Das Zeichen des Sieges
- Wunderlich
- Erschienen: Januar 2009
- 8
- Wunderlich, 2008, Titel: 'Azincourt', Originalausgabe
Eine großartige Legende erwacht zum Leben
Kurzgefasst:
Sie suchten den Sieg. Sie fanden die Unsterblichkeit.
England, Anfang des 15. Jahrhunderts. Der junge Nicholas Hook, Sohn eines mittellosen Schäfers, hat eine außerordentliche Gabe: Jeder Pfeil, den er abschießt, trifft sein Ziel. Um der Armut seiner Heimat zu entkommen, tritt er der Armee Henry V. bei, die sich zum Kampf gegen die Franzosen rüstet. Doch das Soldatenleben ist hart und gefährlich. Als vor Harfleur die Ruhr ausbricht, sterben die Krieger wie die Fliegen. Nick überlebt mit knapper Not - mit Hilfe der schönen Melisande, die ihm beweist, dass nicht alle Franzosen Feinde sind.
Schließlich bereitet sich Henry V. auf die letzte Schlacht vor. Bei Azincourt stehen nur noch 6000 Engländer einer überwältigenden Übermacht von 30.000 französischen Rittern gegenüber - eine aussichtslose Lage. Doch die Angreifer lassen einen unaufhörlichen Pfeilhagel auf ihre Feinde niederprasseln. Und auf dem schlammigen Acker an der französischen Kanalküste wird Nick Zeuge eines Wunders.
Nicholas Hook ist in seinem Dorf ein kleiner junger Nichtsnutz, der sich gerne kleine Unverschämtheiten herausnimmt und der mit seiner Familie einend Kleinkrieg mit der Familie Perrill pflegt. Aber Nicholas ist auch der beste Bogenschütze weit und breit, und so wird er von den Landesoberen aus dem Verkehr gezogen, indem er zum Heer König Henrys V. geschickt wird. Dort setzt er im Jahr 1415 mit vielen anderen Langbogenschützen nach Frankreich über.
Henry V. erhebt Anspruch auf die Krone Frankreichs und will mit einem glorreichen Feldzug das Land des ewigen Feindes erobern. Doch schon die Belagerung der Hafenstadt Harfleur gerät für Henrys Truppen zum Fiasko. Durch Krankheiten und zu wenig Proviant wird das Heer immer schwächer, während die Franzosen in Harfleur die Burg wohl noch ewig halten können. Durch einen Zufall können sie jedoch die Stadt erobern, und nachdem sie dort wenig ruhmreich eingezogen sind, geraten die Pläne durcheinander.
Sie reiten Richtung Westen, nach Calais um von dort aus weitere Pläne zu schmieden. Henrys Sieg und der Zustand seines Heeres sind mehr als peinlich, und so reiten sie geschwächt, von den Franzosen beobachtet, gen Westen. Sie plündern nicht einmal Dörfer, sondern wollen nur über die Somme setzen, was von den Franzosen am anderen Ufer verhindert wird. So landeinwärts getrieben, finden sie schließlich eine Furt, die nicht von Franzosen bewacht ist. Sie setzen über und rasten am nächsten Hügel. Auf der anderen Seite wartet jedoch bereits das komplette französische Heer mit sechsmal soviel Soldaten, einer scheinbar unschlagbaren Übermacht. Die kommende Schlacht wird eingehen in die englische Geschichte als die Legende von Azincourt.
Der Leser ist mittendrin statt nur dabei
Bernard Cornwell hat mit seinem großartigen Roman Das Zeichen des Sieges ein Werk vorgelegt, das an Dramatik, Spannung und teilweise auch Humor kaum zu überbieten ist. Als Meister der Erzählkunst nimmt er den Leser mit in eine Zeit, in der das Kämpfen für König und Vaterland der größte Segen auf Erden war und in der das eigene Leben selbstverständlich in Diensten seines Herrn gestellt wurde. Anhand des Bogenschützen Nicholas Hook wird einer der unwahrscheinlichsten und unglaublichsten und daher größten Schlachtensiege der Engländer über die Franzosen dargestellt, und Cornwell tut dies mit einer Präzision, so dass man denkt, man steht mit auf dem Feld.
Cornwells Erzählweise ist klar und verständlich, er baut die Spannung langsam auf und läßt den Leser mit verzweifeln und mit siegen und verlieren. Dieses Mal hat Cornwell nicht die Perspektive eines Ich-Erzählers gewählt, wie er das sonst häufig tut, aber das ermöglicht so einen groberen Blick auf das Schlachtgeschehen, als es nur durch die Augen eines Menschen hätte geschehen können. Cornwells großes Plus ist hierbei die Aufschlüsselung der Taktik, mit der die Engländer, im Endeffekt wohl eher ungewollt, gegen die Franzosen den Sieg davontrugen.
Anhand der Gruppe der Langbogenschützen wird der Roman erzählt und das Geschehen erklärt. Dabei geht Cornwell dramaturgisch geschickt vor und läßt den Leser mit einer gehörigen Prise Humor mit durch den Schlamm waten und nimmt ihn mit in das Getümmel vor Ort. Bis in die kleinste Nebenfigur wird alles gut aufgeschlüsselt, sodass es immer verständlich ist. Ob es nun Freunde oder Feinde sind, jeder ist nie nur schwarz-weiß gezeichnet, wodurch sich Cornwells hervorragende Beobachtungsgabe zeigt. Das liest sich gut und intensiv, und man mag kaum glauben, wie schnell man das Buch - leider, mag man sagen - durch hat.
Rundum detailverliebt, aber nie langweilig
Die Darstellung der Schlachten mag für manchen Leser sehr brutal sein, vielleicht zu brutal, aber wer ein Buch über eine Schlacht liest, der weiß, worauf er sich einlässt. Cornwell schönt nichts, und durch die minutiöse Aufschlüsselung der Abfolge des Schlachtgeschehens wird auch nicht nur gekämpft, sondern man blickt sozusagen auch hinter die Kulissen eines Heeres. Und das nicht nur aus der Sicht der Langbogenschützen mit Nicholas Hook, sondern auch der Gefangenen, der Reiterei und der anderen Heerkämpfer.
Natürlich flicht Cornwell auch eine kleine Liebesgeschichte um Nicholas und seine Melisande ein, eine Französin, gegen deren Familie er kämpfen muss, und auf dem Feld trifft er natürlich auch seine verhassten Perrills aus seinem Dorf wieder, die allerdings auf derselben Seite kämpfen wie er. Auch seinen Bruder Michael trifft Nicholas im Heer wieder, aber nicht jede Begegnung mit Bekannten ist von Erfolg gekrönt. Da geraten Tunnelbauten schnell zur Falle, und es ist für manche Überraschung gesorgt.
Drei Karten und ein ausführliches Nachwort des Autors runden einen Roman ab, der gelungener nicht sein könnte. Wer bereits Shakespeares Drama Henry V. kennt, der wird sich in diesem Buch sehr wohl fühlen, jeder andere Leser aber auch. Das ist großartige Literatur, spannend geschrieben und für jeden, der noch nie ein Buch von Bernard Cornwell gelesen hat, auf jeden Fall eine Entdeckung wert. Wir freuen uns auf die nächsten Romane des britischen Erfolgsautors. Mehr davon!
Zum Interview mit Bernard Cornwell zum Roman geht es hier!
Bernard Cornwell, Wunderlich
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