Die Ballonfahrerin des Königs

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2009
  • 3
  • Rowohlt, 2009, Titel: 'Die Ballonfahrerin des Königs', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
911001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2009

Ungeschminkter Blick auf die Französische Revolution

Kurzgefasst:

Frankreich, 1795. Um dem Schafott zu entgehen, versteckt sich die Adlige Marie-Provence de Serdaine in einem verlassenen Schloss. Niemand weiß von ihrem Schwur, den eingekerkerten Königssohn zu befreien. Unter falscher Identität erlangt die Royalistin eine Stelle beim Arzt des Kindes. Hier kommt sie André Levallois näher, einem Pionier der Montgolfierenfahrt. In Marie reift der tollkühne Plan, mithilfe seines Ballons den Gefangenen zu retten. Doch wird sich der bürgerliche André wirklich für ihre Pläne einspannen lassen?

 

Zugegeben, der Titel wie auch der Klappentext könnten vermuten lassen, hier ein typisches Produkt der breiten Masse von Historien-Romanen in Händen zu halten. Doch wem der Roman ein zweiter Blick wert ist, der wird schnell erkennen, dass er hier ein spezielles Juwel in Händen hält. Denn Tania Douglas serviert hier gehaltvolle Kost. Es ist weder seichte Liebesgeschichte noch Heldinnen-Epos ohne Ende, das die Leserschaft erwartet, sondern ein ungeschminkter Blick auf die Französische Revolution und die Schrecken, die damit verbunden sind. Denn das Revolutionsjahr 1795 ist nicht nur für die Menschen des Adels eine blutige Schreckenszeit. Durch die grausame Herrschaft Robespierres erstirbt in Paris jede Form von Lebensfreude.

Feinfühlig beobachtet

Obwohl es im Roman vornehmlich darum geht, dass die aus adligem Haus stammende Marie-Provence de Serdaine alles darum gäbe, den jungen König aus seinem Gefängnis zu befreien, profitiert die Leserschaft von einer feinfühligen Beobachtung der gesellschaftlichen Entwicklung. Verrat und Anschwärzungen nehmen zu, Bürgerinnen und Bürger werden unschuldig verhaftet, ins Gefängnis geworfen und nach einem Prozess, der jedem Rechtsempfinden spottet, öffentlich hingerichtet. Mehr als einmal schwebt deshalb die unerschrockene wie oftmals starrköpfige Marie-Provence in Lebensgefahr. Nur durch die aufopfernde Liebe des Bürgerlichen André Levallois kann die junge Frau ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Doch für die Liebe hat Marie-Provence keine Zeit. Sie trachtet nicht nur danach, ihre Pläne in Tat umzusetzen, sie muss sich auch gegen einen mächtigen Widersacher wehren, der es auf ihren Kopf abgesehen hat.

In luftige Höhen

Für ihren Befreiungsversuch greift Marie-Provence auf eine neuartige Technik zurück: Sie will mit einem Gasballon aufsteigen. Nur so lässt sich der junge König aus seinem schwer bewachten Gefängnis in einem Turm befreien. Wochenlang arbeitet die junge Frau auf ihr Ziel hin, immer beobachtet von ihrem Widersacher, der dank einem dichten Spionagenetz auch in der Lage ist, den sich im Bau befindenden Ballon zu sabotieren.

Sehr gute Begleitung

Durch das Buch mit der schweren Kost wird die Leserschaft perfekt begleitet. Schon zu Beginn des Romans findet sich ein Personenverzeichnis, das da und dort doch sehr hilfreich ist. Ebenfalls ist da eine Karte zu finden, die Aufschluss über die Örtlichkeiten gibt und zum besseren Verständnis der Ereignisse beitragen kann. Sehr schön geschildert sind die Schreckensmomente jener, die sich unvermittelt im Gefängnis wiederfinden. Die Verzweiflung wird ebenso greifbar wie die Hoffnungslosigkeit, die die Menschen nach und nach ergreift. So sind es auch diese Feinheiten, die die tatsächliche Spannung des Buches ausmachen, wenn gleich die dramatischen Momente nicht fehlen. Klug und in geniessbaren Dosen eingestreut ist das Wissen über die Ballonfahrerei, nirgends wird es zu einem langatmigen Exkurs ins Fachwissen.

Schwieriger Charakter

Obwohl Marie-Provence als Heldin des Romans unerschrocken und forsch ans Werk geht, ist sie keine alles bewältigende Heldenfigur. Tania Douglas hat ihr einen schwierigen Charakter verpasst und so gerät die junge Frau immer stärker in einen Sumpf des persönlichen Verrats an dem Menschen, der sie aufrichtig liebt. Dank der geschickten Dramaturgie sind die Handlungen der Protagonistin weitgehend nachvollziehbar, lassen aber dennoch genügend Raum für Überraschungen.
Letztlich ist die Ballonfahrerin des Königs ein Buch, das sich nicht primär an ein weibliches Publikum richtet, sondern ebenso viele Männer begeistern dürfte. Es ist zudem ein Buch, das sich nicht zum so eben schnell mal weglesen eignet sondern eine große Bereitschaft der Leserschaft voraussetzt, sich auf das Thema Revolution und ihre Folgen einzulassen. Ganz bestimmt aber ist es kein Roman, den man nach dem Lesen zur Seite legt und einfach abhakt.

 

Die Ballonfahrerin des Königs

Tania Douglas, Rowohlt

Die Ballonfahrerin des Königs

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