Solang es Unrecht gibt

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  • Erschienen: Januar 1994
  • 6
  • , 1994, Titel: 'Robin Hood. Solang es Unrecht gibt', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
741001

Histo-Couch Rezension vonJul 2006

Robin Hood einmal anders

Wir alle haben bestimmt schon von Robin Hood gehört oder eine der vielen Verfilmungen gesehen. Der Mann in Grün, der mit seinen Leuten im Sherwood Forrest lebt und die Reichen beraubt, um es den Armen zu geben. Diese Geschichte hat Tilman Röhrig zu einem Roman umgewandelt und zeigt, dass nicht nur Robin Höhen und Tiefen durchlebt hat.

England, 1189. Während im Heiligen Land die Kreuzzüge toben, betritt Richard I., genannt Richard Löwenherz, den Thron und zieht kurz darauf Richtung Jerusalem, um seine dortigen Pflichten zu erfüllen. Bis zum Zeitpunkt seiner Rückkehr übergibt er die Regierungsgeschäfte seinem jüngeren Bruder Graf Johann. Dieser unterdrückt sein Volk und bereichert sich an ihm, wodurch es nötig ist, dass ein Held sich gegen sein Regime auflehnt und es zur Strecke bringt.

Realistische Darstellung des Mythos ohne Heldenverehrung?

Das sollte man denken. Aber der Robin Hood von Tilman Röhrig ist etwas anders. Röhrig charakterisiert ihn nicht so sehr als strahlenden Helden, wie wir das eigentlich kennen. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Little John, der hier ein etwas tumber, aber doch kräftiger und gutmütiger großer Kerl ist. Nachdem seine Familie getötet wurde, zieht er mit einem zehnjährigen Mädchen namens Marian durch die Wälder und trifft dort auf Robin Hood und kommt auch bei Robins Männern unter.

Die Geschichte ist ja inzwischen bekannt und der Leser erkennt auch die Szenen wieder, die er aus den Verfilmungen kennt. Darunter die Szene, wie Robin und Little John sich an einem Wasserfall kennen lernen und mit Stöcken duellieren, Reiche ausrauben, um den Armen zu geben und die erste Begegnung mit Bruder Tuck. Man sieht oft vor sich wie Errol Flynn Pfeil und Bogen nimmt und hört dazu die wundervolle Musik von Erich Wolfgang Korngold (in der für mich immer noch gelungensten Verfilmung ";Die Abenteuer des Robin Hood"; von 1938). Im Grunde genommen stehen die Türen weit offen für ein großes Lesevergnügen. Leider findet dieses jedoch so nicht statt.

Atmosphäre eins – Stil sechs

Zwar sorgt Röhrig für eine schöne und stimmige mittelalterliche Atmosphäre, man fühlt sich schon im Sherwood Forrest mit Robins Leuten verhaftet. Was allerdings stört, und das über die ganzen 429 Seiten, ist der Schreibstil. Manchmal sind es nur Stichworte, kurze Sätze, Zusammenfassungen in einer Art Protokollstil, die den Lesefluss hemmen und den Leser so viel zu oft ins Stocken geraten lassen. Das führt leider streckenweise so weit, dass man eine halbe Seite braucht, um gewahr zu werden, um wen es in diesem Moment überhaupt geht. Das bedeutet insgesamt auch, dass Röhrig sich in ungenaue Formulierungen versteigt, die es einem schwer machen der Handlung folgen zu können. Einige wenige Absätze werden dadurch ganz und gar unverständlich. Klar ist, dass Röhrig durch seinen Stil die einfachen Gedankengänge von Little John aufzeigen wollte, aber oft übertreibt er es. Manchmal ist weniger ja mehr, aber zu wenig bleibt zu wenig.

Die Geschichte an sich bleibt schön und strukturiert. Dabei wird Robin Hood nicht als heroischer Hau-Drauf gezeigt, sondern als Mann, der überlegt und stets weiß was er tut. Er versucht nicht seine Feinde zu töten, sondern ihnen zu schaden, und greift nur zu den Waffen wenn es nicht anders geht. Seine Gegner – der Sheriff von Nottingham und sein Nachfolger, Spione in den eigenen Reihen, Sir Guy of Gisbourne – bekommen letztendlich, was sie verdienen. Graf Johann indes tritt persönlich gar nicht auf.

Überhaupt sind einige Dinge etwas anders, als man sie glaubt zu kennen. Robin ist hier nicht so heroisch, wie er in Verfilmungen zwangsläufig sein muss. Dadurch allerdings wird sein Handeln realistischer und logischer nachzuvollziehen. Dies muss als eine Stärke dieses Buches gewertet werden, wenngleich dadurch manchmal etwas von der Spannung verpufft, die man als Leser für sich aufbaut, weil man glaubt, man wüsste was jetzt kommt.

Die Geschichte geht weiter als bislang bekannt

Lobenswert ist in jedem Fall, dass hier die Geschichte Robin Hoods weiter erzählt wird, als man sie vielleicht bisher kennt. Das Ende soll hier nicht verraten werden, aber der Grundstein für die Figur als Mythos ist in jedem Fall gelegt. Und auch wenn Robin Hood am Ende stirbt, so bleibt es doch im Rahmen, sticht nicht aus dem Rest der Geschichte heraus. Dabei ersinnt Röhrig keine eigene ";neue"; Lösung des Endes von Robin Hood, sondern folgt der Legende, was seine Geschichte im Prinzip zu einem logischen Abschluss führt.

Was zurück bleibt, ist ein eigentlich schönes Buch, das die Höhen sicherlich in der Handlung, die Tiefen aber im Schreibstil hat. Dies schmälert leider den Leseeindruck mehr, als man sich vielleicht am Anfang denken könnte. Das Buch ist eines seiner schwächeren Werke, glücklicherweise hat Tilman Röhrig bereits gezeigt, dass er es besser kann.

Solang es Unrecht gibt

Tilman Röhrig, -

Solang es Unrecht gibt

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