Das Zeichen des Ketzers

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2008
  • 2
  • Rowohlt, 2008, Titel: 'Das Zeichen des Ketzers', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
841001

Histo-Couch Rezension vonJul 2008

Zwei spezielle Brüder zwischen Religion, Revolution und Liebe

Kurzgefasst:

Konstanz 1415: Die Hinrichtung des Ketzers Jan Hus steht bevor. Zwei Brüder machen sich auf den Weg zum Konzil in die überfüllte Stadt: Martin, ein raubeiniger Söldner, und Alban, ein heimlicher Anhänger von Hus. Während sich Martin im Hurenviertel herumtreibt, versucht Alban, dem eingekerkerten Reformator zu helfen. Beide geraten in Lebensgefahr. Doch ein dunkles Geheimnis hindert sie, einander beizustehen.

 

Uneinigkeiten über Religion und Glaube stehen heute auf der Tagesordnung des Weltgeschehens und scheinen ein absolut zeitloses Phänomen zu sein. Auch früher schon waren verschiedene religiöse Strömungen im Zwist. Ein wesentliches Ereignis, etwa 100 Jahre bevor Luther seine Thesen in die Welt brachte, war das Konzil von Konstanz, welches Thema des Romans von Sabine Wassermann ist.

Die christliche Glaubensgemeinschaft war in Aufruhr: Es existierten drei Päpste, Jan Hus und seine Anhänger wurden, wie vor ihm die Wyclifiten, als Ketzer verfolgt und schließlich wurde Hus gefangen gesetzt und beim Konzil gerichtet.

Altes Thema mit frischem Wind

Zugegeben Romane, die etwas über die Schwierigkeiten der Hussiten, das Konstanzer Konzil oder Jan Hus berichten, gibt es schon, aber Sabine Wassermann hat sich etwas einfallen lassen. Sie beleuchtet das Geschehen von zwei Seiten und schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie erzählt die Geschichte aus der Perspektive von zwei ungleichen Brüdern, dem Mönch Alban und dem Söldner Martin. Spannung ergibt sich aber nicht nur durch die gegensätzlichen Charaktere der beiden, sondern auch dadurch, dass das Geschehen aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln geschildert wird. Jede der Figuren ist in ihrer eigenen Perspektive verhaftet und nur langsam kommen sich die Brüder näher.

Alban ist heimlicher Anhänger von Hus´ Lehren und fiebert dem Besuch des Konzils mit der Hoffnung entgegen, dem Prediger zu begegnen. Doch vorerst ist er mehr damit beschäftigt, seinen herrischen Abt zufrieden zu stellen. Martin lehnt, anders als sein Bruder, Hus´ Ansichten strikt ab und sieht in der Reise nur eine Verdienstmöglichkeit. Die Brüder stehen sich nicht eben nah und gehen nach der Ankunft in Konstanz ihrer Wege, bis sie sich wieder begegnen. Eine tragende Rolle für die Beziehung der Brüder spielt Susanna. Sie verliebt sich in Martin. Er kommt allerdings nicht gut damit zurecht, dass sie den Glauben seines Bruders teilt und weist sie ab.

Wein, Weib und Gesang

Das Buch erzählt verschiedenste Machtspielchen von Kirchenmännern und Adligen. Zusätzlich gibt es aber noch eine weitere Person, die ihre Fäden zieht: Imperia, eine Edelhure. Bei ihr begegnen sich Martin und Susanna wieder, denn Susanna arbeitet in der Küche und Martin wird Imperias Leibwächter. Die Figur der Imperia soll es tatsächlich gegeben haben. Unabhängig von ihrer möglichen Existenz, ist sie wunderbar, weil sie den Roman belebt. Sie scheint manchmal herrisch, dann wieder traurig, geistreich oder auch witzig.

Bei Imperia ist meistens viel los. Es wird gefeiert, was das Zeug hält und jeder Mann buhlt um ihre Gunst. Doch Imperia ist wählerisch, sie lässt sich mit Gesang, Geschenken und Gedichten umwerben, bevor sie einen Mann erhört. In diesem Kontext taucht Oswald von Wolkenstein auf, ein bekannter Minnesänger, der tatsächlich zur Zeit des Konzils in Konstanz weilte. Man merkt, dass die Autorin sich viel Mühe gegeben hat, historische Personen und Ereignisse einzugliedern. Schön für den Leser, weil es ihr gelingt!

Ein dynamischer Roman für spannende und
unterhaltsame Lesestunden

Sabine Wassermann hat gezeigt, dass sie ein historisches Thema harmonisch mit einer Geschichte von fiktiven Figuren verweben kann. Der Leser verfolgt gespannt die Erlebnisse von Alban, Martin und Susanna und erfährt ganz nebenbei Vieles über Jan Hus und das Konstanzer Konzil. Da beides gut verschachtelt ist und immer etwas Neues passiert, bleibt man immer neugierig bei der Sache. Rundum ein Buch mit tollen Figuren, schwungvoller Handlung und hohem Unterhaltungswert! Davon darf Frau Wassermann gerne mehr schreiben!

Das Zeichen des Ketzers

Sabine Wassermann, Rowohlt

Das Zeichen des Ketzers

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