Die Botschaft der Novizin

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2008
  • 4
  • Lübbe, 2008, Titel: 'Die Botschaft der Novizin', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
871001

Histo-Couch Rezension vonJan 2008

Historienkrimi mit viel Atmosphäre

Kurzgefasst:

"Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde!" So beten die Schwestern des Klosters San Lorenzo in Venedig. Doch den Mund von Suor Francesca hat der Tod versiegelt. Wir schreiben das Jahr 1521. Die junge Isabella tritt als Novizin in das Kloster ein. Sie ist die Nichte der ermordeten Nonne. Was hatte diese ihr vor dem Tod noch sagen wollen? Eine alte Handschrift führt Isabella auf eine Spur. Zeichen, in Bildern gemalt und in Stein gehauen, verweisen auf ein geheimnisvolles Dokument, das in der Krypta verborgen liegt. Es soll sich dabei um ein unbekanntes Evangelium handeln, geschrieben in Antiochia, von der Hand einer Frau, die in der Überlieferung als Mutter des Erlösers bezeichnet wird ... Doch hat dieses Evangelium jemals existiert? Und wenn ja, wird die Novizin es vor der Inquisition retten und seine Botschaft in die Welt hinaustragen können?

 

Um ihrer Tante beizustehen, willigt die verliebte, junge Isabella ein, als Educanca (Schülerin) ins Kloster San Lorenzo einzutreten. Kaum im Kloster angekommen, muss Isabella aber erkennen, dass ihre Tante Francesca nicht nur tot ist, sondern ihr Vater auch nicht beabsichtigt, seine Tochter wieder aus dem Kloster abzuholen. Auf der Suche nach dem Hintergrund des Todes ihrer Tante stößt Isabella auf seltsame Begebenheiten. Das junge Mädchen mit hellwachem Kopf beginnt zu recherchieren, was jedoch nicht allen Schwestern gleichermaßen recht ist. Nach und nach erkennt Isabella, dass das Kloster einen geheimnisvollen Schatz hütet, nach dem auch Padre Antonio, ein Nuntius des Papstes, auf der Suche ist. Je näher Isabella dem Geheimnis kommt, desto gefährlicher wird die Suche für die junge Frau. Schon einige Schwestern mussten ihre Erkenntnisse mit dem Leben bezahlen und auch Isabella entkommt nur mit Mühe verschiedenen Anschlägen.

Verzweifelte Lebenslust

Eindrücklich erzählt der Autor vom Schicksal der venezianischen Frauen, die von ihren Familien in den Klöstern ";entsorgt" werden - und sich mit verzweifelter Lebenslust gegen das Schicksal aufzulehnen versuchen, ohne jedoch den Klostermauern tatsächlich entkommen zu können. Die Rede ist von ungehemmter Liebeslust in den Klosterzellen, der sich die teilweise aus den besten Familien stammenden Frauen hingeben. Aus vielen dieser vom Kloster stillschweigend akzeptierten Liebesbeziehungen gehen Kinder hervor, die teilweise ebenfalls hinter den Klostermauern verschwinden. Die körperliche Freizügigkeit steht dabei in einem krassen Gegensatz zu den starren Regeln der venezianischen Familienclans. Ab und an drängt sich die Frage auf, ob Peter Dempf hier eine realistische Begebenheit erzählt, oder ob das Bild, das er malt, etwas stark verzerrt wird. Nicht nur die Nonnen und anderen Frauen, die sich im Umfeld des Klosters bewegen, frönen ungehemmten Trieben, sondern auch die männlichen Vertreter der Kirche.

Was Peter Dempf in seinem historischen Kriminalroman bietet, sind jedoch nicht nur Sex und Spannung - sondern auch eine enorm hohe atmosphärische Dichte. Mit großem Erzähltalent entführt er seine Leserschaft in feuchte Klostergewölbe, lässt die Lagunenstadt Venedig in waberndem Nebel und düsteren Kanälen vor dem inneren Auge entstehen und gewährt einen Blick hinter die verfallenen Mauern eines Palazzo. Diesen Schilderungen kann man sich kaum entziehen, sie würzen den eigentlichen Handlungsstrang und geben dem Buch eine Tiefe, wie sie nur wenigen historischen Krimis eigen ist.

Ungehemmte Heldin

Während ihrer Suche nach dem Geheimnis des Klosters erkennt auch die junge Isabella, wie ungehemmt es in Liebesdingen in den Klöstern zugeht. Sie hat dementsprechend auch keine Skrupel ihren eigenen Körper einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen. Obwohl es im Zusammenhang mit dem restlichen Plot stimmig scheint, bleibt hier ein bitterer Nachgeschmack zurück. Denn durch diese Schilderung nimmt Peter Dempf seiner Protagonistin auch etwas von ihrer Glaubwürdigkeit. Der helle Kopf, den die junge Frau immer öfter unter Beweis stellt, widerspricht ihrem Verhalten - selbst wenn man bedenkt, dass Isabella kaum den Kinderschuhen entwachsen ist. Hier hätte ein wenig mehr Zurückhaltung dem Buch gut getan.

Schöne Aufmachung

Alles in allem legt Peter Dempf jedoch einen spannenden historischen Krimi vor, der seine besondere Note nicht nur durch die sprachlichen Fertigkeiten des Autors erhält, sondern auch durch die wunderschöne Ausgestaltung des Buches. Ein gut gewähltes Cover, ein sorgfältig gearbeiteter Einband und vor allem die Illustrationen von Ulrike Äpfelbach machen ";Die Botschaft der Novizin" zu einem besonderen Lese-Erlebnis.

Die Botschaft der Novizin

Peter Dempf, Lübbe

Die Botschaft der Novizin

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