Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs

  • Emons
  • Erschienen: April 2023
  • 1
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJun 2023

Hildegard von Bingen als Detektivin

Kloster Rupertsberg in der Nähe des Rheins im Jahr 1151. Die junge Novizin Elisabeth kommt neu in das Kloster und muss sich erst mit den Gepflogenheiten bekannt machen. Sie ist die Tochter eines Adeligen und hat noch Schwierigkeiten mit dem einen oder anderen Ritual. Als die Klostervorsteherin Hildegard zu Verhandlungen über die Thronfolge ins Kloster Disibodenberg eingeladen wird, nimmt sie trotzdem Elisabeth mit, da diese sich in den weltlichen Dingen besser auskennt, zudem kommen zwei andere Schwestern des Ordens mit.

Kurz nach der Ankunft der vier geschieht ein Mord, und Hildegard versucht mit ihren medizinischen Kenntnissen zu helfen. Zugleich macht sie sich mit ihren Schwestern auf die Suche nach dem Mörder, denn der Abt des Klosters hat mit den Vorbereitungen für die Verhandlungen zu tun und wohl auch kein großes Interesse an den Aufklärungen. Dies wohl auch, da er Hildegard nicht gerade wohlgesonnen ist, war sie doch vor ihrer Zeit in Rupertsberg mit ihren Schwestern in Disibodenberg ansässig. Da geschieht ein zweiter Mord, und die ersten Gäste der Verhandlungen treffen ein…

Schicksalshafte Rückkehr Hildegards nach Disibodenberg

Andreas J. Schulte hat mit „Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs“ einen historischen Kriminalroman vorgelegt, der zu einer interessanten und bedeutungsvollen Zeit spielt, und das auf mehreren Ebenen. Die Benediktinerinnen um ihre Äbtissin Hildegard haben erst im Jahr das Kloster Disibodenberg verlassen, wo sie von den Männern getrennt ihrem Glauben nachgingen, und siedelten sich im neu gebauten und daher mehr ihren Bedürfnissen angepassten Kloster am Rupertsberg an. Da man nicht unbedingt im Freundlichen auseinanderging, bedeutet es für Hildegard und zwei ihrer drei Begleiterinnen zwar eine Rückkehr an einen bekannten Ort, aber auch an einen Ort, wo man sich mit Abt Kuno nicht unbedingt gut versteht.

Zum anderen soll bei den Verhandlungen um die (noch nicht vakante) Thronfolge Hildegard dabei sein, um mit ihrer Weisheit auszuhelfen, und diese Verhandlungen können über die Zukunft des Reiches entscheiden. Die Partei des Königs hat ein paar versiegelte Dokumentrollen dabei, die nur durch die Anbringung eines Siegels geöffnet werden, und ohne dieses Siegel steht der Vermittler des Königs ohne Verhandlungsgrundlage da. Das Siegel ist zweigeteilt, und man braucht beide Hälften, um das Schloß damit öffnen zu können. Somit ist klar, dass die Gegenpartei ein Interesse daran hat, dass dies nicht passiert.

Eine neue, weltlichere Novizin

Hauptdarstellerin in diesem Roman ist aber eigentlich nicht Hildegard, sondern die junge Novizin Elisabeth, die aus adligem Hause stammt und sich dank ihrer freien Erziehung ein wenig in den weltlichen Dingen und in den Adelsfamilien auskennt, so dass sie Hildegard eine dankbare Informantin sein kann. Dass sie als junge Novizin sich noch nicht perfekt mit den Regeln der Benediktinerinnen auskennt, dafür aber beispielsweise reiten kann, zeigt, dass sie noch einiges an innerer Einkehr zu leisten hat, ehe sie den Schleier für immer nimmt.

Der Autor versetzt den Leser in das tiefe Mittelalter am Rhein und lässt den Roman in zwei Klöstern spielen, die heute nur noch als Ruinen zu besichtigen sind. So erweckt er die Vergangenheit zum Leben und packt dies in einen Kriminalroman, bei dem natürlich Hildegard als Heilkundlerin mit ihrem Scharfsinn die Leichen untersuchen und zielsicher eine Diagnose stellen kann. Dass dies nicht immer zur Freude der Mönche im Kloster passiert, versteht sich von selbst, wenngleich sie auch den einen oder anderen Mönch von kleineren Leiden heilen kann.

Letztlich spielt das Siegel des Königs keine so große Rolle, wie es die Erwähnung im Titel verheißen mag, aber dennoch gibt es einige Leichen zu beklagen, und die Schuldigen werden am Ende dank der Kombinationsgabe von Hildegard, Elisabeth und den anderen beiden Nonnen erkannt werden. Der Roman lässt sich flüssig lesen, kommt ohne unnötiges Geschwafel aus und bietet eine kurzweilige Geschichte, die auf 280 Seiten aus dem Verlagshause Emons gute Unterhaltung bietet. Nicht mehr und nicht weniger. Ein kurzes Nachwort ergänzt den Roman, der für Hildegard-Fans bestimmt nichts Neues bietet, aber auch nicht diesen Anspruch hat. Es ist eine fiktive Geschichte und kein biografisches Ereignis – jedenfalls die Sache mit den Mordfällen, zumindest sind diese nicht überliefert, Hildegards anderes Wirken schon.

Fazit

Andreas J. Schulte hat mit „Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs“ einen kurzweiligen Roman um eine Episode aus dem Leben der Hildegard von Bingen vorgelegt, in dem sie selbst eigentlich gar nicht die Hauptperson ist, aber dennoch eine entscheidende Rolle spielt. Der Roman ist flüssig geschrieben und bietet schöne Unterhaltung mit ein paar interessanten historischen Informationen. Und warum nicht mal einen Besuch am Rhein einplanen und die Wirkungsstätten besuchen? Burgruinen haben immer ein eigenes Flair, besonders wenn man sich vor Ort vorstellt, was dort wohl passiert wäre.

Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs

Andreas J. Schulte, Emons

Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs

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