört zu keiner der Welten dazu und wechselt doch ganz selbstverständlich zwischen ihnen. Schon zu Beginn wird Hernandos Ambivalenz deutlich: sowohl der christliche Sakristan als auch Hamid, ein alter Maure, bemühen sich um den Jungen und lehren ihn die Grundsätze beider Religionen. Hernando selbst begreift sich als Maure, kann aber auch seine christliche Erziehung nicht leugnen, die ihn von anderen maurischen Jungen unterscheidet. Falcones verzichtet in Die Pfeiler des Glaubens auf klare Sympathie- und Schuldzuschreibungen, mit Hernando erlebt der Leser ein Wechselbad der Gefühle zwischen der einen und der anderen Konfliktseite.

Ein Meisterwerk an Detailfülle und Spannung

Falcones gelingt wieder ein Roman, der in unglaublicher Detailfülle und mit viel Ruhe eine ganz fremde Welt vor dem Leser ausbreitet. Entwickelt sich die Handlung zu Beginn langsam und auf engem Raum, sind die Protagonisten später über ganz Spanien und darüber hinaus verteilt. Anfangs zeitlich sehr dicht, liegen später häufige Zeitsprünge zwischen den Kapiteln der Geschichte, die Hernando auf seinem gesamten Lebensweg begleitet. Die historischen Ereignisse spielen sich immer im Hintergrund der Familiensaga ab, die mit ihren schier unlösbaren Konflikten die Protagonisten immer wieder zu neuen Orten und in neue Situationen treibt. Zeitweise erfordert der Überblick über verschiedene, breit angelegte Handlungsstränge einiges an Aufmerksamkeit, doch bleibt jeder der Stränge in sich stimmig und immer fesselnd.

Insgesamt wieder ein absolutes Meisterwerk, das langen und fesselnden Lesegenuss verspricht.

 

Die Pfeiler des Glaubens

Ildefonso Falcones, C. Bertelsmann

Die Pfeiler des Glaubens

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