Der König

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  • Erschienen: Januar 2010
  • 5
  • , 2010, Titel: 'Der König der Komödianten', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
951001

Histo-Couch Rezension vonMär 2010

Das lange Warten hat sich gelohnt

Kurzgefasst:

Sollte man eine Geschichte, die zu Ende ist, weitererzählen?, fragt Andreas. Wenn sie zu Ende ist, ist sie zu Ende, findet Jakob. Und wer will auch schon hören, wenn dann alles ganz anders verläuft, als die Zuhörer sich das gewünscht hätten? Aber Andreas lässt nicht locker: Das Leben geht ja auch immer weiter, oder?

Und so geht auch die Geschichte von Jakob und Elisabeth weiter, die sich im ersten Teil "Der Spielmann" gefunden und wieder verloren hatten. Jakob zerreibt sich als König von Reupen zwischen seinen Überzeugungen und den politischen Notwendigkeiten, während Elisabeth sich zu ihrer Cousine Eleonore geflüchtet hat, fest entschlossen, den Rest ihres Lebens als alleinstehendes Fräulein zu verbringen.

Doch dann steht eines Morgens ein völlig unerwarteter Besucher vor Elisabeth und erschüttert nachhaltig die Ruhe ihres Refugiums und zwingt sie zum Handeln.

 

"Sollte man eine Geschichte, die zu Ende ist, weitererzählen", fragt Protagonist Andreas seinen Freund König Philipp von Reupen gleich zu Beginn des Romans Der König. Ja, man soll! Zu diesem Schluss wird kommen, wer den ersten Band Der Spielmann gelesen hat und nun sehnsüchtig auf die Fortsetzung der Geschichte um Elisabeth von Messelstein und den Spielmann Jakob, alias Philipp von Reupen, gewartet hat. Zugegeben: Ingrid Ganß ist einen gewagten Weg gegangen, als sie sich an die Umsetzung ihres zweiten Romans machte. War ihr mit Der Spielmann ein Bravourstück gelungen, könnte nun die Fortsetzung die Krone aufsetzen - oder den Spielmann entzaubern.

Ausgezeichnet angeknüpft

Entzaubert hat Ingrid Ganß absolut nicht. Vielmehr hat sie mit Der König den Faden einer eigentlich in sich geschlossenen Geschichte wieder aufgenommen und die Protagonisten erneut auf sich wirken lassen. Entstanden ist dabei ein feinfühliger, tiefgründiger Roman, der Beachtung verdient. Nicht so sehr ein realer geschichtlicher Hintergrund denn ein feines Zusammenwirken menschlicher Gefühle - zu denen durchaus auch negative Gefühle zählen - machen den König zu einem zwar flüssig lesbaren, aber beileibe nicht oberflächlichen Roman. Elisabeth hat sich nach dem Verlassen des Königreichs Reupen bei ihrer Cousine Eleonore eingerichtet. Dort lebt sie ein Leben fernab von höfischem Dasein, aber auch fernab von den alltäglichen Sorgen der einfachen Bevölkerung. Ihr mühevoll aufrecht erhaltener Seelenfriede erhält einen Knacks, als Andreas auftaucht und ihr von der bevorstehenden Vermählung des Königs von Reupen erzählt. Andreas fleht Elisabeth an, nach Reupen an die Seite Jakobs zurückzukehren. Doch Elisabeth will nicht.

Nur noch vereinzelte Passagen

Hatten im Spielmann die mit französischen Ausdrücken gespickten Gespräche zwischen den Adligen empfindlich gestört, bleibt es in der Fortsetzung bei einzelnen kleinen Einsprengseln, die gut verkraftet werden können. Generell zeigt sich, dass Autorin Ingrid Ganß auch sprachlich gereift ist. Sie vermag sowohl mit dem Plot als auch mit der Umsetzung der Geschichte zu überzeugen. Nach wie vor verzichtet sie auf schwülstige Liebeszenen, sie zieht empathisch aufgebaute Situationen vor, bei denen wohl jeder eigene Handlungsweisen und Erlebnisse wiedererkennt. Besonders deutlich wird dies in den unausgesprochenen Problemen zwischen Elisabeth und Jakob.

Dem Zauber nicht entziehen

Damit ist klar: Der Zauber der Drosselbart-Adaption ist ungebrochen. Kaum jemand wird sich ihm entziehen können. Dies erst recht, da dem Buch eine grosse Feinfühligkeit und ein ruhiges Verständnis menschlicher Gefühle zugrunde liegen. Ruhig, wenn auch keineswegs ereignislos ist auch der Verlauf der Geschichte. Wer also auf temporeiches Schlachtengetümmel setzt, wird besser nicht zu Der König greifen. Wem eine dichte Erzählweise und eine hochkarätige, tiefsinnige Geschichte wichtig sind, wird hier ein aussergewöhnliches Buch in Händen halten.

Es ist zu hoffen, dass Ingrid Ganß nach ihrem zweiten Roman nicht erneut zehn Jahre verstreichen lässt, bis sie die Leserschaft mit einem neuen Werk überrascht. Sie hat zu grosses Potenzial, um dieses brach liegen zu lassen.

 

Der König

Ingrid Ganß, -

Der König

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