Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie

  • Rowohlt
  • Erschienen: Mai 2023
  • 5
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonSep 2023

Geschichten und Schicksale der Semperoper

Dresden, 1841. Gerade wurde die neue Semperoper mit Erfolg eröffnet, da geht das Theaterleben auch schon seinen üblichen Gang. Georg Spielmann, Justizrat am Appellationsgericht, frönt seiner eigentlichen Leidenschaft, dem Spiel der Geige, und sein größter Traum ist es, bei den Dresdner Sinfonikern aufgenommen zu werden und dort im Orchester zu spielen, vielleicht auch mit der Gelegenheit, das Orchester dirigieren zu dürfen. Die Leidenschaft zum Violinspiel hat er an seine Tochter Elise vererbt, seinem ältesten Kind. Doch da sie ein Mädchen ist, wird sie eines Tages heiraten, eine Familie gründen und dann keine Zeit mehr für die Musik haben. Eine Frau als Solistin oder generell als Musikerin – undenkbar zu dieser Zeit.

Und der Vater hat für sie bereits einen Mann gefunden, den sie heiraten soll. Er ist ein alter Freund des Vaters und entsprechend älter. Elise muss sich fügen und wohl nach der Hochzeit ihre Musik aufgeben. Da trifft sie auf den jungen, talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Eine Verbindung mit ihm ist nicht standesgemäß, und so müssen die beiden ihr Glück geheim halten. Christians Schwester ist Kostümschneiderin am Theater und muss derzeit regelmäßig für eine Tänzerin die Sachen vergrößern, da diese ungewollt schwanger geworden ist und dem schnellen Ende ihrer Karriere ins Auge sehen muss. All dies geschieht unter dem Dach der neuen Semperoper, in der Freud und Leid nicht nur auf der Bühne stattfinden…

Das Leben an und in der Semperoper

Anne Stern beginnt mit ihrem Roman „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ eine neue historische Reihe über Dresden und die Zeit der 1848er Revolution, dies alles vor dem Hintergrund der neu eröffneten Semperoper. Hier tummeln sich wie an jedem Theater die verschiedensten Charaktere, Tänzerinnen, Musiker, Sänger, die Menschen in den Werkstätten und die guten Geister im Hintergrund. In diese faszinierende Kulisse blickt die Autorin mit Fachwissen und gibt den Lesern einen Einblick, wie es außerhalb er Bühne zugeht. Kleine und größere Einzelschicksale werden miteinander verwoben, jeder kennt irgendwie jeden, ein Theater ist ein eigener Kosmos, in dem jeder weiß, wo er hingehört und wo er nicht hingehört.

Dass am Theater Träume wahr werden, sieht man an Georg Spielmann, der seinen ursprünglichen Beruf aufgibt und Orchestermusiker mit Dirigierverpflichtung wird. Aber es werden auch Albträume wahr, wie man an der Tänzerin sieht, die ungewollt von einem verheirateten Mann schwanger wird, dies zu spät entdeckt und sie somit vor den Trümmern ihrer noch jungen Karriere steht.

Hoffnungen und (Alb-)Träume

All diese kleinen Geschichten weiß die Autorin mit Mitgefühl, aber auch trotzdem realistisch zu erzählen. Allen voran natürlich die sich zart entspinnende Liebesgeschichte zwischen Elise und Christian, die nicht sein darf, was beide auch wissen, was es aber umso schwieriger macht, sich seinen Gefühlen entgegenzustellen. Die Erzählung rutscht nicht in den Kitsch ab, bleibt aber trotzdem nicht oberflächlich, und die Zerrissenheit der beiden bleibt gut nachzuempfinden. Natürlich denkt man, wie würde man selbst in dieser Situation handeln – alles für die Liebe aufs Spiel setzen und einen Skandal verursachen, oder der Vernunft folgen und die Liebe aufgeben?

Hier spielen kleine und große Geheimnisse eine große Rolle, und was auch immer die Zukunft für Elise bringen wird, sie entwickelt sich zu einer selbstbewussten, jungen Frau, die ihre Musik nicht aufgeben will und die ihren Weg machen wird. Welcher Weg dies sein wird, soll hier nicht verraten werden.

Dresden vor der Revolution

Dies alles geschieht in Dresden vor der Kulisse der sich anbahnenden Revolution; immer wieder wird vor dem Haus demonstriert, es steht ja auch an der Elbe mitten im Geschehen. Die Autorin hat einen guten Weg gefunden, die politischen Ereignisse immer wieder stückweise einfließen zu lassen, so dass die Dosierung angenehm, aber deutlich ist. Sie hat gut recherchiert und kennt sich in Dresden aus, das ist angenehm zu lesen. Überhaupt pflegt die Autorin einen flüssigen Schreibstil, der ohne Haken und Kanten daherkommt und die Leser sofort mitnimmt.

Am Ende erfährt man, dass weitere Bände in Planung sind, das Schicksal von Elise und Christian ist also noch nicht zu Ende, und in Zeiten von Revolutionen kann im Namen der Liebe alles passieren. Man darf gespannt sein, was in Dresden an der Semperoper noch geschehen wird.

Ein Stadtplan von Dresden und ein interessantes Nachwort ergänzen den gut 380 Seiten starken Roman aus dem Rowohlt Polaris Verlag. Einzig der Titel ist etwas sperrig geraten und mag manche Leser davon abhalten, zu diesem gelungenen Roman zu greifen. Hoffentlich lesen sie trotzdem den Klappentext und greifen zu, denn obwohl es auch ein Liebesroman ist, steht diese Liebesgeschichte nicht im Vordergrund, sondern ein gelungenes Bild der Zeit und der Stadt Dresden. Interessierte, vor allem auch Musikbegeisterte, dürfen hier gerne zugreifen und auf die weiteren Teile gespannt sein.

Fazit

Anne Stern beginnt mit „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ eine neue Reihe, die in den 1840ern in Dresden spielt und die sowohl kulturell-musikalisch und auch historisch interessant ist. Die Semperoper dient als Dreh- und Angelpunkt kleiner und großer Geschichten und Schicksale, in die sich jeder Leser hineinversetzen kann und die trotzdem durch die faszinierende Welt des Theaters eine gewisse Leichtigkeit bekommen. Man darf auf weitere angekündigte Bände gespannt sein.

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie

Anne Stern, Rowohlt

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie

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