Die Geigenspielerin

  • Weltbild
  • Erschienen: Januar 2009
  • 1
  • Weltbild, 2008, Titel: 'The Four Seasons', Originalausgabe
Die Geigenspielerin
Die Geigenspielerin
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJun 2009

Ein virtuoser Roman mit Freud und Leid

Kurzgefasst:

Venedig um 1700: Die junge Maddalena wächst als Waise im Pietà-Kloster auf. Sie hat großes Talent und ist eine begnadete Violinistin. Da wird eines Tages der Komponist Antonio Vivaldi an die Pietà berufen. Er ist fasziniert vom Talent der Geigerin und von ihrer Schönheit. Maddalena inspiriert ihn zu einem Meisterwerk, das er "Die vier Jahreszeiten" nennt.

 

 

Venedig um das Jahr 1700 bedeutet nicht nur eine barocke Atmosphäre, sondern vor allem auch die Zeit der Dogen und die Zeit des Komponisten Antonio Vivaldi. In ihrem Roman "Die Geigenspielerin" lässt Laurel Corona diese Zeit farbenprächtig wieder auferstehen.

Unfreundliches Klosterleben

Die beiden Waisenkinder Maddalena und ihre jüngere Schwester Chiaretta werden als Kleinkinder zunächst zu einer Bauersfamilie gegeben, ehe sie ins Kloster des Ospedale della Pietà zurückgebracht werden. Gekennzeichnet mit Brandmalen an den Füssen, können sie sich nur schwer an das strenge Leben hinter geschlossen Mauern gewöhnen und finden unter den anderen Mädchen nur schwer Freundinnen. Neben dem normalen Unterricht bekommen sie auch die Gelegenheit, sich musikalisch zu betätigen. Die ältere Maddalena spielt zunächst Flöte, steigt aber später erstaunlicherweise auf die schwerere Violine um, während Chiaretta schnell zum Gesang findet.

Als der geweihte Priester Antonio Vivaldi an die Pietà kommt, weckt er sofort das Interesse von Maddalena, und auch er scheint sich für sie zu interessieren. Und das vielleicht nicht nur in musikalischer Hinsicht. Durch seine nicht unbedingt geistliche Art macht sich Vivaldi allerdings nicht nur Freunde an der Pietà und muss das Kloster alsbald wieder verlassen. Für Maddalena bricht eine Welt zusammen.

Aber sie wird Lehrerin für Violine und wird ihren Weg an der Pietà machen, während Chiaretta wohl eher den "anderen" Weg nehmen wird: Als Sängerin von einem reichen Mann geheiratet zu werden, was allerdings bedeutet, dass sie nach dem Gesetz danach nie wieder öffentlich singen darf...

Beeindruckendes Venedig um 1700

Mit "Die Geigenspielerin" entführt uns die Autorin in ein saftiges Venedig, in der das Leben pulsiert, wenn auch nicht unbedingt im Kloster. Beeindruckend schildert Laurel Corona das Leben der Mädchen hinter den Klostermauern mit seinen Regeln, über die man zum Teil heute nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Man bekommt die Beklemmung der Mädchen hautnah mit und ahnt schon im voraus, dass eine Begegnung mit dem gar nicht so priesterlichen Priester Vivaldi unweigerlich zu Problemen führen wird.

Die Autorin hält sich streng an die tatsächlichen Ereignisse dieser Zeit und den biografischen Rahmen Vivaldis, und das ist auch gut so, denn so kommt es nie wirklich zur zu ahnenden "Katastrophe". Vivaldi und Maddalena entfremden sich immer mehr, und doch wird er für sie am Ende "Die Vier Jahreszeiten" schreiben, in der er ihr seine Wertschätzung ausdrückt. Allein die Tatsache, dass er für sie ein vierteiliges Werk schreibt statt der sonst damals üblichen Dreiteiligkeit, zeigt ihr, dass es letztlich doch mehr für sie empfand, als es ihm auszudrücken erlaubt war. Währenddessen geht Chiaretta einen anderen Weg, und so werden dem Leser mehrere Möglichkeiten der damaligen Lebensweise aufgezeigt. Das ist beeindruckend und auch gut dargestellt.

Flüssiger Stil und gute Dramaturgie

Das Buch ist mit 410 Seiten flüssig zu lesen, und das macht es einem noch leichter, den Charakteren zu folgen und deren Handeln nachzuvollziehen. Auch wenn der Schluss etwas schmalzig geraten ist, ist das Buch doch eine lesenwerte Lektüre über Venedig und seine Zeit. Auch wenn in letzter Zeit einige Romane mit dem Thema Vivaldis erschienen sind, ist dieser doch wegen seiner Intensität zu empfehlen. Vielleicht gibt es noch mehr Romane über Vivaldi, dann aber bitte nicht wieder mit einer verbotenen Liebesgeschichte, denn das kennen wir nun schon mehrfach.

Warum als deutscher Titel allerdings "Die Geigenspielerin" gewählt wurde, bleibt äußerst schleierhaft. Zum einen müsste es "Die Geigerin" heißen, zum anderen wäre eine Übersetzung des Originaltitels "The Four Seasons", nämlich eben "Die Vier Jahreszeiten", gerade auch inhaltlich viel sinnvoller gewesen, zeigt dieser Titel doch nicht nur das Werk Vivaldis, sondern auch die Lebensabschnitte der Mädchen. Außerdem lässt der deutsche Titel darauf schließen, dass Maddalena die Hauptfigur in diesem Roman ist, was aber nicht so ist. Hier hätte man dem Originaltitel ruhig mehr vertrauen dürfen.

Ein interessantes Nachwort der Autorin, ein Glossar und eine Auflistung der Werke Vivaldis, die in dem Buch vorkommen, runden einen ansonsten gelungenen Roman ab. Man darf hoffen, dass die Autorin nach diesem, ihrem ersten historischen Roman, auch weiterhin ihrem Stil treu bleibt.

 

Die Geigenspielerin

Laurel Corona, Weltbild

Die Geigenspielerin

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