Bruder Cadfael und das Mönchskraut

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 1986
  • 2
  • Heyne, 1980, Titel: 'Monk\'s hood', Originalausgabe
Bruder Cadfael und das Mönchskraut
Bruder Cadfael und das Mönchskraut
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Annette Gloser
921001

Histo-Couch Rezension vonAug 2009

Ein sehr sympathischer Mörder

Kurzgefasst:

Der Edelmann Gervase Bonel will sein riesiges Landgut der Abtei zu Shrewsbury vermachen, wenn er im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht erhält. Doch bevor die Abmachung gültig wird, fällt Bonel einem Giftanschlag zum Opfer. Bruder Cadfael will den Fall aufklären, doch jemand versucht ihn zu täuschen...

 

Gervase Bonel hat beschlossen, seinen Lebensabend als Gast des Klosters Shrewsbury zu verbringen. Er wird sein gesamtes Hab und Gut dem Kloster überschreiben und erhält dafür mit seiner Ehefrau und zwei Bediensteten Kost und Logis bis an sein Lebensende in einem kleinen Haus nahe dem Kloster. Für das Kloster ein lukratives Geschäft, hat doch Bonel ein hübsches Landgut zu vergeben. Wen stört es da schon, daß Bonel das Erbe eigentlich seinem Stiefsohn Edwin versprochen hatte und daß auch sein unehelicher Sohn Meurig leer ausgehen wird? Und wen stört es, daß Bonel seinen Diener Aelfric demütigte und in die Leibeigenschaft zwang?

Zu dumm nur, daß die Unterlagen für diesen Kuhhandel noch ungesiegelt sind und es wohl auch noch eine Weile bleiben müssen. Denn Abt Heribert darf seine Amtsgeschäfte nicht mehr ausüben, sein Amt steht zur Disposition. Der weichherzige Abt muß nach London reisen, denn dort soll darüber entschieden werden, ob Heribert weiter Vorsteher des Benediktinerklosters St. Peter und St. Paul bleiben darf oder ob ein Nachfolger bestimmt wird. Welch eine stille Freude jedoch für Prior Robert, denn wer käme als Nachfolger Heriberts sonst in Frage, wenn nicht er, der aristokratische, hoheitsvolle Prior Robert Pennant? Zwar darf er sich noch nicht Abt nennen, aber er kann schon mal in die Abtswohnung ziehen und dort auch speisen wie der Abt. Und außerdem kann Robert dafür sorgen, daß Bonel dem Kloster gewogen bleibt, auch wenn die Verträge noch nicht rechtsgültig sind. Wenngleich nicht zu erwarten ist, daß der künftige Klostergast seine Meinung noch ändert, so will ihn doch niemand verärgern. Er darf schon in das für ihn bestimmte Haus einziehen, erhält seine Mahlzeiten vom Kloster und kurz vor Weihnachten sogar ein besonderen Leckerbissen, der eigentlich für Roberts private Mittagstafel bestimmt war.

Dann aber stirbt Bonel qualvoll an den Folgen einer Vergiftung und das Gift befand sich offensichtlich in jener kleinen Schüssel, die Robert als besondere Aufmerksamkeit in das Haus am Mühlteich geschickt hatte. Und alle, denen Gervase Bonel übel mitgespielt hat, sind an diesem Tag anwesend, haben auch die Möglichkeit gehabt, das Gift ins Essen zu tun. Selbst Prior Robert und der Klosterkoch kämen als Giftmörder in Frage.
Bruder Cadfael steht hier vor einer schwierigen Aufgabe, denn Wachtmeister Warden hat schnell beschlossen, daß nur einer als Mörder in Frage kommt: Edwin, der Sohn von Richildis Bonel aus erster Ehe. Richildis jedoch ist eine besondere Frau, denn vor langer Zeit war Cadfael mit ihr verlobt. Sie fleht ihn an, um der früheren Liebe willen, ihren Sohn zu retten.

Ruhe und Gelassenheit

Dieser Krimi ist kein atemberaubender Thriller. Sein Erzähltempo ist der Zeit angepasst, in der er spielt: Dezember 1138, tiefstes Mittelalter eben. Und so empfindet man beim Lesen, trotz aller Spannung, doch jene Ruhe und Gemächlichkeit an die wir glauben, wenn wir an den Alltag im Mittelalter denken. Langweilig ist das Buch deshalb keineswegs, im Gegenteil. Über dem ganzen Geschen liegt eine sich immer weiter steigernde Spannung, die erst auf den letzten Seiten langsam ausklingt.

