Die Frau im grünen Mantel

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  • Erschienen: Januar 2010
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  • , 2010, Titel: 'Die Frau im grünen Mantel', Originalausgabe
Die Frau im grünen Mantel
Die Frau im grünen Mantel
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Rita Dell'Agnese
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Histo-Couch Rezension vonMär 2010

Die Glaubwürdigkeit der Protagonisten bleibt auf der Strecke

Kurzgefasst:

Jerusalem im 12. Jahrhundert: Zur Zeit des Dritten Kreuzzugs reist die junge Margret von Beverly aus England an den Ort ihrer Geburt: ins Heilige Land. Sie findet sich in einer vollkommen fremden Welt wieder und wird in einen Strudel von kriegerischen Ereignissen hineingezogen, die nicht nur ihre Leidensfähigkeit, sondern auch ihren Glauben auf eine harte Probe stellen. Als die Muslime die Stadt erorbern, gerät Margret in Gefangenschaft. Dennoch merkt sie bald, dass die Spannungen zwischen den Kulturen eigentlich erst am Anfang stehen. Und als ein geheimnisvoller Fremder sie freikauft, findet sie sich selbst im Sog der Leidenschaften gefangen...

 

Richard Löwenherz ein Scheusal? Es braucht Mut, einer Leserschaft, die in der Regel ein verklärtes Bild des englischen Königs hat, dieses Kapitel der Geschichte um den legendären Richard Löwenherz aufzuzeigen. Dieser Mut ist der Autorin Andrea Rottloff ebenso hoch anzurechnen, wie es ihr Wissen um die Ereignisse Ende des 12. Jahrhunderts beim Kampf um Jerusalem ist. Damit sind die positiven Fakten des Romans Die Frau im grünen Mantel aber auch schon nahezu aufgezählt.

Immer wieder fragt man sich: "Wieso?"

Schon auf den ersten Seiten kommt Irritation auf. So schildert die Mutter beim Spaziergang an der Küste von York der kleinen, neugierigen Margret deren Geburt in einem Spital in Jerusalem. Dies im 12. Jahrhundert, als Geburten in der Regel nicht in Spitälern passierten. Wischt man die Irritation vom Tisch und denkt sich, dass hier halt, aus welchem Grund auch immer, etwas anders war, stutzt man spätestens bei der Szene um den Beschuss des belagerten Jerusalems. Die inzwischen 30jährige Pilgerin Margret und ihre Freundin Ida versorgen die Kämpfer auf der Mauer mit Wasser. Eine harte Arbeit. Doch dann ist Feierabend. Erleichtert ziehen sich die Frauen zurück und Ida macht sich auf die Suche nach einem Mann, mit dem sie sich vergnügen kann. Spätestens jetzt wird klar, dass sich die Autorin schwer damit tut, sich in die von ihr skizzierten Protagonisten hinein zu versetzen. Immer wieder tauchen Schilderungen auf, die im besten Falle Kopfschütteln auslösen: Ein guter Mensch kauft Sklavinnen aus einem Steinbruch frei, nur um sich aus deren Mitte eine ihm bis dato unbekannte Frau rauszupicken, deren er Gutes tun wird und die anderen ihrem Schicksal zu überlassen. Wohl hofft der Betreffende in einem späteren Kapitel, dass die Frauen nicht erneut in Sklaverei geraten sein mögen, doch das wars. Auch Margret selber erlebt Unglaubliches. So muss ihr nach einer Misshandlung, bei der sie an der Kopfhaut Brandwunden erlitt, ihr Haar geschoren werden. Nach gerade mal einem Jahr löst ihr ein Mann die zusammengebundenen Haare und eine rote, wallende Mähne fällt auf ihre Schultern. Solche und weitere, ähnliche Situationen lassen allenfalls einen schalen Geschmack aufkommen, nicht aber das Gefühl, das Leben der Protagonisten ein Stück weit mitverfolgen zu können.

Erhobener Mahnfinger

Weder die Handlungsweise der Charaktere noch der fast ständig erhobene Mahnfinger sind wirkliche Plädoyers für mehr Toleranz und eine bessere Verständigung zwischen den Religionen. Wohl ist das Bemühen der Autorin erkennbar, darzustellen, dass es in jedem Volk gute und schlechte Menschen gibt, doch kommt diese Ermahnung so ungelenk daher, dass sie kaum Nachklang findet. So ist zwar das Bemühen Andrea Rottloffs, in ihrem Roman ein Plädoyer für ein einvernehmliches Miteinander anzuerkennen, doch scheitert ihre Botschaft an den Klippen der sprachlichen und erzählerischen Umsetzung.

Vieles bleibt ungehört

Durch die zahlreichen Stolpersteine wird der Gang durch diesen Roman äußerst zäh und harzig. Es kommt früher oder später die Frage auf, weshalb man sich mit dem Leben solchermaßen seltsam agierenden Charaktere überhaupt befassen sollte. Dabei bleibt vieles ungehört, was eigentlich die Stärke des Romans ausmachen würde: die Gräueltaten rund um den Kampf um Jerusalem. Gerade diese Schilderungen erinnern leider so sehr an ein sachliches Lehrbuch, dass sie dem Leser als weitere Hürde in der Bewältigung des Romans vorkommen müssen. Das ist höchst bedauerlich, wäre es doch durchaus an der Zeit, die Geschichte der Kreuzfahrten und das Wirken Richard Löwenherz´ auch einmal von einer anderen Warte aus zu betrachten und sich einer wenig schillernden Wirklichkeit zu stellen.

Als historischen Roman ist Die Frau im grünen Mantel nur unter großen Vorbehalten zu empfehlen. Wer sich die Mühe macht, aus der Geschichte die wenigen Perlen heraus zu suchen, wird zumindest etwas zum Nachdenken haben. Ein umfangreiches Quellenverzeichnis deutet darauf hin, dass es sich die Autorin bei der Zusammenstellung der Fakten nicht leicht gemacht hat und dem interessierten Leser den einen oder anderen Hinweis zu geben vermag.

 

Die Frau im grünen Mantel

Andrea Rottloff, -

Die Frau im grünen Mantel

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