Die Frauen vom Fjord

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2007
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  • Droemer-Knaur, 2003, Titel: 'Brostein', Originalausgabe
Die Frauen vom Fjord
Die Frauen vom Fjord
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Bettina Weiß
921001

Histo-Couch Rezension vonMär 2008

Für meine Träume muss ich kämpfen! 

Kurzgefasst:

Norwegen, Ende des 19. Jahrhunderts: Sie ist die Tochter einer Hebamme und heiratet in die Armut. Dennoch gibt Sara ihre Träume von Wohlstand und Freiheit nicht auf...

Mit Liebe hat es wenig zu tun, als Sara den armen Jacob Mortensen heiratet und mit ihm nach Trondheim zieht. Die ersten Jahre sind hart: Schon bald sind viele Kinder im Haus, und Jacobs Krämerladen wirft kaum genug zum Leben ab. Erst als Sara im Geschäft beherzt die Zügel in die Hand nimmt, geht es aufwärts. Wenige Jahre später ist aus Jacob ein wohlhabender Kaufmann geworden. Dennoch ist Sara nicht wirklich glücklich: Zu groß ist die Sehnsucht nach einer Freiheit, die unerreichbar jenseits der Konventionen ihrer Zeit liegt. Saras ganze Hoffnung richtet sich auf ihre Tochter Sanne, an die sie ihren Traum von einem selbstbestimmten Leben weitergegeben hat. Doch erst Saras Enkelin kann den Traum der Frauen vom Fjord leben.

 

Dieses Lebensmotto lebt und lehrt Sara ihr Leben lang. Und das Leben im Norwegen des 19. Jahrhunderts ist hart und entbehrungsreich. Sara wächst mit ihren Geschwistern im Hause eines lieblosen Stiefvaters in Armut auf, von Jugend an muss sie mitarbeiten, um die Familie zu ernähren. Sie heiratet den armen Kaufmannsgehilfen Jacob Mortensen und zieht mit ihm nach Trondheim. Er eröffnet einen kleinen Krämerladen, der jedoch zunächst wenig abwirft. Dazu kommen geschäftliche Fehler von Jacob. Trotz der großen Armut nehmen Sara und Jacob immer Kinder aus der Verwandtschaft in ihrem Hause auf, um ihnen eine bessere Zukunft zu geben.

Trondheims geschlossene Gesellschaft

Die Trondheimer Gesellschaft in dieser Zeit ist sehr deutsch geprägt, ein gesellschaftlicher Aufstieg, den Sara und Jacob anstreben, scheint unmöglich, da sie nicht dazu gehören. Erst im Laufe der Jahre sind Veränderungen möglich. Jacob wird zu einem erfolgreichen Unternehmer, Reeder und angesehenen Mitglied der Gesellschaft. Sanna, der Tochter von Sara und Jacob, stehen später sehr viel mehr Türen offen. Doch auch ihr fällt es schwer, sich in ihr Leben zu finden. Sie heiratet früh und bekommt binnen kurzer Zeit eine große Zahl Kinder, so dass sie 15 Jahre ihres Lebens wegen der körperlichen Erschöpfung zu verlieren scheint. Erst Sannas Tochter ist es möglich, ihre Träume ganz zu leben.

Toril Brekke ist mit ihrem Roman über drei Generationen Frauen im Norwegen des 19. Jahrhunderts ist ein sehr leises, aber eindrückliches Portrait der Gesellschaft und der Verwirklichung von Träumen gelungen. Erst das Festhalten an den Träumen führt zur Erfüllung des eigenen Lebensglücks. Der Roman ist in zwei Teile untergliedert. Im ersten Teil stehen Sara und Jacob im Mittelpunkt. Toril Brekke beschreibt sehr detailliert das Leben von Sara und Jacob aus der Sicht von Sara. Von den Schwierigkeiten des Geschäftes, den Sorgen und den Fehlern von Jacob, aber auch vom gesellschaftlichen Aufstieg.

Der Traum von Freiheit und Eigenständigkeit bleibt

Im zweiten Teil steht Sanna, die Tochter von Sara und Jacob, im Mittelpunkt. Ihr Leben in der Mitte der angesagten Gesellschaft und an der Seite eines erfolgreichen Unternehmers. Ihre Sorgen und Ängste sind andere als die der Mutter, aber deswegen nicht weniger ausgeprägt. Den Traum von Freiheit und Eigenständigkeit aber teilt sie mit ihrer Mutter. Auch Sanna muss für ihre Träume kämpfen. Toril Brekke gelingt es wunderbar, die Dumpfheit und den Schleier, der für Sanna über den ersten Jahren ihrer Ehe liegt, in Worte zu fassen und dies den Leser sprachlich mitempfinden zu lassen. In dieser sprachlichen Kraft liegt auch die Stärke des Romans, der Leser wird einbezogen, er nimmt teil am Geschehen.

Die strenge Gliederung des Romans und die Ausrichtung auf die im Mittelpunkt stehende Protagonistin des jeweiligen Teils nehmen den Leser ganz für die Person ein, der Leser leidet mit und empfindet mit. Erst im Epilog kommt auch Jacob Mortensen zu Wort und blickt auf das gemeinsame Leben mit Sara zurück. Durch dieses Stilmittel wird der Roman abgerundet und bekommt eine besondere Tiefe, da viele Ereignisse aus dem gemeinsamen Leben nun eine andere Dimension bekommen. Jacob bekommt dadurch eine eigenen Stimme und Persönlichkeit. So wie sich Sara diese Persönlichkeit erst im Laufe des Lebens erschießen muss, erschließt sich Jacob auch dem Leser erst im Laufe der Handlung.

Sprachliche Kraft und Stärke

Die Sprache des Romans ist ruhig und unaufgeregt, ohne je langatmig zu sein. Die Figuren, vor allem die Frauen, sind sehr tiefgehend gezeichnet. Auch hier ist die Sprache ein Spiegel der Emotionen der Protagonisten. Sara schildert wenige Gefühle, sie denkt und arbeitet, das Zulassen ihrer Gefühle muss sie erst lernen, dies wird durch die Sprache des Romans wunderbar deutlich. Auch bei Sanna, die durch die häufigen Schwangerschaften ständig müde ist und sich dumpf fühlt, ohne dies zu benennen, werden diese Empfindungen durch die Sprache transportiert. Diese Eindrücklichkeit ist das eigentlich Bemerkenswerte an dem Roman.

Dieser Roman ist sicher keine leichte Lektüre für einen Sonntagnachmittag, sondern ein Buch voller Kraft und Tiefgang. Die Geschichte von Sara, Jacob und Sanna hält den Leser gefangen und begleitet ihn noch eine Weile nach dem Ende des Romans. Das Buch ist eine wirkliche Bereicherung und sehr empfehlenswerte Literatur.

 

Die Frauen vom Fjord

Toril Brekke, Droemer-Knaur

Die Frauen vom Fjord

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