Die Porzellanmalerin

  • Diana
  • Erschienen: Januar 2009
  • 2
  • Diana, 2009, Titel: 'Die Porzellanmalerin', Originalausgabe
Die Porzellanmalerin
Die Porzellanmalerin
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Volker Faßnacht
671001

Histo-Couch Rezension vonAug 2009

Ein schön gewandeter, aber wenig historischer Liebesroman

Kurzgefasst:

Meißen, 1750: Friederike will Porzellanmalerin werden - gegen den Willen der Eltern, die die Zwanzigjährige verheiraten wollen. Sie flüchtet an die Manufaktur in Höchst, um dort, als Mann verkleidet, ihren Traum zu verwirklichen. Ein riskanter Plan, der durch den Italiener Giovanni zu scheitern droht ...

Die Eltern drängen Friederike zur Heirat, doch die Zwanzigjährige will ihren großen Traum verwirklichen und Porzellanmalerin werden. In Männerkleidern, hoch zu Ross, flieht sie aus ihrer Geburtsstadt, um in der neu gegründeten Manufaktur von Höchst am Main ihr Glück zu versuchen. Die Bekanntschaft mit dem ebenso attraktiven wie undurchsichtigen Giovanni Ludovico Bianconi und ein schwerer Raubüberfall drohen ihre Pläne noch während der Reise zu durchkreuzen, doch dank der Hilfe eines unbekannten Reiters erreicht sie schließlich ihr Ziel. Als "Friedrich Christian Rütgers" genießt sie schon bald das volle Vertrauen des Höchster Manufakturdirektors und trifft auch ihren Lebensretter wieder, dem sie sich tief verbunden fühlt. Als sie befürchten muss, ihre Maskierung könnte auffliegen, kommt ihr der Auftrag von Direktor Benckgraff wie gerufen, in der Porzellanmanufaktur des französischen Königs das Geheimnis des "bleu lapis" zu ergründen. Auf einem Ball im Schloss der berühmten Madame de Pompadour bringt eine geheimnisvolle Begegnung Friederikes Leben an den alles entscheidenden Wendepunkt. Eine starke, unkonventionelle junge Frau nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und kämpft um die Erfüllung ihres Lebenstraums.

 

Helena Marten - ein Pseudonym des sich neu zusammengefundenen Autorinnen-Duos Bettina Querfurth und Susanne van Volxem - schreibt mit Die Porzellanmalerin über den Kampf um das weiße Gold in Deutschland im 18. Jahrhundert. Ihre Geschichte wird dabei von einer fiktiven Frauen-Person in Hosenrolle quasi als roter Faden durch den Roman getragen.

Johann Friedrich Böttger, der Erfinder des weißen Goldes in Europa

Anlässlich des 300. Geburtstages der Meißener Porzellanmanufaktur im Jahr 2010, nachdem Johann Friedrich Böttger zusammen mit Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und Gottfried Pabst von Ohain im Jahr 1707 hinter das Geheimnis gekommen waren, wie die Chinesen schon seit mehr als 1.000 Jahren reinweißes Porzellan herstellten, beleuchtet der vorliegende Roman die Entstehung der europäischen Porzellanmanufakturen. Dass dabei das Porzellan fast die gleiche Stellung wie Gold annahm, lässt sich daran ablesen, dass sich Friedrich I. und August der Starke von Sachsen um den Alchimisten Böttger schon fast schlugen, der angeblich unedle Metalle in Gold verwandeln konnte. Groß wäre wohl die Enttäuschung gewesen, wenn der in der Anwerbung von Böttger siegreiche August der Starke hätte feststellen müssen, dass "der Stein der Weisen" selbst bis heute nicht zu erfinden war. Aber Böttger entging seiner zu erwartenden Strafe wegen Hochstapelei (er hatte in einer öffentlichen Demonstration angeblich Silber in Gold verwandelt), weil er dem König einen Ersatzstoff anzubieten hatte, nämlich das "weiße Gold", dass August des Starken' finanzielle Probleme ebenso gut beseitigte, wie die Umwandlung von Silber in Gold.

