Die Hure des Kaisers

  • Ullstein
  • Erschienen: Januar 2010
  • 6
  • Ullstein, 2010, Titel: 'Mistress of Rome', Originalausgabe
Die Hure des Kaisers
Die Hure des Kaisers
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Eva Schuster
751001

Histo-Couch Rezension vonJun 2010

Unterhaltsames Historienspektakel im alten Rom

Kurzgefasst:

Rom, 82 n. Chr.: Die junge Sklavin Thea muss ihre Herrin zu den Gladiatorenkämpfen begleiten, die sie verabscheut. Doch diesmal zieht ein neuer Kämpfer alle Zuschauer in seinen Bann: Arius, genannt »der Barbar«. Thea fühlt sofort eine innere Verbundenheit, und tatsächlich sind sie und Arius Seelenverwandte beide haben so viel Mord und Grausamkeit erlebt, dass sie den Tod verachten. Doch sie können ihre Liebe nicht leben, denn der Kaiser persönlich begehrt Thea für sich.

 

Rom, 81 n. Chr.: Die knapp fünfzehnjährige Thea kommt als Sklavin zu der gleichaltrigen Lepida, einer verwöhnten Tochter aus gutem Haus. Regelmäßig muss Thea ihre Herrin zu den blutrünstigen Gladiatorenspielen begleiten. Während Lepida dieses Spektakel fasziniert, ist Thea eher angewidert. Einmal erregt ein Gefangener, der sich eindrucksvoll gegen die Wächter wehrt und begnadigt wird, ihre Aufmerksamkeit.

Rund ein halbes Jahr später sieht Thea den ehemaligen Gefangenen in der Arena wieder - er wurde wegen seines Könnens als Gladiator ausgebildet. Der stolze Arius, genannt "der Barbar", fällt auch den anderen Zuschauern auf und wird rasch zum Publikumsliebling. Auch Lepida ist von ihm fasziniert und lässt ihm durch Thea Botschaften bringen. Doch während Arius Lepidas Werbungen zurückweist, verliebt er sich - ausgerechnet in Thea, die seine Gefühle erwidert.

Zwischen den beiden entwickelt sich eine leidenschaftliche Beziehung. Aus Rache verkauft Lepida Thea an ein Bordell, Arius verliert sie aus den Augen. Während er sich in die Kämpfe stürzt, bekommt Thea einen Sohn von ihm. In den Jahren darauf arbeitet sie als Sängerin, ehe ausgerechnet Kaiser Domitian sie entdeckt und zu seiner Geliebten macht. Mehr als zehn Jahre vergehen, ehe sich Arius und Thea durch Zufall wiedersehen. Doch eine Beziehung scheint aussichtslos, da der Kaiser Thea für sich ganz allein beansprucht ...

Die Hure und der Barbar

Liebe, Leidenschaft und Intrigen kannten bereits die alten Römer zu Genüge. Der Debütroman von Kate Quinn ist ein kurzweiliger Historienroman, der gleichwohl nicht besonders anspruchsvoll ist. Sowohl Thea als auch Arius sind sympathische Charaktere, die der Leser rasch ins Herz schließt. Thea, eigentlich Leah, ist eine Jüdin, die im Kindesalter als eine der wenigen Einwohner einen Römerangriff auf ihre Stadt überlebt hat. Sie geriet in Gefangenschaft, wurde aber in Lesen und Schreiben unterrichtet und erhielt ihren griechischen Namen. Mit der Stellung bei Lepidas Vater Quintus Pollio wendet sich aber das Blatt erneut für sie. Thea ist klüger als ihre verwöhnte Herrin, der wiederum ist das ein Dorn im Auge. Als Lepida dann begreift, dass Thea eine Beziehung zu Arius hat, der sie trotz monatelangen Werbens nicht beachtete, will sie Rache. Jahre später treffen sich die beiden Frauen allerdings wieder - denn inzwischen bewegt sich auch Lepida durch ihre Heirat in kaiserlichen Kreisen und hofft darauf, Kaiser Domitian für sich zu gewinnen. Als sie sieht, dass ihr hier erneut ihre ehemalige Sklavin zuvorgekommen ist, flammt ihr Hass wieder auf.

