Die Rache des Inquisitors

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  • Erschienen: Januar 2010
  • 2
  • , 2010, Titel: 'Die Rache des Inquisitors', Originalausgabe
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Jörg Kijanski
701001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2010

Die Inquisition überrascht ein kleines Dorf und (fast) alle machen mit.

Kurzgefasst:

Deutschland im 17. Jahrhundert: Die Hexenverfolgung erreicht ihren Höhepunkt. Auch für das beschauliche Dorf Reheim im Taunus brechen dunkle Zeiten an, als die Inquisition Einzug hält. Der blinde Dominikanerpriester Baselius und sein Junger Gehilfe Thomas verfolgen erbarmungslos nur ein Ziel: Ketzerei und Teufelswerk jeder Art auszurotten. Einzig die junge Klara, die ohnmächtig zusehen muss, wie ihre geliebte Freundin, die Kräuterfrau Agnes, den Flammen zum Opfer fällt, will dem sinnlosen Sterben Unschuldiger ein Ende bereiten. Entgegen der Warnungen ihres Onkels und Ziehvaters Markus und ihres Jugendfreundes Peter beginnt sie, Nachforschungen anzustellen - und entdeckt, dass sich hinter dem religiösen Eifer des jungen Thomas, der das Dorf und seine Bewohner erstaunlich gut zu kennen scheint, in Wahrheit ein schreckliches Geheimnis verbirgt...

 

Deutschland im 17. Jahrhundert. Die Inquisition ist in vollem Gang und erreicht eines Tages das verschlafene Dorf Reheim im Taunus. Pater Baselius, Prior des Klosters St. Bonifaz in Mainz, dessen Dominikanerorden auf Wunsch von Papst Julius II. für Ordnung sorgen soll, ist ein Fall von Ketzerei bekannt geworden. So trifft er mit seinem Skriptor Thomas und einigen Soldaten in Reheim ein, um dem Verdacht der Ketzerei nachzugehen. Dabei trifft es die alte und außerhalb des Dorfes allein lebende Agnes, die auch als Kräuterfrau bekannt ist. So mancher nannte sie im Spaß schon mal eine Hexe, was sich nun bitterlich rächt. Nach einer peinlichen Befragung wird sie den entsetzten Dorfbewohnern in einer Versammlung vorgeführt. Doch nachdem selbst Vater Liborius bezeugt, dass Agnes eine Hexe ist und er gesehen habe wie sie auf ihrem Besen zum Hexensabbat geflogen sei ist das Urteil schnell gefällt. Bereits am nächsten Tag brennt sie auf dem Scheiterhaufen.

Für die junge Klara ist dies zu viel, denn Agnes war ihre heimliche Lehrerin, die ihr nicht nur viel über heilsame Kräuter beibrachte. Ihr Onkel Markus erklärt der untröstlichen Klara, dass dies nur ein Schauprozess gewesen sei und dass sowohl Agnes wie auch Vater Liborius dieses unwürdige Spiel nur mitgemacht hätten, um weitere Personen vor Schaden zu bewahren. Der Plan scheint aufzugehen, denn die Kutsche der Inquisitoren steht bereits am folgenden Tag zur Abfahrt bereit, als Pater Thomas von einem Soldaten den Hinweis auf einen weiteren schwerwiegenden Verdacht erhält. Ausgerechnet der bis dahin hoch angesehene Ratsherr Friedrich Birsch soll sich der Ketzerei schuldig gemacht haben. Tatsächlich finden Thomas und die Soldaten in Birschs Schuppen ein Huhn, dem erst kürzlich der Kopf abgerissen wurde und zahlreiche ketzerische Symbole wie umgedrehte Kreuze an der Wand.

Mehr und mehr kippt die Stimmung in dem beschaulichen Reheim, dessen Einwohner vor allem darauf bedacht sind, der Ketzerei ein Ende zu machen und nicht selber in Verdacht zu geraten. Sie rotten sich zunehmend zusammen, um den jungen Inquisitor Thomas bei seiner gnadenlosen Jagd zu unterstützen. Nur Klara, deren Freund Peter inzwischen ebenfalls im Gefängnis sitzt, vermutet, dass hinter den Geschehnissen mehr stecken muss, denn warum sollte Ratsherr Birsch so dumm sein, die ketzerischen Symbole deutlich sichtbar in seinem eigenen Stall anzubringen. Allein auf sich gestellt begibt sich Klara heimlich auf Spurensuche und stößt schon bald auf einen ersten Hinweis.

Schade, dass dieser Roman als "Historischer Kriminalroman" angepriesen wird, denn wie so oft erweckt der Zusatz "Kriminal" zu hohe Erwartungen. Die Frage, wer hier der eigentliche Schuldige ist, stellt sich nur für ganz kurze Zeit, zumal es ja vorab schon einen deutlichen Fingerzeig im Buchtitel gibt. So reduziert sich die Spannung lediglich auf die Frage nach dem Warum und wie viele Personen bis zur finalen Auflösung das Zeitliche segnen müssen (um bis dahin noch ein wenig die Seiten zu füllen). Lässt man diesen Aspekt des Romans von Alexander Hartung jedoch außen vor, so findet man eine ebenso kurze wie kurzweilige Geschichte, bei der die Thematik Inquisition auf ein kleines Dorf herunter gebrochen wird.

Gelungen wird dargestellt, wie Massenprozesse überall funktionieren. Jeder schaut auf sich selber und hofft, dass die Schwierigkeiten an einem vorbei gehen. Dies hat ein bisschen was vom Sankt-Florian-Prinzip und reicht bis hin zum sattsam bekannten Denunziantentum während des Dritten Reiches. Auch wer den sehenswerten Film "Die Welle" kennt, weiß, wie solche Mechanismen in Gang gesetzt werden. So trauen sich die Bürger Reheims nachts nicht mehr auf die Straße, unterhalten sich kaum noch miteinander und haben dennoch den Knüppel schnell zur Hand, wenn wieder ein Ketzer aufgetrieben wurde.

Ebenso gekonnt gelingt der Konflikt zwischen Pater Baselius und Pater Thomas. Während Letzterer in blindem Eifer die Verfolgung der Bürger unerbittlich vorantreibt, versucht Baselius diesen immer wieder daran zu erinnern, welches Ziel die Inquisition verfolgt. Nicht um Rache geht es, sondern darum, die schwachen Mitglieder der Gemeinde Gottes vor den Ungläubigen zu schützen. Dieser gedankliche Ansatz mag einem befremdlich erscheinen, aber so - oder ähnlich - war es damals (um es mal ganz vorsichtig auszudrücken).

Wer etwas über die großen historischen Ereignisse zurzeit der Inquisition oder deren Entstehen und Ähnliches erfahren möchte, greift hier womöglich zum falschen Buch, da die Thematik - wie gesagt - auf ein kleines Dorf projiziert wird. Als Einstieg in das Thema ist Die Rache des Inquisitors dennoch zu empfehlen.

 

Die Rache des Inquisitors

Alexander Hartung, -

Die Rache des Inquisitors

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