Flammentochter

  • Emons
  • Erschienen: August 2023
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Monika Wenger
801001

Histo-Couch Rezension vonNov 2023

Wenn Politik, Religion und Macht das Leben prägen.

Nachdem ihre Eltern gestorben sind, kommt die dreizehnjährige Margaretha zur Siechenmüllerin, um als billige Arbeitskraft zu arbeiten. Täglich wird sie von der Müllerin geschlagen und schikaniert. Margarethas einziges Ziel ist es, der Einsamkeit zu entkommen und bei ihrem Bruder zu leben. Ihre Bemühungen sind jedoch erfolglos und so greift sie zum letztmöglichen Mittel und bezichtigt sie sich als Hexe.

Hexenverfolgung

Es scheint, als ob Margarethas Plan aufgeht, da das Gericht bezweifelt, ob ein Kind überhaupt verurteilt werden kann. Plötzlich kommen jedoch übergeordnete politische und religiöse Motive ins Spiel. Der Amtmann ihres ehemaligen Wohnortes zeigt erstaunliches Interesse an ihrem Fall und versucht heimlich das Kind zu beeinflussen. Auch für den Stadtrat von Rothenburg ist es ein aussergewöhnliches Ereignis. Obwohl er von der Unschuld des Kindes überzeugt zu sein scheint, will er den Prozess nicht aus der Hand geben. Die Richter befürchten, dass ein Freispruch für Margaretha den Tod auf dem Scheiterhaufen bedeuten würde. „[…] Vergesst nicht, es geht nicht nur um diesen einen Prozess, es geht um Katholizismus gegen Protestantismus, denn wir leben in der Zeit des Krieges.“ Religionsfanatiker warten nur auf die Gelegenheit, das Mädchen nach Würzburg zu bringen und sie dort endlich vor Gericht zu stellen. In Würzburg ist noch nie eine Hexe freigesprochen worden.

Spielball

Nasila von Staudt hat ihre Familiengeschichte in einen interessanten historischen Roman verpackt. Mit viel Geschick und sprachlichem Können erzählt sie aus dem Jahr 1627, als im Namen der Religion rund um Rothenburg Krieg geführt wurde. Die Fronten verliefen nahe der Stadt. Für die Bewohner in diesem Gebiet war es eine Gratwanderung, zu welcher Konfession sie sich bekennen sollten. Da kam ein Hexenprozess gerade recht. Dabei spielte es keine Rolle, dass es sich bei der Angeklagten um ein dreizehnjähriges Waisenkind handelte.

„Die Sache ist grösser, als du denken magst, Vater. Es geht hier auch um die Ehre deiner Stadt. Die Behauptung gegenüber dem Kloster Comburg. Es geht um Herrschaftsansprüche. Wenn wir den Prozess gewinnen, haben wir nicht nur einem comburgischen Amtmann die Stirn geboten, sondern in unserem Rahmen auch dem Katholizismus als kriegerische Gegenpartei.“

Für einen der Richter wird der Fall der kleinen Margaretha eine gewaltige Herausforderung. Die Autorin vermag anschaulich den Ablauf des Gerichtsverfahrens und die innere Zerrissenheit der Richtenden aufzuzeigen. Das geht unter die Haut. Ebenso beeindruckend sind ihre Beschreibungen der Lebensumstände und der Haftbedingungen von Margaretha. Alles in allem ist dies eine bemerkenswerte Lektüre, die auf etwas mehr als zweihundert Seiten viel bietet.

Fazit

Ein wirklich gelungener historischer Roman über die Zeit der Hexenverfolgung in Rothenburg. Die Geschichte ist überzeugend, spannend aufgebaut und flüssig geschrieben. Eine empfehlenswerte Lektüre mit interessanten Details aus der Familiengeschichte der Autorin. 

Flammentochter

Naila von Staudt, Emons

Flammentochter

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