Thea wiederum ist als Geliebte des Kaisers zwar finanziell luxuriös versorgt, doch sie ist immer noch eine Sklavin und ihr Leben ist alles andere als leicht. Domitian begehrt sie, entwickelt dabei aber einen krankhaften Wahn. Sie weiß, dass ihr Leben bedroht wäre, sobald ein anderer Mann ins Spiel käme. Zudem verheimlicht sie dem Kaiser die Existenz ihres Sohnes Vix, der fernab im Haushalt von Flavia, der kaiserlichen Nichte, lebt, da sie fürchtet, er könne den kleinen Vix als Druckmittel verwenden.

Der gefeierte Arius ist ein Gladiator wider Willen. Eigentlich sollte er wie andere britannische Gefangene in der Arena getötet werden, doch er leistete so überzeugenden Widerstand, dass ein neues Leben als Gladiator auf ihn wartete. Das Publikum liebt den gewaltigen Mann, der alles und jeden zu hassen scheint und keinen Kampf verliert. Anders als seine Konkurrenten macht er sich nichts aus Ruhm und Ehre, er sehnt sich bloß nach einem freien Leben. Sein Sohn Vix ist sein Ebenbild und schon als kleiner Junge eine Art Miniaturausgabe von ihm. Thea benannte ihn nach Vercingetorix, dem heldenhaften gallischen Häuptling, der Cäsar erst sehr spät unterlag und von dem Arius ihr einst erzählte. Eine sehr reizvolle Figur ist Marcus Norbanus, der auf Wunsch des Kaisers Lepida heiratet. Er ist in so ziemlich jeder Hinsicht das Gegenteil von Lepida: Ein angesehener Senator in den mittleren Jahren, Enkel des göttlichen Augustus, sehr klug und einfühlsam. Seine Freizeit verbringt er am liebsten in der Bibliothek, die blutigen Spiele betrachtet er mit Abscheu. Wegen seines Alters und seiner verkrüppelten Schulter sieht Lepida ihn als hässlich an, Thea hingegen erkennt seine vornehme Ausstrahlung. Marcus ist bemüht, aus der arrangierten Ehe mit der viel jüngeren Lepida, die mit ihm nichts gemeinsam hat, das Beste zu machen. Umso schmerzlicher ist dann die Erfahrung, dass die kränkliche Tochter Sabina von ihrer Mutter abgelehnt wird und Lepida Marcus' Sohn aus erster Ehe verführt. Obwohl Marcus keine der Hauptrollen einnimmt, ist er doch ein wichtiger Charakter, dem der Leser inständig eine Wendung zum Besseren wünscht.

Kaiser Domitian ist im Gegensatz zu populäreren Herrschern wie Julius Cäsar, Caligula, Nero oder Augustus eine recht unverbrauchte historische Figur. Es gelingt Kate Quinn recht gut, seine Zwiespältigkeit darzustellen - einerseits die herzliche, offene Art mit Sinn für Humor, andererseits sein wahnhaftes Misstrauen in den späteren Jahren und sein Hang zur Grausamkeit, wie ihn auch so viele andere Cäsaren pflegten. Etwas kurz kommen alle Details zu seiner Regierungszeit. Der Fokus liegt auf seiner Charakterdarstellung, der historische Hintergrund bleibt recht blass. Generell ist das Werk kein Roman, der in geschichtlichen Fakten schwimmt. Es ist in erster Linie eine dramatische Liebesgeschichte, wenn auch durchaus nett in die tatsächlichen Geschehnisse eingebunden. Die bekannten Informationen zu Kaiser Domitian werden hier recht geschickt mit der fiktiven Geschichte verwoben. Für regelmäßige Leser von Antikenromanen ist der Inhalt allerdings oberflächlich. Der Vorteil ist dabei, dass man nichts über die Epoche wissen muss, um den Roman genießen zu können. Wem die Antike eher fremd ist, der kann hier trotzdem zugreifen und einen Leseversuch wagen, denn es gibt keine Exkurse in Sachen Politsystem oder militärische Operationen.

