Die Tochter des Advokaten

  • C. Bertelsmann
  • Erschienen: Januar 2005
  • 9
  • C. Bertelsmann, 2005, Titel: 'Die Farbe der Revolution', Originalausgabe
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Katharina Lewald
941001

Histo-Couch Rezension vonJun 2006

Hervorragend recherchiert und brillant umgesetzt

";Sophie hatte sich ans Fenster gesetzt und starrte hinaus. Längst hatte die Kutsche Paris hinter sich gelassen. Sie nahm den Brief wieder, las ihn noch einmal und würde ihn noch einmal lesen, danach. Sophie, mon trésor, begann er, wohin geht es von hier aus, hast du mich einmal gefragt. Weiter, sage ich. Ich wollte helfen, etwas zu schaffen, das die Menschen glücklich macht. Wie absurd dieses einzige Ziel, würdig sterben zu wollen, aber nichts anderes scheint geblieben. Ich habe keine Kraft mehr. Grüße alle von mir. Erzähle unserem Kind, dass ich es geliebt hätte. Die Zeit mit dir war wunderschön. Ich liebe dich. Jules.";

Schon das Lesen dieser wenigen Zeilen schnürt einem die Kehle zu. Wer nach diesem Auszug aus ";Die Tochter des Advokaten"; einen historischen Liebesroman erwartet, der vor Gunstbezeugungen und kitschigen Landschaftsbeschreibungen nur so wimmelt, wird sich wundern: Denn dieses Buch ist so viel mehr als das!

Ein Findelkind zieht in die weite Welt hinaus

 Frankreich, um 1789. Sophie Foquet ist ein Findelkind, das von einem Juristen aufgezogen wird. Unter den immer gutmütigen Augen ihres ";Vaters"; und den Fittichen der Haushälterin wächst sie in der Provence auf. Als sich für Sophie die Chance ergibt, als Gesellschafterin der Adligen Cécile de Montfort nach Paris zu reisen, ergreift sie die Gelegenheit. Bald schon empfindet sie mehr als nur Freundschaft für den jungen Mann von Cécile, Jules, doch Cécile findet es heraus. Um den beiden weh zu tun, entscheidet sie sich für die Seite der Royalisten – während Sophie, Jules und ihre Freunde für die Freiheit kämpfen…

Kaum zu fassen, dass ";Die Tochter des Advokaten"; ein Debütroman ist – und schade, dass die Originalausgabe zunächst nur im Club Bertelsmann als ";Die Farbe der Revolution"; erschien und somit anfangs nur einer begrenzten Lesergemeinde zugänglich war. Doch nun ist endlich eine Ausgabe für den freien Buchhandel erschienen – und wir möchten Ihnen dieses Buch ans Herz legen!

Wenn Geschichte lebendig wird

Kirsten Schützhofer hat mit ";Die Tochter des Advokaten"; einen historischen Roman geschaffen, der das Frankreich in der Zeit der Französischen Revolution so lebendig werden lässt, als wäre man selbst dabei gewesen: Es sind weniger umfangreiche Landschaftsgemälde, sondern vielmehr die Stimmungen und Gefühle der Menschen aus dieser Zeit, die Schützhofer dem Leser mit einer unglaublichen Intensität zugänglich macht.

Kein einziger der Charaktere bleibt flach, sämtliche Handlungsmotive werden von der Autorin geschickt herausgestellt und begründet. Dies lässt den Leser gleichermaßen tief in die Handlung vordringen, wie eigentlich nur die Protagonisten selbst es können: Man stirbt selbst jedes Mal einen kleinen Tod, wenn eine Person im Roman aufgrund der politischen Wirrungen hingerichtet wird und man erlebt einen persönlichen Triumph, wenn die Figuren einen erleben.

Die Schattenseiten der Revolution

Jedoch darf man nicht erwarten, dass dieses Buch ein durch und durch positives Bild der Französischen Revolution zu verbreiten versucht, ganz im Gegenteil: Man hat eher das Gefühl, als würde die Autorin die Schattenseiten eines solchen politischen und auch wirtschaftlichen Umbruchs zu zeigen versuchen und vor allem auch die unmittelbaren Auswirkungen auf die Bevölkerung. Auch hierbei beweist Schützhofer ihr Können: Der historische Hintergrund ist sehr gut recherchiert und die Fakten sinnvoll eingesetzt worden.

Ein kleiner Knackpunkt bleibt

Allerdings stößt der Leser hier auf den wahrscheinlich einzigen Knackpunkt dieses Buches, denn die Autorin setzt zu viele historische Kenntnisse voraus. Wahrscheinlich könnte man bei diesem Thema wieder eine Grundsatzdiskussion auslösen, wenn es darum geht, ob man historische Romane zur Unterhaltung oder wegen des Lernens liest. Wer unbedingt jedes Detail verstehen möchte, sollte sich auf Internetrecherchen einstellen. Man kann ";Die Tochter des Advokaten"; aber auch dann lesen, wenn man kein Perfektionist ist und einiges nur auf sich wirken lassen möchte, ohne jede Andeutung der Autorin gänzlich zu durchschauen.

Denn auch davon lebt dieser Roman: von Andeutungen. Viele vor allem politische Entwicklungen der Revolution werden nur angetippt, den Rest muss man sich selbst hinzureimen. Einerseits ist es spannend, wenn dem Leser das Denken nicht abgenommen wird – andererseits ist es auch manchmal schade, wenn man die gesamte Tragweite der damaligen Ereignisse trotz Interesse nicht vollständig begreifen kann. Wer damit leben kann, wird mit diesem Debüt seine wahre Freude haben (oder eben recherchieren).

Ein gutes Weihnachtsgeschenk

 ";Die Tochter des Advokaten"; ist ein würdiges Weihnachtsgeschenk. Kirsten Schützhofer ist nicht nur ein fantastisches Porträt einer Epoche gelungen, sondern auch ein spannender, romantischer, sowie niveauvoller Unterhaltungsroman. Man darf auf ihr nächstes Werk gespannt sein.

Die Tochter des Advokaten

Kirsten Schützhofer, C. Bertelsmann

Die Tochter des Advokaten

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