Die Goldspinnerin

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2010
  • 6
  • Blanvalet, 2010, Titel: 'Die Goldspinnerin', Originalausgabe
Die Goldspinnerin
Die Goldspinnerin
Wertung wird geladen
Bettina Weiß
721001

Histo-Couch Rezension vonAug 2010

Auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit

Kurzgefasst:

Lübeck, anno 1397. Die Goldspinnerin Cristin Bremer führt mit ihrem Mann Lukas eine angesehene Werkstatt in der florierenden Hansestadt. Mit der Geburt ihrer ersten Tochter scheint das Glück des Ehepaars perfekt. Doch kurz darauf wird Lukas vergiftet und die junge Mutter von ihrer eigenen Schwägerin des Mordes und der Hexerei beschuldigt - und dem Henker übergeben. Nur dessen Sohn Baldo glaubt an ihre Unschuld. Gemeinsam fliehen sie aus der Stadt, doch nichts wird Cristin daran hindern heimzukehren, um die hinterlistigen Mörder ihres Mannes zu überführen und ihre Tochter wiederzufinden...

 

Eine selbstbewusste und mutige Frau, die durch den Tod des Ehemannes alles zu verlieren droht, kämpft um ihr Lebensglück. Die junge Cristin Bremer betreibt zusammen mit ihrem Ehemann Lukas und den Lohnarbeiterinnen eine Goldspinnerei, in der die schönsten Stoffe mit aufwendigen Stickereien verziert werden. Nach einigen Jahren der Ehe erwartet Cristin nun das erste gemeinsame Kind, ihr Glück könnte nicht größer sein. Dann aber stirbt Lukas nach kurzer, schwerer Krankheit eines unerklärlichen qualvollen Todes. Im Lübeck des Jahres 1397 für eine Frau eine ausweglose Situation: Nicht nur dass ihr der Verlust der Werkstatt droht, wird sie auch noch der Hexerei und des Mordes an ihrem Ehemann beschuldigt. Cristin vermutet, dass ihr Mann vergiftet worden ist und verdächtigt ihren Schwager der Tat. Sie wird nach Bahrprobe als Gottesbeweis zum Tode verurteilt. Nur Baldo, der Sohn des Henkers, der von ihrer Unschuld überzeugt ist und sie vor dem Tode rettet, steht ihr jetzt noch zur Seite. Auf der Flucht vor den Widersachern gelangen die Fliehenden von Hamburg über die Ostseeküste nach Polen an den königlichen Hof, getrieben von dem Wunsch, Cristins Unschuld zu beweisen.

Cristin und Baldo, die Hauptprotagonisten des Romans, werden schnell zu vertrauten und gerngesehenen Begleitern durch die ereignisreiche Geschichte. Beide Figuren sind liebevoll und detailreich gezeichnet, wenn auch Cristin die Ecken und Kanten fehlen. Sie ist einfach eine liebenswürdige Person, die für jedermann Verständnis hat und auch ihren Widersachern nicht wirklich zürnt. Baldo ist in diesem Sinne die interessantere Figur, da er aufgrund eines Erinnerungsverlustes nach einen Wildschweinangriff, mit seiner Verletzung und seiner unbekannten Vergangenheit hadert und sich auch Cristin nicht ganz öffnen kann. Die Entwicklung, die Baldo nimmt, bis hin zum Wiedersehen mit seinem Vater, ist ein sehr gelungener Handlungsstrang.

Eine ereignisreiche, zuweilen überfrachtete Geschichte

Die übrige Geschichte ist spannend und ereignisreich, wenn auch an manchen Stellen weniger mehr gewesen wäre. So werden die Angriffe der Deutschritter auf die polnischen Bauern angerissen, die Protagonisten treffen auf einen Waldenser, mit dem sie am Ostseestrand eine religions-philosophische Diskussion führen, und schließlich landen sie auf einem Schiff der Vitalienbrüder. Diese Handlungsstränge werden jedoch nicht weitergeführt und die Begegnungen bleiben in der Luft hängen. Auch ist die Handlung geprägt von vielen Zufällen, die mit dem Fortgang der Geschichte aufstoßen. So kommt nach dem Wildschweinangriff auf Baldo just zum passenden Zeitpunkt ein freundlicher Bader des Wegs, der nicht nur Baldo versorgt, sondern beide auch bei sich aufnimmt. Als es an der Zeit ist, weiter zu reisen, schließen sich Cristin und Baldo einer Gauklertruppe an, deren Narr der verschollene Bruder Cristins ist, der über hellseherische Fähigkeiten verfügt und die in Gefahr befindliche Schwester retten will. Bei Geldnot am Ostseestrand kommt ein netter Bernsteinhändler daher, der für einen Zufallsfund einen herausragenden Preis zahlt. In Polen angekommen finden die Reisenden Unterkunft in einem Kloster, das just am nächsten Tag von der kränkelnden Königin Jagwiga besucht wird und die sich nur von Cristin, die über heilenden Hände verfügt, behandeln lassen will. Woraus sich natürlich eine anhaltende Freundschaft entwickelt, die dazu verhilft, einen Mädchenhändlerring, an dem Cristins Schwager beteiligt ist, aufzudecken.

Zu viele Zufälle hemmen das Mitfiebern

Diese gehäuften Zufälle machen die an sich sehr gute Geschichte leider ein bisschen unglaubwürdig. Wodurch das Mitfiebern mit den Protagonisten etwas auf der Strecke bleibt, da der Leser sicher sein kann, es wird sich immer eine passende Lösung anbieten. Die phantastischen Elemente der Handlung bringen diese auch nicht wirklich voran, so dass die Frage bleibt, wozu diese Aspekte eingeflochten worden sind.

Ungeachtet der genannten Schwächen bietet der Roman gute Unterhaltung durch eine interessante Geschichte. Der Roman zeigt die ganze Bandbreite der damaligen Gesellschaft, Könige, Bürger, Handwerker, Bettler, Gaukler und Huren, die nicht immer ihrer Zeit gemäß, aber durchaus nachvollziehbar handeln. Auch die Hauptpersonen sind ihrer Zeit weit voraus, aber sympathische Begleiter durch angenehme Lesestunden. Insgesamt ein Roman der durchaus Spaß macht, sofern der Leser über die aufgezeigten Schwächen hinweglesen kann oder sich an ihnen nicht stört.

 

Die Goldspinnerin

Gerit Bertram, Blanvalet

Die Goldspinnerin

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Die Goldspinnerin«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Zeitpunkt.
Menschen, Schicksale und Ereignisse.

Wir schauen auf einen Zeitpunkte unserer Weltgeschichte und nennen Euch passende historische Romane.

mehr erfahren