Anchesamun - Das Buch des Chaos

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2016
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  • Lübbe, 2011, Titel: 'Egypt - The Book of Chaos', Originalausgabe
Anchesamun - Das Buch des Chaos
Anchesamun - Das Buch des Chaos
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Annette Gloser
801001

Histo-Couch Rezension vonJul 2016

Vor dem Abgrund

Zum Ende der Regierungszeit König Ejes versinkt Theben in Armut und Angst. Die kriminellen Banden der Stadt bekämpfen sich offenbar bis aufs Blut. Fast täglich liegen geköpfte Leichen jugendlicher Opiumdealer auf den Straßen der Stadt. Rahotep, der Wahrheitssucher, wurde von seinen Vorgesetzten kaltgestellt und schiebt Streifendienst. Sein Freund Kheti vermutet, dass eine neue Bande von außerhalb das Rauschgiftgeschäft in Theben übernehmen will und deshalb alle Konkurrenten ausschaltet. Der Chef dieser neuen Bande sei ein Mann mit dem geheimnisvollen Namen Obsidian. Er bittet Rahotep um Hilfe, aber der lehnt resigniert ab. Schon am nächsten Morgen wird er mit der zerstückelten Leiche Khetis konfrontiert. Er schwört, die Mörder seines Freundes zu finden und zu töten. Aber da bittet ihn Königin Anchesenamun um Hilfe. Sie weiß, dass mit Ejes Tod ihre gesamte Dynastie untergehen wird, denn sie hat keinen Sohn, auf den die Königswürde übergehen könnte. Dennoch will sie unbedingt verhindern, dass General Haremhab sich selbst zum Pharao krönt. Deshalb hat sie einen gewagten Plan geschmiedet. Rahoteps Freund Nacht macht sich mit geheimen Briefen der Königin auf in das Reich der Hethiter. Und der Warheitssucher als sein Leibwächter begleitet ihn auf dieser Mission. Das hindert Rahotep jedoch nicht, weiter nach Obsidian zu suchen und seine Rachepläne zu verfolgen. 

Sehr moderne Probleme

Streift man mit Nick Drake durch das alte Theben, so wird man mit Problemen konfrontiert, wie sie moderner kaum sein könnten. Migrationskonflikte, Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung, Drogen und Prostitution prägen das Leben der armen Bevölkerung, während eine Handvoll reicher Leute das Leben mit allen Facetten des Luxus genießt. Über allen jedoch schwebt die Angst. Angst vor Veränderungen, Angst vor dem aller Voraussicht nach gewaltreichen Ende der Dynastie und der Thronbesteigung Haremhabs. Nick Drake ist es gelungen, diese Atmosphäre einzufangen und seine Leser daran teilhaben zu lassen. Auch wenn die Sprache in diesem Histokrimi ebenso modern anmutet wie die genannten Probleme, die man heutzutage aus jeder beliebigen Großstadt kennt, so ist man doch unverkennbar im Ägypten der Pharaonen unterwegs und erlebt sehr detailliert das Alltagsleben ebenso mit wie die großen politischen Probleme der Zeit. Rahoteps Weg führt in diesem Roman in das Reich der Hethiter, über den Sinai und durch all jene Kleinstaaten am Rande des Mittelmeeres, um deren Besitz sich Ägypten und die Hethiter viele Jahre stritten. Sehr genaue Beschreibungen malen ein eindrucksvolles Bild dieser Welt und zeugen gleichzeitig von einer umfangreichen und geradezu akribischen Recherchearbeit des Autors. Nick Drake gelingt es dabei, all die politischen Wirren fast wie nebenbei in den Dialogen der Protagonisten erläutern zu lassen, so dass man als Leser einen sehr genauen Blick darauf bekommt und auch Zusammenhänge durchschauen kann. Und auch die Politik vermittelt ein modernes Flair und hat sich offenbar in den vielen tausend Jahren seither nicht verändert: Es geht noch immer um Geld und Macht, sonst nichts.

Eine gelungene Mischung

Obwohl der Kriminalfall in diesem Roman an die Bandenkriege heutiger Zeit erinnert, so passt er mit seiner Brisanz doch ganz ausgezeichnet in die krisengeschüttelte Zeit Rahoteps und kann mit seiner Organisation und Logistik auch eigentlich nur genau in dieser Zeit stattgefunden haben. Rahotep ist ein grüblerischer Mann mit philosophischen Anwandlungen, zudem befindet er sich auf einer langwierigen und nicht ungefährlichen Reise. Das alles erfordert seinen Raum im Roman und es entsteht eine gelungene Mischung aus Krimi, Genrebild und Reisebeschreibung. Dabei bleibt die Spannung nicht ständig gleich hoch, es gibt auch ruhige Passagen, in denen wenig zu passieren scheint. Dennoch wird es nie langatmig oder langweilig und Nick Drake versteht es, seine Leser zu fesseln. Insbesondere die Hauptfiguren Rahotep und Nacht werden dabei sehr umfassend charakterisiert und es gibt jede Menge schillernde Protagonisten in den Nebenrollen. Und auch die Lösung des Krimis ist nicht zu einfach gestrickt, so dass auch erfahrene Krimileser ihren Spaß haben werden.

Eine lohnenswerte Reise in die Zeit der Pharaonen

Anchesenamun. Das Buch des Chaos ist der gelungene dritte Teil der Ägyptentrilogie. Am Ende des Romans lässt eine Andeutung hoffen, dass Rahoteps Geschichte weiter gehen könnte. Allen Lesern ans Herz gelegt sei das umfangreiche Nachwort des Autors, der hier noch einmal recht genau auf die historischen Fakten eingeht und Dichtung von Wahrheit trennt. Für alle Leser mit schlechtem Namensgedächtnis gibt es ein Personenregister. Leider wenig hilfreich ist die Karte auf den Innenseiten des Covers, denn hier fehlen wichtige Stationen von Rahoteps Reise. Wer es als Leser also ganz genau wissen will, der sollte sich im Internet informieren. Schade.

Man muss nicht die vorhergehenden Bände der Reihe gelesen haben um diesen Krimi mit Genuss lesen zu können. Er ist eine abgeschlossene Geschichte. Aber es lohnt sich, alle Bände in der chronologischen Reihenfolge zu lesen, zumal an einigen Stellen auch Bezug auf die früheren Ereignisse genommen wird. Insgesamt ein sehr empfehlenswerter Krimi und eine ebenso empfehlenswerte Krimireihe. Eine gelungene Kombination aus Spannung und historischen Fakten!

Anchesamun - Das Buch des Chaos

Nick Drake, Lübbe

Anchesamun - Das Buch des Chaos

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