Das blutrote Parfüm

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2010
  • 4
  • Heyne, 2010, Titel: 'Das blutrote Parfüm', Originalausgabe
Das blutrote Parfüm
Das blutrote Parfüm
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Rita Dell'Agnese
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Histo-Couch Rezension vonMai 2010

Dieser Roman duftet denn doch etwas zu streng

Kurzgefasst:

1776: Amélies Ehe ist zu Ende. Ihr bleibt nur der Schatz ihres Wissens um das Parfümhandwerk. Keine kennt die Welt von Sandelholz und Lavendel wie sie. Sie kehrt auf den Mont-Saint-Michel zurück und eröffnet zum Missfallen der Kirche eine Duftwerkstatt. Als sie vor ihrer Tür eine bestimmte Essenz findet, weiß sie, dass sie sterben soll, so bald ihr Mörder sein tödliches Parfüm für sie vollendet hat.

 

Zugegeben: Sina Beerwald hat in ihrem Roman Das blutrote Parfüm gleich zwei Komponenten eingebaut, die an sich eine gute Grundlage für einen Roman bieten: Die geheimnisvolle Welt der Düfte und den Mont-Saint-Michel in der Normandie. Auch lehnt sie sich im Grundsatz an das Erfolgsrezept ihrer ersten beiden Romane an. Und doch ist Das blutrote Parfüm sowohl von der Spannung als auch von der Gesamtkomposition her eher missglückt.

Gehässige Protagonistin

Dass Sina Beerwald ihre Hauptperson nicht als strahlend schöne Heldin sieht, sondern ihr durchaus Ecken, Kanten und einige Schrullen zugesteht, hat sie in ihren bisherigen Romanen eindrücklich bewiesen. Hier hat sie aber eindeutig über die Stränge geschlagen. Amélie, die sich nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes ihn ihre frühere Heimat auf den Mont-Saint-Michel flüchtet, will sich eine Welt des Duftes aufbauen. Erlernt hat sie die Kunst des Parfüm-Herstellens autodidaktisch, aus Büchern. Während sie um ihren Stand auf dem Mont kämpft, ist sie zu nahezu allen anderen Protagonisten rücksichtslos, unfreundlich und gleichgültig. Das bringt den Leserinnen und Lesern ihr Schicksal nicht eben näher. Ähnliche verhält es sich mit der fünfzehnjährigen Tochter Linnea, der in diesem Roman zudem die Rolle der in direkter Weise Erzählenden zukommt - ein Stilelement, das in allen Beerwald-Romanen Niederschlag findet.

Harziger Ablauf

Während also Amélie darum kämpft, auf dem Mont eine Existenz aufzubauen, von ihrem Bruder - dem Abt auf dem Mont - nicht wegen Hexerei angeklagt zu werden, ihre Mutter aus dem Fängen des Bruders zu befreien und sich vor Erpressungen, Überfällen und Angriffen zu schützen, nutzt Linnea die Zeit, ihrer Mutter das Leben so richtig schwer zu machen. Zwischen die Handlungen, die ob der Fülle des Bösen, das auf die Protagonistin einprasselt etwas harzig wirkt, ist immer wieder ein Exkurs in die Welt der Düfte eingestreut. Dies so aufdringlich, dass nicht etwa ein lieblicher Duft entsteht, sondern man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es denn doch etwas zu streng riecht. So sorgfältig die Protagonistinnen die Tropfen der jeweiligen Duftessenzen abzählen, so erdrückend sind die Beschreibungen der einzelnen Düfte, deren Kräfte und die Ausgestaltung der einzelnen Duftkompositionen.

Es fehlt eine tragende Figur

Zwar steht Amélie im Mittelpunkt des Geschehens und auch ihre Tochter Linnea spielt eine wichtige Rolle. Aber letztlich sind sie beide keine tragenden Figuren. Eher Protagonistinnen, die nicht überzeugen können. Am ehesten sind es der geheimnisvolle Kutscher und der junge Daniel, dem die Sympathie der Leserschaft zufließen könnte, wobei nur bei ersterem auch wirklich Tiefe vorhanden ist. Leider vermag also Sina Beerwald mit ihrem dritten Roman trotz ebenso reizvollem Thema wie reizvoller Kulisse in keiner Weise zu überzeugen. Vielmehr legt sie einen ambitionslosen Roman vor, der selbst bei Beerwald-Fans nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen dürfte. Dies, obwohl die Autorin ihr Handwerk durchaus versteht und einen sprachlich soliden, wenn auch nicht überragenden Roman geschaffen hat.

Das rote Parfüm ist nicht nur ein bedauerlicher Ausrutscher nach unten, es ist auch eine verpasste Chance, die Komponenten des Themas zu einer nachhaltigen Duftkomposition zusammen zu stellen.

 

Das blutrote Parfüm

Sina Beerwald, Heyne

Das blutrote Parfüm

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