Der Kriminalfall schildert eine Alltagssituation in der die Gefühle eskalieren. Die Lösung resultiert schließlich aus der Beobachtungsgabe Cadfaels und aus seinem logisch- kritischen Denken. Dabei hat der Kräutermönch aus Trefriw dem Leser allerdings eins voraus: Seine Kenntnis der walisischen Gesetze und Gepflogenheiten. Darüber sei an dieser Stelle jedoch nicht mehr verraten um die Spannung beim Lesen zu erhalten. Cadfaels Widerpart, der bauernschlaue Wachtmeister Warden, tut das Seinige, um zu gegebener Zeit immer wieder neue Impulse in die Handlung einzubringen und für Druck zu sorgen. Cadfael dagegen erwirbt die Zuneigung des Lesers durch seine wohlwollende Menschenkenntnis und durch die Aura von Weisheit und Gerechtigkeit, die ihn umgibt.

Größtes Problem für den Leser wie für den Ermittler ist wohl die Tatsache, daß alle Verdächtigen eigentlich sehr nette, sympathische Menschen sind. Und allen wurde von dem Ermordeten übel mitgespielt. Irgendwann wünscht man sich, daß doch bitte ein fremder Bösewicht auftauchen und als Mörder entlarvt werden möge. Diesen Gefallen tut die Autorin dem Leser allerdings nicht.

Die ganz besondere Welt des Klosters

Auch wenn das Tempo des Roman eher gemächlich ist, so erzählt Ellis Peters doch gradlinig und in stetem Tempo vorwärtstreibend. Ihre Sprache ist einfach, manchmal auch durchaus modern, jedoch niemals aufdringlich oder aufgesetzt. So entsteht ein stimmiges Bild, in welches der Leser sich regelrecht hinein ziehen lassen kann. Dabei sind alle Protagonisten gestochen scharf gezeichnet. Insbesondere die Mönche findet der Leser ja in allen Büchern der Reihe wieder. Und so bildet das Kloster einen ganz eigenen, abgeschlossenen Kosmos, der doch alle die Eitelkeiten und Freuden beinhaltet, die der Rest der Welt auch erleben darf. Und an den sanft ironischen Schilderungen eines Bruder Jerome wird wohl so mancher Leser seinen Spaß haben.
Die Autorin illustriert das Geschehen mit zauberhaften Beschreibungen von Mensch und Umwelt:

 

Bruder Simon betrachtete zufrieden seine langbeinigen, kräftigen Bergschafe. Die Tiere, so walisisch wie Bruder Cadfael, starrten nach Südwesten zum langgezogenen Gebirgsrücken des Berwyn. Sie hatten lange, hochmütige, unergründliche Gesichter, scharfe Ohren und wissende gelbe Augen, deren Blick sogar einen Heiligen aus der Fassung bringen konnte.

Möglicherweise ist dieses Bild, welches die Autorin vom Leben im Kloster vermittelt, ein idealisiertes. Aber es vermittelt dem Leser, der in einer Welt der superschnellen Kommunikation und des Leistungsdrucks lebt, einen intensiven und vielleicht auch etwas sehnsuchtsvollen Blick auf das, was einmal gewesen sein könnte. Ellis Peters zeigt mit Cadfael einen Menschen, der auf ein erfülltes, reiches Leben zurück blicken kann, der im Kreuzzug Krieg und Tod kennen lernte, der Wissen erwarb, Frauen liebte und nun sein reiches Wissen in den Dienst seiner Mitbrüder und der Menschen von Shrewsbury stellt. Ein keineswegs fehlerfreier Mann, dieser Cadfael, aber einer, dem die Herzen der Leser zufliegen.

Im Banne des Kräutermönchs

Wer das schmale Büchlein einmal zur Hand genommen hat, der mag es nicht mehr zur Seite legen. Cadfael zieht seine Leser in den Bann. Das Buch liest sich flüssig, trotz der gelegentlich etwas hölzern anmutenden Übersetzung. Wenn da z.B. nach der Wasserwacht gerufen wird, so mutet das im Jahre 1138 doch etwas seltsam an. Aber hier wird eine ausgewogene Mischung aus Harmonie und Spannung geboten, hier besteht die Chance, die Welt so kennen zu lernen, wie sie vor fast tausend Jahren vielleicht gewesen sein könnte. Und das ist faszinierend!

Obwohl Das Mönchskraut Teil einer Reihe ist, besteht nicht die zwingende Notwendigkeit, die vorhergehenden Bücher zu lesen um den Inhalt zu verstehen. Aber für viele Leser endete bisher der Griff zu einem Cadfael- Buch mit dem Erwerb der gesamten Reihe, denn der Suchtfaktor spielt hier eine nicht unerhebliche Rolle.

Wie schade, daß die Cadfael-Reihe seit Jahren nicht mehr neu aufgelegt wurde. Das wäre doch ein wirklich begrüßenswertes "Geschenk" an eine wundervolle Autorin zu ihrem 100. Geburtstag gewesen!

Bruder Cadfael und das Mönchskraut

Ellis Peters, Heyne

Bruder Cadfael und das Mönchskraut

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