Die Ärztin

  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2010
  • 1
  • Aufbau, 2010, Titel: 'Die Ärztin', Originalausgabe
Die Ärztin
Die Ärztin
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Rita Dell'Agnese
231001

Histo-Couch Rezension vonDez 2009

Verpasste Gelegenheit zur Hommage an die erste Deutsche Ärztin

Kurzgefasst:

Preußen zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Dorothea Erxleben aus Quedlinburg hat einen großen Traum: Wie ihr Vater möchte sie Menschen heilen. Schon früh zeigt sich ihre Begabung, doch ist es Frauen verboten, die Universität zu besuchen. Als ihr Vater im Krieg nach Sachsen fliehen muss, kümmert sie sich um die Kranken - genau deshalb will man sie auf den Scheiterhaufen bringen.

 

Dorothea Leporin, von ihrer Familie Dora gerufen, hat nur einen Traum: Sie will Ärztin werden. Doch ein Studium ist den Frauen im 18. Jahrhundert verwehrt. So scheint der Traum der jungen Tochter des Arztes Christian Polycarp Leporin nicht nur unrealistisch, sondern vielen auch ungehörig. Doch Dora setzt sich durch. Schritt für Schritt arbeitet sie auf das Studium hin - bis ihre Cousine Sophie stirbt und sie die Betreuung ihrer fünf Kinder übernimmt.

Übertriebene Dramatik

Das Autoren-Duo Anke Aspelt und Michel Bergmann, hier unter dem Autorennamen Anke Michel auftretend, halten mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg, was ihnen letztlich hoch anzurechnen ist: Sie haben aus den Eckdaten der ersten Deutschen Ärztin eine von Fakten völlig losgelöste dramatische Lebensgeschichte konstruiert. Damit haben sie allerdings dem Genre "Historische Romane" keinen Gefallen getan, geschweige denn, dass sie der historisch verbürgten Figur Dora Erxleben geborene Leporin auch nur im Mindesten gerecht geworden wären. So mutet die in den Anmerkungen zu findende Erklärung des Autorenpaares: "Wir haben viel zu viel Hochachtung vor der enormen Lebensleistung der Dorothea Erxleben, mehr noch, wir lieben sie!" seltsam an. Wie kann man eine Figur lieben und sie dennoch in ein solch unglaubwürdiges Korsett drängen, in dem sie niemals steckte?

Kein stimmiger Charakter

Die Autoren haben der Protagonistin nicht nur eine äusserst flache Dimension verliehen, die lediglich an der Oberfläche dümpelt, sie lassen sie auch immer wieder störende Brüche erleben. Um dem "literarischen" Anspruch an zu Herzen gehende Liebesgeschichten gerecht zu werden, schreiben sie Dora gleich mehrere unglückliche Beziehungen auf den Leib. Allerdings kann diese Liebe jeweils nicht wirklich tief gewesen sein, verliebt sich die junge Frau doch unmittelbar nach einer Enttäuschung erneut unsterblich, um dieser Liebe "aus Pflichtgefühl" zu entsagen - und sich gleich wieder zu verlieben. Auch strebt das Mädchen zunächst unbeirrbar ihrem Ziel entgegen, macht dann aber kurz vor der Erfüllung des Traums eine Kehrtwendung.

Holprige Sprache

Nicht ganz einsichtig ist auch die Wahl des Sprachmodus. Einerseits kippen die Autoren leichtherzig Faktentreue über die Schulter, andererseits bemühen sie sich, mit einer "alten" Sprache der Zeit des 18. Jahrhunderts gerecht zu werden. Diese Bemühungen sind allerdings für die Leserinnen und Leser weder eine Bereicherung noch ein Genuss. Die Sprache kommt holprig und unschön daher, der Lesegenuss sinkt auf ein tiefes Niveau. Stellenweise mag man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier nur darum ging, "Fachwissen" anzubringen und damit den Eindruck einer seriösen Recherchearbeit zu erwecken.

Nicht gerecht geworden

Dem eigenen, auf der Buchrückseite gesteckten Versprechen "eine wahre Geschichte über Tapferkeit, Leidenschaft und Liebe - wunderbar erzählt" werden die Autoren nicht einmal ansatzweise gerecht. Sie haben die Gelegenheit verpasst, eine schöne, sprachlich überzeugende und historisch akzeptable Hommage an die Ärztin Dorothea Erxleben zu verfassen. Hier wäre es wohl der historischen Figur wie dem Genre "Historische Romane" gerechter geworden, sich einzig die Eckdaten der wahren Ärztin auszuleihen und einen rein fiktiven Liebes-Roman zu verfassen.

 

Die Ärztin

Anke Michel, Aufbau

Die Ärztin

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