Amélie und die Botschaft des Medaillons

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  • Erschienen: Januar 2009
  • 3
  • , 2009, Titel: 'Amélie und die Botschaft des Medaillons', Originalausgabe
Amélie und die Botschaft des Medaillons
Amélie und die Botschaft des Medaillons
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Annette Gloser
801001

Histo-Couch Rezension vonAug 2009

Liebe in den Zeiten der Guillotine

Kurzgefasst:

Frankreich 1793. Ist der Gatte Amélies, Graf de Montalembert, wirklich im Gefängnis ums Leben gekommen? Oder gehört er zu den Verschwörern, die eine Entführung der Königin Marie Antoinette aus dem Kerker der Conciergerie planen? Die geheime Botschaft eines Medaillons bringt Amélie auf eine ungewöhnliche Spur, die bis in die unterirdischen Verliese von Paris führt.

 

Paris, 1793: Aus Amèlie de Montalembert ist Madame d'Èglantine geworden. Als sie die Nachricht erhielt, dass ihr Gatte, der Graf Richard de Montalembert, bei den Septembermorden im Gefängnis ums Leben kam, ist die junge Frau auf das Angebot Fabre d'Églantines eingegangen. Sie überschrieb ihm ihren Besitz und heiratete den Vertrauten Dantons. Als sie jedoch ihre Freundin Manon vor deren Hinrichtung im berüchtigten Gefängnis Conciergerie besucht, steckt diese ihr ein Medaillon zu. Amélie findet darin einen Brief Richards, in dem dieser ihr schreibt, dass er noch am Leben und auf der Flucht sei.

Amélie kann nicht glauben, was sie da liest. Sie sucht Antworten bei ihrer Jugendfreundin Cécile, die ein Nobelbordell betreibt und enge Verbindungen bis in die höchsten Kreise zu neuen und alten Freunden hat. Aber Cécile hilft Amélie nicht weiter. Stattdessen kommt Sheba mit ihr, ein junges Mädchen von der Antilleninsel St. Domingo, in der Hoffnung bei der reichen, schönen Dame ein besseres Auskommen zu finden als in dem verhaßten Puff.

Richard jedoch hat es tatsächlich nach Wien verschlagen, wo er gemeinsam mit anderen Monarchisten die Befreiung Marie-Antoinettes aus dem Gefängnis plant. Da Geld allein dafür nicht ausreicht, beschließt Richard, gemeinsam mit der Marquise de Bréde nach Paris zurück zu kehren und die Befreiung der entthronten Königin in die Wege zu leiten. Beide bekommen eine Stellung in der Conciergerie, Beamte werden bestochen und nichts scheint der Befreiung mehr im Wege zu stehen. Dennoch scheitert die Aktion.

In der Zwischenzeit versucht Amélie sich über ihre Gefühle klar zu werden. Sie weiß nicht, ob Richard tatsächlich noch lebt und ob ihre Liebe zu ihm eine Chance hat. Und sie ist mit Fabre verheiratet. Einerseits zieht dieser charismatische Mann sie an, andererseits behandelt er seine Frau schlecht, verbringt seine Nächte meist in anderen Betten und zeigt ihr immer wieder, wie wenig sie in seinen Augen wert ist. Schließlich beginnt er ein Verhältnis mit Sheba, die sich völlig kopflos in ihn verliebt. Fabre ist ständig auf der Jagd nach Richard de Montalembert, dem Feind der Revolution und Rivalen um die Liebe Amélies. Als er jedoch denunziert wird, Geld veruntreut zu haben, bricht das Kartenhaus zusammen, in dem er sein Leben eingerichtet hat...

Als die Revolution ihre Kinder fraß

Nora Bergers Roman führt mitten hinein in eine der interessantesten und auch grausamsten Phasen der Französischen Revolution. Chancenlos kämpfen kleine Grüppchen getreuer Monarchisten gegen die Revolutionsgarden, sitzen exilierte Adelige in Wien und schmieden Pläne. Die Revolutionäre scheinen fest etabliert. Täglich rollen Köpfe unter der Guillotine. Aber die Pläne der großen Helden divergieren, sie haben sehr unterschiedliche Auffassungen von Moral und Ethik.

Die Heldin Amélie dagegen versucht, irgendwie ihr persönliches Glück zu retten, die Politik ist weitgehend egal und damit unterscheidet sie sich vermutlich überhaupt nicht von zahlreichen anderen Menschen in dieser Zeit. Trotzdem muß man schon ein Faible für den Typ "hilflose Schöne in Not" haben, um für Madame besondere Sympathie zu entwickeln. Gar zu hilflos und teilweise regelrecht dusselig stellt sie sich bei der Suche nach dem Lebensglück an. Zum Glück findet sich immer jemand, der ihr aus der Patsche hilft. Erst zum Ende des Buches schafft es Amélie, wirklich aktiv zu werden. Wesentlich mehr Sympathie können dem Leser da schon die tatkräftige Marquise de Bréde oder die pfiffige Cécile entlocken.

Ganz wunderbar gelungen ist die Darstellung der verschiedenen Mitglieder des Wohlfahrtsausschusses. Danton, Fabre d'Églantine, Robespierre, Desmoulins, Delacroix und andere. Auch die Stimmung in Frankreich kann der Leser gut nachvollziehen. Immer bedrückender wird die Situation, immer ängstlicher die Menschen. Und kaum jemand versteht, wie die Helden der Revolution auf das Blutgerüst geraten sind.

Vielschichtiges Panorama

Der Autorin ist ein breit gefächerter Roman gelungen, der jahrelange genaue Recherche widerspiegelt und den Lesern Einblick in die unterschiedlichsten Bereiche gibt. Ganz klar stehen hier die Ziele der Monarchisten im Vordergrund der Betrachtung, kommen doch die beiden Haupthelden Amélie und Richard aus dem Adel. Jedoch bekommen beide Parteien ihr Fett weg, die prassenden, mordenden Revolutionäre ebenso wie ein paar verkommene und verweichlichte Angehörige der Monarchie.

Manch Leser mag sich an den gelegentlichen Sexszenen stören. Sie illustrieren jedoch sehr deutlich das Verhältnis von Fabre und Amélie und haben so durchaus ihre Funktion in dem Buch. Immer wieder tun sich neue Handlungsstränge auf, die letztendlich wieder zusammengeführt werden. Längen entstehen dadurch nicht und der Spannungsbogen wird bis zur letzten Seite gehalten.

Liebe oder Politik?

Leider enthält die Autorin ihren Lesern ein Nachwort vor. In Anbetracht der Komplexität des Themas wäre dies durchaus wünschenswert gewesen. Der federfrei-Verlag hat eine eher sentimentale Covergestaltung gewählt. Es scheint fraglich, ob man dem Roman so gerecht wird. Allerdings entscheidet der Inhalt über die Qualität und dieser ist für spannende und interessante Lesestunden zu empfehlen. Es sei zudem gleich davor gewarnt, hier eine sentimentale Schnulze zu erwarten. Bei aller Liebe und aller Sehnsucht nach dem Glück behandelt der Roman über weite Strecken ein brisantes politisches Thema. Nichts also für Leser, die sich gern gemütlich zurück lehnen und es auch auf dem Papier lieber schön kuschelig haben.

Amélie und die Botschaft des Medaillons

Nora Berger, -

Amélie und die Botschaft des Medaillons

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