Order of Darkness. Schicksalstochter

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2015
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  • Fischer, 2013, Titel: 'Order of Darkness. Changeling', Originalausgabe
Order of Darkness. Schicksalstochter
Order of Darkness. Schicksalstochter
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Sabine Bongenberg
601001

Histo-Couch Rezension vonAug 2015

Unspektakulär geht die Welt zu Ende

Der Spruch "Dann gehe ich doch lieber ins Kloster" beinhaltete im 15. Jahrhundert nicht nur die Aussage, dass ein junger Mann nicht unbedingt als zukünftiger Wegbegleiter in guten und schlechten Zeiten auserkoren wurde, sondern bezog sich tatsächlich auf den zukünftigen Wohnort der Sprecherin. Als die bisher vom Leben begünstigte Isobel erfährt, dass ihr geliebter Vater sie entgegen aller Ankündigungen nicht zur Miterbin eingesetzt hat, sie den Entscheidungen ihres Bruders unterworfen ist und zudem noch einen nicht sonderlich ansehnlichen Jüngling ehelichen soll, ergreift sie doch lieber diese Variante und wählt den Schleier. Grundsätzlich verschwanden Frauen mit dieser Handlung von der Bildfläche und fristeten zukünftig ein mehr oder weniger unauffälliges Leben, aber damit ist es im Falle von Isobel nicht getan. Kaum im Kloster eingetroffen, häufen sich hier eigenartige Phänomene und natürlich fragen sich die guten Schwestern zwangsläufig alsbald, wen sie sich da ins Haus geholt haben.

Hier tritt der siebzehnjährige Mönch Luca auf den Plan. Er wurde vom Orden der Finsternis als besonderer Ermittler in päpstlicher Mission auf die Reise geschickt und soll ungewöhnliche Phänomene erforschen und untersuchen. Seine Mission ist die Erstellung einer Karte der Angst wovor fürchten sich die Menschen, welche Phänomene sind tatsächlich auf das Wirken des Antichristen zurückzuführen und welche unterliegen dann doch eher der weltlichen Gerichtsbarkeit? Als Isobel erwartungsgemäß der Hexerei beschuldigt wird und ihre Mitschwestern in vorauseilendem Gehorsam bereits einen ansehnlichen Scheiterhaufen errichtet haben, schlägt Lucas Stunde und seine Ermittlungen entscheiden über das Wohl und Wehe der Angeklagten.

Philippa Gregory führt ihre Leser in die Welt des 15. Jahrhunderts und damit in eine Welt voller Aberglauben, Ängsten vor dem Wirken finsterer Mächte und Unbildung. Kein Wunder also, dass die Menschen diesen Zeiten, die nachts auch nur die flackernde Beleuchtung von Kerzen oder Fackeln kannten, in jedem Schatten eine satanische Gefährdung sahen. Dennoch zeichneten sich offensichtlich auch seinerzeit verschiedene Menschen durch einen offenen Geist aus. Als solche Person führt Gregory zuerst die Figur des Luca ein, der, nachdem seine Eltern im Getriebe der Geschichte verschwanden - heute würde man sagen: als vermisst galten -, einem Orden überantwortet wurde und sich durch besondere Pfiffigkeit und Intelligenz auszeichnet. Bei der Einführung dieses Helden zeigt Gregory, dass sie Wissen anschaulich und spannend vermitteln kann hier nämlich am unterschiedlichen System der römischen und arabischen Zahlen und insbesondere an der Bedeutung der Zahl Null. Hier war sogar die Autorin dieser Zeilen - niemals eine Freundin der Mathematik - interessiert. Leider bleibt diese Unterhaltung eines der wenigen Highlights des Buches. Denn auch wenn Gregory ihren Stoff als Historikerin sicherlich beherrscht, so gelingt es ihr nicht, spannende Situationen und Figuren zu erschaffen, deren Schicksal dem Leser tatsächlich am Herzen liegen.

In der kleinen Gruppe, die sich im Laufe der Geschichte um Luca schart, werden aber auch zu viele Klischees bedient: Da ist der immer aufs Essen bedachte Freize, der überaus korrekte aber sehr blass dargestellte Bruder Peter, die schöne Wilde Ishraq und nicht zuletzt Isobel, die eigentlich in erster Linie blond und zauberhaft ist. Für jeden Geschmack ist daher etwas dabei und vielleicht macht das, die Geschichte etwas zu glatt, die Personen etwas zu eindimensional um tatsächlich fesselnde Unterhaltung zu schaffen. Vorhersehbar ist auch, die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Isobel (strenggenommen immer noch eine Nonne) und Luca (sowieso ein Ordensmann). Diese Kombination könnte recht interessant sein Geist verführt Geist - dennoch bezirzt Isobel auch hier durch ihre weiblichen Attribute als da wären die langen blonden Haare, die es irgendwie geschafft haben, der Totalrasur zum Ordenseintritt zu entgehen. Unklar bleibt, wie ihr das gelungen ist, sprachen die Vorschriften in dieser Hinsicht doch in der Regel eine eindeutige Sprache. Die schöne wilde Ishraq steht dagegen als Meisterin der verschiedenen Kampfkünste im Kontrast zur prinzessinnenhaften Heldin und vertritt hier den Part der emanzipierten und wehrhaften Frau, leider aber in einer Überzeichnung, die sie nicht besonders glaubhaft macht und die Frage aufwirft, ob diese Eigenschaft denn tatsächlich typisch war für die Dienerschaft der damaligen Epoche.

Auch wenn Gregory ihre Leser zu interessanten Themen der damaligen Zeit nämlich der Hexerei und der Angst vor Werwölfen führt bleiben auch diese Themen eindimensional, werden sie doch in erster Linie durch Gespräche und Verhöre ermittelt . Finstere Szenen im dunklen Wald, die anschaulich und spannend erklären könnten, woher diese abergläubischen Ängste stammten bleiben aus. Hier wäre es wünschenswert gewesen, einmal das Leben des einfachen Volkes genauer darzustellen: Die mehr als spärlich beleuchteten Behausungen, die Umwelt, die bei Dunkelheit dann auch als lebensbedrohlich empfunden werden musste, die Sagen und Aberglauben, die als Tatsachen verkauft wurden. Bedauernd denkt der Leser an so manche Szenen aus Harry Potter, bei denen das Herumirren bei Nacht und Nebel immer für eine gruselige Szene gut war.

Insgesamt betrachtet bleibt das angekündigte Ende der Welt genauso spektakulär wie das Teenager-Rotkäppchen auf dem Titel: Mag es noch so dramatisch sein Cape wirbeln, bei einem derart frisch gereinigten und gebügelten Outfit kann nicht viel Schlimmes passiert sein. 

Order of Darkness. Schicksalstochter

Philippa Gregory, Fischer

Order of Darkness. Schicksalstochter

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