Die Wundärztin

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2010
  • 10
  • Droemer-Knaur, 2010, Titel: 'Die Wundärztin', Originalausgabe
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Histo-Couch Rezension vonMär 2010

Steinige Liebe in Zeiten des Krieges

Kurzgefasst:

Deutschland im Dreißigjährigen Krieg: Die kluge Söldnertochter Magdalena arbeitet als Wundärztin im kaiserlichen Tross. Bald entbrennt sie in großer Liebe zu dem Kaufmannssohn Eric - eine verbotene Liebe. Als Eric plötzlich spurlos verschwindet, muss die inzwischen schwangere Magdalena schweren Herzens allein im Tross weiterziehen. Zwei Jahre später geschieht das Unerwartete: Der tot geglaubte Eric liegt schwer verwundet vor ihr - und wird des Mordes beschuldigt. Magdalena steht vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens...

 

Die junge Wundärztin Magdalena zieht seit sie denken kann mit dem kaiserlichen Tross von Schlachtfeld zu Schlachtfeld. Immerhin dient ihr Vater dort als Söldner. Über die Jahre hat sie sich den Ruf einer außergewöhnlichen Heilerin erarbeitet und sie wird von allen nur ehrfurchtsvoll die rote Magdalena genannt. Mit ihren leuchten roten Haaren, ihrer zierlichen Figur ist sie eine begehrte Frau, doch schon in Kindertagen hat sie ihr Herz an den verwaisten Kaufmannssohn Eric verschenkt, als er sie 1631 aus dem brennenden Magdeburg rettete. Als Pfand ihrer aufkeimenden Freundschaft und Liebe schenkte Eric ihr einen Bernstein, den sie seitdem ständig trägt. Ein Liebespfand, das sie beschützen soll.

Jahre später haben sie sich ein heimliches Liebesnest in Freiburg im Breisgau geschaffen. Aber es ist eine verbotene Liebe, denn die Väter der beiden sind verfeindet gewesen und so wird die Liason nicht geduldet. Als die Franzosen angreifen, verliert Magdalena nicht nur ihren geliebten Vater, sondern auch jede Spur von Eric. Während der Tross weiterzieht, muss sie erkennen, dass sie ihr Kind ohne Vater aufziehen muss.

Die Jahre gehen ins Land, und an der Seite von Meister Johann und Rupprecht flickt sie tagein tagaus Soldaten zusammen. Nebenbei versucht sie, ihre intrigante Cousine Elsbeth im Zaum zu halten, die es nicht nur auf ihre Tochter abgesehen hat. Als dann plötzlich der schwer verletzte, aber zum Tode verurteilte Eric wieder auftaucht, muss sie sich entscheiden, was sie vom Leben will. Glaubt sie an dessen Unschuld oder verrät sie ihn und lässt ihn am Galgen baumeln?

Nostalgische Parallelwelt

Heidi Rehn nimmt sich mit ihrem Roman Die Wundärztin, dem Beginn einer Trilogie, den Wirren des 30jährigen Krieges an. Ihr geht es dabei weniger darum zu zeigen, wie sich der große Krieg auf die Bevölkerung auswirkte, sondern viel mehr um das Leben und Sterben der Soldaten, Frauen und Kinder, die mit einem Kriegstross durch das Land zogen.

Es ist ein erstaunliches Bild, das sie hier zeichnet. Es ist laut, dreckig, blutverschmiert, aber für die Menschen, die innerhalb dieser "parallelen" Welt leben, ist es das normalste, kennen sie doch nichts anderes. Es gehört dazu, und so gibt es neben Feldschern, Hebammen, Soldaten, Huren und Händlern auch Kinder, die nicht im Tross leben, sondern dort auch geboren werden. So lebt dieses Bild von Rehns fantasievoller und bildgewaltiger Sprache, die es dem Leser leicht machen, sich auf diese Zeit und den Ort einzulassen.

Vor allem der Beruf des Feldschers steht im besonderen Mittelpunkt, ist Magdalena doch eine begnadete Wundärztin. Nirgendwo rinnt das Leben schneller durch die Hände als bei jenen, die verzweifelt versuchen, es zu retten. Auch wenn es fraglich ist, ob eine Frau jemals diesen Status einer anerkannten Wundärztin erreicht hätte, so ist es beeindruckend zu lesen, was ihr für medizinische Fähigkeiten in die Hände gelegt wurden. Obwohl der Feldscherberuf gut recherchiert ist, schwingt doch immer eine gewisse nostalgische Verklärung mit.

Schwache Charakterstudie

So sehr ihre bildgewaltige Beschreibung des Umfeldes ist, umso weniger passend ist sie für die Charaktere. Natürlich ist es wichtig, dass ein Autor seine Figuren beschreibt, damit sich der Leser ein Bild machen kann, aber Rehn trifft nicht immer ganz den richtigen Ton. Die Beschreibungen sind doch sehr schwülstig und ausladend. So hat Magdalena wallendes, rot leuchtendes Haar mit smaragdgrünen Augen und alabasterweißer Haut. Ihr Eric hat tiefblaue Augen, in denen man regelrecht versinkt, all das ist schon fast klischeebeladen.

Auch die Charakterzüge sind entweder sehr vage und blass, vor allem bei Eric. Der außer diesen tiefblauen Augen nicht wirklich eine Persönlichkeit zu haben scheint und es dem Leser ein Rätsel ist, was gerade Magdalena an ihm findet. Nichts hebt ihn aus der Masse hervor. Die Wundärztin selbst schwankt zwischen liebevoll und zickig, leidenschaftlich und eiskalt und ist zudem launisch. Das macht es schwierig, sich wirklich auf sie einzulassen.

Rätselhaftes Geheimnis

Zu guter Letzt wäre da noch die verbotene Liebe zwischen Eric und Magdalena. Nur warum diese verboten ist, wird nie angesprochen oder bis zum Ende des Buches aufgelöst. Das ist wirklich schade, da gerade dieser Punkt viel Spannung hätte bringen können. Aber so wandelt die Wundärztin zwischen ihrer Liebe zu Eric und ihrer Tochter und den Intrigen ihrer Cousine hin und her. Sie flieht vor Vergewaltigungen, der Freundschaft zu Rupprecht und zuweilen vor sich selbst.

Wer es über den Prolog hinaus schafft, der sehr gewöhnungsbedürftig ist - eine Atem beraubend schöne Sechsjährige verliebt sich unsterblich in einen Zwölfjährigen - wird mit einem kurzweiligen, aber farbenreichen Roman über Feldscher, Heilkunst, Kriegsschauplätze und Liebe im 30jährigen Krieg belohnt. Die Wundärztin ist ein Roman, dessen Schwächen vor allem in der Charakterbeschreibung und den Tiefgang der Geschichte liegen, denn beides ist zu flach gehalten.

 

Die Wundärztin

Heidi Rehn, Droemer-Knaur

Die Wundärztin

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