Sieben Lichter

  • Steidl
  • Erschienen: Januar 2017
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  • Steidl, 2017, Titel: 'Sieben Lichter', Originalausgabe
Sieben Lichter
Sieben Lichter
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Carsten Jaehner
831001

Histo-Couch Rezension vonSep 2017

Eine mysteriöse Abenteuergeschichte

Als im Juni 1828 im irischen Cove die Mary Russell in den Hafen einfährt, gibt es ein großes Getümmel, denn niemand kann so recht glauben, was an Bord dieses Schiffes geschehen ist. Sieben Personen wurden brutal ermordet, darunter drei Lehrjungen, zwei Matrosen und der elfjährige Sohn des Reeders. Die Umstände sind mysteriös, zumal der Kapitän verschwunden und nicht an Bord ist. Natürlich erregt das einiges Aufsehen, und eine Untersuchung beginnt.

Noch vor der offiziellen Untersuchung jedoch bekommt der Arktisforscher und Theologe William Scoresby gemeinsam mit seinem Schwager, dem namenlosen Ich-Erzähler des Romans, die Gelegenheit, die Überlebenden zu befragen und das Schiff zu untersuchen. Dabei stossen sie auf allerlei Ungereimtheiten, die den Fall zu einer mysteriösen Abenteuergeschichte werden lassen.

Alle Überlebenden geben dem geflohenen Kapitän William Stewart die Schuld an dem Massaker an den sieben Opfern. Doch sagen alle die Wahrheit oder steckt noch ein größeres Verbrechen dahinter, dem vielleicht auch der Kapitän zum Opfer gefallen ist? Nach und nach ergeben die Nachforschungen ein Bild der Geschehnisse an Bord, und schließlich gibt es noch ein Gerichtsverfahren und die Möglichkeit, mit Menschen an Land über Kapitän Stewart zu sprechen.

Wahrer Ursprung

Alexanders Pechmanns Roman Sieben Lichter beruht auf wahren Begebenheiten und ist eine 160 Seiten lange Schauergeschichte aus dem Steidl Verlag, der den Roman mit einem passenden Cover adelt und ihm zudem ein Hardcover gönnt. Da die Erzählung aus der Ich-Perspektive des Schwagers des Arktisforschers William Scoresby geschildert wird, hat der Leser direkt immer den Austausch und die Reflexion gegenüber dessen, was die beiden Herren gerade erlebt oder erfahren haben, was sich als erzählerisch sehr geschickt erweist. Überhaupt versucht der Autor, sich nah an die Fakten zu halten, was der Geschichte naturgemäß eine gewisse Authentizität verleiht.

Neben dem Ich-Erzähler steht William Scoresby im Mittelpunkt der Erzählung, mit dem sich der Erzähler immer wieder austauscht. Obwohl sie Schwäger sind (Scoresby hat die Schwester Elizabeth des Erzählers geheiratet), siezen sie sich und haben großen Respekt voreinander, sind aber dennoch miteinander verbunden. Diese Gratwanderung zwischen Abstand und Nähe gelingt dem Autor hervorragend, er trifft auch sprachlich den Ton der Zeit, also des beginnenden 19. Jahrhunderts, sowohl in der Erzählzeit als auch in den Dialogen, von denen es reichlich gibt. Pechmann hat genau studert, wer welchen Rang hat und wer wen wie anzusprechen hat, aber das sollte natürlich auch vorausgesetzt werden, wenn man sich an ein solches Sujet wagt. Die weiteren Personen sind historisch belegt und somit auch charakterlich festgelegt. Dennoch hat Pechmann ein buntes Ensemble zwischen knorrigen Seemännern und Personen an Land geschaffen, das den Roman interessant und nicht langweilig macht.

Interessanter Aufbau

Die Handlung dient ja dazu, eine Handlungskette aus der Vergangenheit aufzudecken, und es ist zunächst nicht klar, ob das, was da aufgedeckt wird, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht. Die Untersuchungen lassen teilweise mehrere Schlüsse zu, auch wenn diese teilweise nicht zusammen passen wollen. Es ist mysteriös und zudem grauenvoll, wenn man hört und liest, was dort an Bord geschehen sein soll. Zart besaitete Leser sollten sich auf einiges einstellen, aber schließlich ist es ja auch kein Kinderbuch, sondern formulierte wahre Begebenheiten.

Wie sich der Fall löst oder wie er endet, soll an dieser Stelle natürlich verraten werden, aber immerhin gelingt es, ein wenig Licht bzw. Sieben Lichter (für jeden Toten eins) ins Dunkel zu bringen.

Das Buchcover kündigt an, dass der Roman ein "Hommage an die klassischen Abenteuergeschichten und Schauerromane von Robert Louis Stevenson, Rudyard Kipling und Arthur Conan Doyle" sein soll. Weiter darf man auch nicht gehen, denn suggerieren die genannten Autoren in ihren Romanen, dass die Geschichten auf wahren Begebenheiten beruhen, tut es die Geschichte Pechmanns tatsächlich, und ihr fehlt auch ein bisschen das fantastische Element, wie man es zum Beispiel in Stevensons Jekyll & Hyde mit der gespaltenen Persönlichkeit des Protagonisten bekommt.

Kurzweilig und anspruchsvoll

Dennoch bleibt ein kurzweiliger, aber anspruchsvoller Roman, bei dem man unbedingt am Ball bleiben und den man nicht zu oft zu Lesepausen an die Seite legen sollte, denn leicht gerät man aus dem Erzähltritt oder vergisst wichtige Details der Nachforschungen. Man merkt dem Autor und seinem Stil an, dass er zahlreiche Werke der genannten Autoren und weiteren selbst übersetzt hat, aber das ist ja nichts negatives, im Gegenteil. Immerhin bringt er genug eigenen Stil mit, der dem Roman trotzdem gerade in der ersten Hälfte eine gewisse Spannungsnote verleiht.

Für einen Debütroman ist Sieben Lichter recht vielversprechend, man darf gespannt sein, wie sich der Autor schlägt, wenn er eine eigene Vorlage zu Papier bringt. Dann greifen wir wieder gerne zu.

Sieben Lichter

Alexander Pechmann, Steidl

Sieben Lichter

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