Die Magd des Gutsherrn

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  • Erschienen: Januar 2007
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  • , 2007, Titel: 'Die Magd des Gutsherrn', Originalausgabe
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Birgit Stöckel
701001

Histo-Couch Rezension vonAug 2009

Ein ruhiger Roman zur Zeit des Deutschen Bruderkrieges

Kurzgefasst:

Ein kleines Städtchen im Schwarzwald, 1866: In einer stürmischen Winternacht findet der Gutsherr Lukas Biber eine halb erfrorene Frau auf seinem Grund. Als die Fremde am nächsten Tag zu sich kommt, kann sie sich an nichts erinnern. Sie weiß weder, wer sie ist, noch woher sie kommt.

Theresa, wie sie von nun an genannt wird, bleibt schließlich als Magd im Gutshaus. Dennoch hält sie an der Hoffnung fest, eines Tages einen Hinweis auf ihre Herkunft und wahre Identität zu erhalten. Sie ahnt nicht, dass bereits nach ihr gesucht wird...

 

Tierarzt Lukas Biber hat es nicht leicht: Vor einem Jahr hat er seine junge Frau bei der Geburt seiner Tochter verloren. Seitdem hat er sich zu einem mürrischen, wortkargen und schroffen Mann gewandelt, den einzig seine kleine Tochter aus der Reserve locken kann. Als er eines Nachts während eines Schneesturms eine verletzte junge Frau auf seinem Grundstück findet, ändert sich vieles. Theresa, wie das Mädchen genannt wird, das sich an nichts erinnern kann, bleibt auf dem Gutshof und arbeitet als Magd. Ihr fröhliches, offenes Wesen hat auch eine positive Wirkung auf den Tierarzt.

Zugleich tritt ein junger Wiener in die Dienste der österreichischen Armee um die Preußen auszuspionieren. Als er eines Abends fast erwischt wird, kann er im letzten Augenblick entkommen, doch tags darauf ist seine Schwester spurlos verschwunden. Er macht sich auf den Weg nach Berlin, in der Überzeugung, dass er dort etwas über ihren Verbleib erfahren wird, während das Land auf den Deutschen Bruderkrieg zusteuert.

Lebendige und authentische Protagonisten

Mit dem Tierarzt Lukas Biber ist Elisabeth Büchle eine hervorragende Hauptfigur gelungen. Man spürt als Leser deutlich, dass Wut und Trauer über den frühen Tod seiner Frau hinter seinem abweisenden und teilweise groben Verhalten stecken. Noch nicht einmal seine Freunde, der Gutshofbauer Klaus und seine Frau Klara, können ihn aus seinem Tief befreien. Einzig seiner Tochter gegenüber verhält er sich sanft und liebevoll. So betrachtet er auch die junge Frau, die er schwer verletzt auffindet, anfangs nur als Störfaktor in seiner Welt, doch nach und nach treten die ersten Veränderungen ein. Die Autorin beschreibt sehr glaubhaft, wie sich Lukas langsam wieder der Welt und ihren Freuden sowie den Menschen, die ihm nahe stehen, öffnet. Es gibt nicht das Ereignis, nachdem alles anders ist, sondern es sind ganz kleine, oft alltägliche Dinge, die den Tierarzt aus der Reserve locken.

Theresa ist ein passender Gegenpart zu ihm. Sie ist fröhlich und lebhaft, impulsiv und durchaus stur. Eine Mischung, die besonders anfangs für einiges Konfliktpotential sorgt, denn es bringt einiges an Unruhe in das Haus. Für den Leser bedeutet das allerdings, dass es einige sehr amüsante Dialoge zu lesen gibt, bei denen man vor sich hin schmunzeln kann.

Wenige Zwischentöne

Auffällig ist die christliche Grundprägung dieses Buches. Es wird viel gebetet oder Gott vor Entscheidungen um Hilfe gebeten. Diese Sequenzen sind gut eingebaut und kurz gehalten, so dass sie auf keinen Fall stören, doch es fällt einem auf. Vielleicht, weil man das heutzutage kaum noch gewöhnt ist. Dieser Grundeinstellung mag es auch geschuldet sein, dass die überwiegende Anzahl der im Buch vorkommenden Personen gut und tolerant gezeichnet sind. Ausnahmen gibt es natürlich, doch auch bei denen fällt auf, dass es wenige Zwischentöne gibt. Die Ausrichtung eines Charakters nach „gut" oder „böse" ist meistens recht deutlich. Die meisten wichtigen Figuren besitzen die Fähigkeit, schnell zu verzeihen und sich über Vorurteile hinwegzusetzen.

Gerade in den Liebesgeschichten, von denen es mehrere gibt, fallen die Standesschranken nach nur kurzer Zeit, weil die Beteiligten allein durch ihren Charakter überzeugen können. An einigen Stellen wirkt dieses Verhalten kaum mehr glaubhaft: Ein Pfarrer, wenn auch ein evangelischer, der sich mit der Dorfprostituierten auf eine Beziehung einlässt und das in einem kleinen Dorf? Auch wenn die Prostituierte ihren Job aufgegeben hat und reuig ist, ist es nur schwer vorstellbar, dass das einfach so hingenommen wurde. Zumal das Dorfleben und gerade der zum Teil bösartige Tratsch, den vor allem Fremde und Andersdenkende abbekommen, ansonsten sehr gut geschildert werden.

Auch über Politik erfährt man einiges

Interessant sind die Szenen mit Thomas Wieland, der in der österreichischen Armee dient. Durch ihn und seine Erlebnisse erfährt man einiges über die politischen Verhältnisse und Intrigen, die vor allem Bismarck spann um Preußen die Vormachtsstellung zu sichern. Diese Szenen hätten ruhig etwas ausführlicher und öfter vorkommen können, denn sie treten im Vergleich zu der Geschichte um Theresa und Lukas deutlich in den Hintergrund. Dafür gibt die Autorin allerdings in einer Einführung bereits detaillierte Informationen zu den Geschehnissen der damaligen Zeit.

Alles in allem ist „Die Magd des Gutsherrn" ein leicht zu lesendes, ruhiges Buch. Die Geschichte fließt konstant vor sich hin, ohne große Höhen und Tiefen. Das allerdings erleichtert es dem Leser, sich wirklich auf die Personen und ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzulassen. Eine differenziertere Figurenzeichnung wäre allerdings, mit Ausnahme von Lukas und Theresa, wünschenswert gewesen.

Die Magd des Gutsherrn

Elisabeth Büchle, -

Die Magd des Gutsherrn

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