Dank strikter Geheimhaltung der Herstellungs- und Brennvorgänge gelang es der Meißener Porzellanmanufaktur fast ein halbes Jahrhundert lang, die komplette Konkurrenz auf Distanz zu halten. Um 1750 jedoch kam es zu immer mehr Porzellanfabrikationen in ganz Europa, wobei die Qualität noch recht unterschiedlich zu nennen war.

Eine Hosenrolle, eine Liebesgeschichte und viele Verwicklungen

Frederike Simons wollte ein eigenständiges Leben als Porzellanmalerin führen, was jedoch im 18. Jahrhundert noch immer nicht zu den Konventionen der Gesellschaft passte. Vielmehr entsprach der Wunsch der Eltern, sie, die Tochter möglichst gewinnbringend in eine Kaufmannsfamilie zu verheiraten, den üblichen Gepflogenheiten. Sie wurde dabei eher nicht gefragt.

Ihr bleibt folgerichtig entweder sich zu fügen oder die Flucht vor den Plänen der Eltern. Frederike entscheidet sich für die zweite Möglichkeit. Helena Marten bemüht dazu, wie so oft in der momentanen historischen Romanschreiber-Szene, einmal mehr die Hosenrolle und lässt ihre Protagonistin als Kerl verkleidet in die aufkeimende Porzellanstadt Höchst entfliehen.

Zwangsläufig ergeben sich schon bald zahlreiche Verwicklungen, nicht zuletzt, weil sie sich leidenschaftlich in einen geheimnisvollen Italiener verliebt und naturgemäß die Verwandlung einer Frau in einen Mann nicht ganz so toll funktioniert, als dass sie nicht schon bald in die größten Schwierigkeiten gerät.

Mehr historische Information und weniger Zufälle hätten dem Roman gut getan

Schade ist, dass Die Porzellanmalerin zu deutliche Schlagseite zum Liebesroman aufweist und mit inflationär auftretenden Zufällen immer wieder die Situation der Frederike Simons / Friedrich Christian Rütgers gerettet wird. Warum z.B. lässt sie ein Räuber auf ihrer Flucht gänzlich ungeschoren davonkommen? Selbst wenn er gewusst hat, dass sie die Geflohene war, was machte es für ihn für einen Unterschied? Räuber zu sein ist ja keine Tätigkeit, wo man sich so eine Gelegenheit entgehen lassen konnte. Oder auch ihr Fast-Vergewaltiger: Warum lässt er von ihr ab, wenn er in weiterer Folge von der Autorin dargestellt wird, als sei er der größte Verbrecher und Intrigant auf Gottes Erde? Ebenso wirkt die Szene, wie sie sich in die Manufaktur in Vincennes einschleicht, doch sehr konstruiert.

Es ist ein wenig so, als würde der Roman von einem Sammelsurium an Ideen überfrachtet. Das mag dem Umstand, dass hier zwei Schriftstellerinnen am Werk waren, die sich beide in das Buch einbringen wollten, geschuldet sein.

Nichtsdestotrotz kommt leider auch der historische Anteil zu kurz. So hätte die junge Dame auch jeden anderen künstlerischen Beruf ergreifen können. Man erfährt leider viel zu wenig über das Porzellanhandwerk. Über die Brennverfahren, die wohl das Komplizierteste bei der Porzellanherstellung sind, hört man gar nichts, weil die Hauptprotagonistin ja nur Porzellanmalerin ist und sich leider mit dem Brennen ihrer bemalten Erzeugnisse überhaupt nicht auskennt.

Trotzdem mag Die Porzellanmalerin ihr Publikum finden. Er liest sich nämlich recht locker weg und eignet sich gut für all jene, die über die vorgenannten Ungereimtheiten hinwegsehen können, einen kurzweiligen winterlichen Wochenendaufenthalt am heimeligen Kaminfeuer zu verbringen.

 

Die Porzellanmalerin

Helena Marten, Diana

Die Porzellanmalerin

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