Positiv fällt auf, dass sich trotz all der Liebeswirrungen unter den Figuren die erotischen Schilderungen sehr zurückhalten. Teilweise ist das beinah schon zu spartanisch, etwa wenn Theas und Arius' erste Nacht nur angedeutet wird, generell ist es aber erfreulich, dass es keine seitenlangen Geschlechtsakte zu lesen gibt. Zudem gibt es, auch wenn der Roman historisch gesehen recht oberflächlich bleibt, einige anrührende Szenen. Das Schicksal von Thea und Arius bewegt den Leser, sehnlichst wünscht er den beiden eine glückliche Zukunft. Manche Szenen sind sehr traurig, etwa wenn Arius durch den Kaiser seinen besten Freund verliert oder wenn Marcus seinen Sohn in flagranti mit seiner Ehefrau ertappt. Andere wie das Wiedersehen zwischen Thea und Arius nach über zehn Jahren machen Freude und all diese Stellen sorgen dafür, dass das Lesevergnügen durchgängig aufrecht erhalten wird.

Einige Schwächen trüben den Gesamteindruck

Ein bisschen gewöhnungsbedürftig sind die ständig wechselnden Perspektiven des Romans. Die Geschichte wird in den ersten Kapiteln aus der Sicht Theas erzählt. Dann aber gibt es auch immer wieder Abschnitte, in denen aus Lepidas Perspektive berichtet wird, in denen ein personaler Erzähler sich auf Arius konzentriert und sogar Julia, die Nichte des Kaisers, wird ein paar mal kurz als Ich-Erzählerin eingeflochten. Da sich die Wege zwischen Thea und Arius für mehr als zehn Jahre trennen, ist es logisch, dass Thea nicht durchgängig die Ich-Erzählerin sein kann, wenn Arius' Schicksal näher beleuchtet werden soll - aber gerade die Sichtweise Lepidas hätte sich die Autorin durchaus sparen können. Sie ist dem Leser so unsympathisch, dass es oft nur wenig Spaß macht, ihre selbstgefälligen Schilderungen zu verfolgen.

Problematisch sind die teils großen Zeitabstände, die einfach übersprungen werden. So gibt es nach Theas Verkauf an einen Bordellbetreiber gleich einen Sprung von mehreren Jahren. Die Handlung lässt ihre Zeit im Bordell einfach aus, ebenso wie die Geburt ihres Kindes und setzt erst wieder ein, als Thea das Glück hat, als Sängerin bei einem gütigen Herrn mit Sinn für ihr Talent dienen zu dürfen. Auch im späteren Verlauf der Handlung gibt es immer wieder Stellen, an denen sich der Plot zu schnell entwickelt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich Charaktere kennenlernen und Gefühle füreinander entwickeln, es geschieht alles ein bisschen hektisch und zu einfach. Vielleicht ist das der Unerfahrenheit der jungen Autorin geschuldet, so wie auch die etwas übertrieben heldenhafte Darstellung von Arius und Thea. Arius scheint fast übermenschliche Kräfte zu haben und überlebt auch den grausamsten und aussichtslosen Kampf in der Arena, Thea wiederum zeigt trotz ihres Schicksals immer eine außergewöhnlich gefasste Haltung.

Fazit: Ein romantischer und dramatischer Roman aus der Antike mit recht gelungenen Charakteren und einer mitreißenden Handlung. Für Historienexperten bleibt das Werk ein bisschen zu blass, weder über die Epoche noch über die realen Figuren gibt es detaillierte Informationen. Wer sich aber mit leichter Unterhaltung zufrieden gibt, findet hier solide Lektüre, die die Zeit schnell verfliegen lässt.

Die Hure des Kaisers

Kate Quinn, Ullstein

Die Hure des Kaisers

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