Der stumme Tod

  • Kiepenheuer & Witsch
  • Erschienen: Januar 2009
  • 4
  • Kiepenheuer & Witsch, 2009, Titel: 'Der stumme Tod', Originalausgabe
Der stumme Tod
Der stumme Tod
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Carsten Jaehner
841001

Histo-Couch Rezension vonDez 2009

Spannender Krimi um die Filmwelt im Umbruch

Kurzgefasst:

März 1930: Der Tod einer Schauspielerin führt Gereon Rath in die Studios der Filmmetropole Berlin. Der junge Kommissar lernt die Schattenseiten des Glamours kennen und erlebt eine Branche im Umbruch. Der Tonfilm erobert die Leinwände, und dabei bleiben viele auf der Strecke: Produzenten, Kinobesitzer - und Stummfilmstars.
Die gefeierte Schauspielerin Betty Winter wird bei Dreharbeiten zu einem Tonfilm von einem Scheinwerfer erschlagen, und zunächst sieht alles nach einem Unfall aus. Bis Gereon Rath, der Kölner Kommissar in der Berliner Mordinspektion, Indizien entdeckt, die auf Mord hindeuten. Während die Kollegen den flüchtigen Beleuchter verdächtigen, ermittelt Rath auf eigene Faust in eine andere Richtung - und steht schnell alleine da.
Eine zweite Schauspielerin wird tot aufgefunden und gibt der Polizei Rätsel auf. Die Todesursache ist unklar, aber es handelt sich um ein Gewaltverbrechen: Der Leiche fehlen die Stimmbänder. Die Ermittlungen führen Rath zwischen die Fronten rivalisierender Filmproduzenten, ins Berliner Chinesenviertel, in die Unterwelt - und hart an die Grenzen der Legalität. Während es bei der Beerdigung von Horst Wessel zu einer Straßenschlacht zwischen Nazis und Kommunisten kommt, muss Rath seinem Vorgesetzten Böhm aus dem Weg gehen, der ihn von dem Fall abziehen will. Als sein Vater ihn bittet, dem Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer in einem Erpressungsfall zu helfen, und seine Exfreundin Charly eine erneute Annäherung wagt, droht Rath alles über den Kopf zu wachsen.

 

Berlin im März 1930. Während Der Tod des Politikers Horst Wessel die Polizei aufgrund der zu erwartenden Unruhen wegen der Beerdigung auf Trab hält, kommt in den Filmstudios der Stadt die junge aufstrebende Schauspielerin Betty Winter durch einen Unfall ums Leben. Zumindest sieht zunächst alles nach einem Unfall aus, bei dem sie von einem herabstürzenden Scheinwerfer erschlagen wurde. Kommissar Gereon Rath ermittelt und landet schnell bei anderen Spuren als die Kollegen.

Durch seine Alleingänge ist er den anderen zwar immer etwas voraus, handelt sich dabei aber auch eine Menge Ärger ein, da er seine Informationen nicht weitergibt. Ermitteln seine Kollegen in Richtung des Beleuchters, befasst sich Gereon hingegen mit den Produzenten. Allerdings ist dies nicht seine einzige Aufgabe - sein Vater bittet ihn um Hilfe in einer Sache, wie er einem aufstrebenden Politiker namens Konrad Adenauer helfen könnte, und zudem locken Gereon Raths Ermittlungen auch seine Bekanntschaften aus der Verbrecherwelt hervor.

Als eine weitere junge Schauspielerin tot aufgefunden wird, gerät alles aus den Fugen, und die Ermittlungen gehen in verschiedenen Richtungen weiter, wobei seine Vorgesetzten Gereon vom Fall abziehen wollen. Als dann auch noch seine Ex-Freundin Charlie sowie ein alter Freund aus Köln wieder in sein Leben treten, vermischen sich Gereons Privat- und Berufsleben mehr als ihm lieb ist, und die ständigen Nachrichten aus der Presse sind auch keine Hilfe. Durch seine Eigenmächtigkeiten gerät Gereon selbst in äußerste Gefahr...

Dichte Atmosphäre

Gereon Raths zweiter Fall führt ihn in die wenig glamouröse Welt des Films, zu einer Zeit, in der der Tonfilm den Stummfilm abzulösen droht, womit nicht wenige Filmschaffende nicht einverstanden sind. Volker Kutscher hat gut recherchiert und ermöglicht dem Leser so einen interessanten Einblick in die Machenschaften der Filmstudios. Dass da Neid und Missgunst eine große Rolle spielen, ist klar, jeder ist sich selbst der nächste, Eitelkeiten und Drehpläne setzen alle Beteiligten unter Druck.

Geschickt wird in den Kriminalfall eingeführt, und Gereon Rath, Kutschers Kriminalschöpfung, verstrickt sich von Anfang an in seine eigenen Ermittlungen. Seine Alleingänge und seine Unerreichbarkeit seinen Vorgesetzten gegenüber machen ihn nicht beliebt, wobei der Leser im Gegensatz zu den Chefs wenigstens weiß, warum. Dieses Gespann von Vorgesetzten, Kriminalrat Böhm vorneweg, kann Gereons Ermittlungen nicht gutheissen, und so verstrickt sich Gereon immer mehr in seine eigenen Ermittlungen, bis er quasi selber zum Verdächtigen wird.

Es kommt schon ziemlich knüppeldick für Gereon, und das ist an der einen oder anderen Stelle vielleicht sogar etwas zu viel des Guten. Neben dem Hauptfall hat Gereon noch ein paar andere Aufträge am laufen, und ob diese nötig gewesen sind, bleibt dahingestellt. Zwar zeigen sie sein Können und man lernt ihn auch durch seine Gedankengänge besser kennen, aber unbedingt hilfreich für den Spannungsbogen sind sie nicht.

Gelungene Fortsetzung

Wer Gereon Raths ersten Fall Der nasse Fisch gelesen hat, was zu empfehlen ist, da dort das ganze Gefüge in Beruf und Privatleben um ihn eingeführt und aufgebaut wird, wird trotzdem seine helle Freude an diesem Roman haben. Das Berlin der Zeit wird lebendig erzählt, historische Ereignisse wie der Tod von Horst Wessel werden eingewoben und schaffen so eine dichte und reale Atmosphäre, die viele Romane, die in dieser Zeit spielen, vermissen lassen.

Besonderes Lokalkolorit von Berlin bekommt man, wenn Rath in den sozialen Niederungen der Stadt ermittelt und der Autor den Personen det Baalienerische innet Maul leecht, weeste? Da gibt es schon kuriose Gestalten, und Volker Kutscher nutzt auch dies, um eine dichte Atmosphäre zu schaffen. So bekommt nicht nur Rath Ecken und Kanten, sondern auch seine Umgebung, und das zieht sich erfreulicherweise durch den ganzen Roman.

Zwar bleiben ein paar Fragen in seinem Privatleben offen, aber das macht nichts, es wird ja noch mehr Romane um Kommissar Rath geben, vielleicht nicht mehr mit so vielen Ablenkungsmanövern. Raths zweiter Fall ist nicht ganz so dicht wie sein erster, aber die Stimmung des Buches bleibt auf dem hohen Niveau des ersten Teils. Gerne wird man auch zu den nächsten Teilen greifen, und man darf auch gespannt sein, wie es mit Gereon, seiner Flamme Charlie und dem Hündchen Kirie weitergeht. Gerne mehr davon.

 

Der stumme Tod

Volker Kutscher, Kiepenheuer & Witsch

Der stumme Tod

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