Gegen den Wind

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2015
  • 1
  • Lübbe, 2014, Titel: 'Until the Sea Shall Give Up Her Head', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
851001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2015

Fluch der Karibik

Winter 1793. Während in Frankreich die Revolution tobt, befindet sich Kapitän Charles Hayden mit der Themis mitten auf dem Atlantik, und es droht eine ereignisarme Überfahrt zu werden. Doch sie können zwei Schiffbrüchige in ihrem Beiboot retten, zwei spanische Brüder, die eine dramatische Geschichte erzählen. England und Spanien sind eigentlich Verbündete im Krieg, und so werden die beiden mitgenommen nach Barbados, dem nächsten Ziel der Themis.

In der Geschichte der beiden Brüder tun sich einige Ungereimtheiten auf, und bei näherem Hinsehen entpuppt sich der jüngere der beide, Angel, eigentlich als Angelita, eine bildhübsche Frau, die Hayden den Atem raubt, nachdem er sie nicht mehr als Mann ansieht. Schnell spricht es sich an Bord herum, und Angelita und Hayden können auch ihre Gefühle nicht voreinander verbergen, und so heiraten die beiden noch an Bord, gegen den Willen ihres Bruders Miguel.

Nachdem Sie noch ein Sklavenschiff befreit haben und glücklich in Barbados gelandet sind, suchen sich die Haydens ein Haus, in dem sie leben können. Doch Hayden muss im Namen der Admiralität wieder auslaufen und unter der Führung von Admiral Sir William Jones neue Prisen aufbringen. Dabei scheut eben jener Admiral kein Risiko, auch wenn es auf Kosten seiner Mitstreiter geht. Nach einigen waghalsigen Aktionen kehrt Hayden zurück nach Barbados und muss feststellen, dass seine Frau von einem spanischen Spion entführt wurde. Hayden weiss nun genau, was zu tun ist.

Frau an Bord

Bereits zum vierten Mal schickt Sean Thomas Russell seinen erdachten Helden auf die Weltmeere, die sein Leben bedeuten, und in diesem Teil hat es Hayden vermehrt mit Spaniern zu tun. Russell versteht es von der ersten Seite an, den Leser wieder in den Bann zu ziehen und ihn in Hornblowerscher Manier über den Atlantik und in die Karibik zu entführen.

In den ersten 200 von 589 Seiten steht Haydens Entdeckung einer Spanierin an Deck in Vordergrund. Zunächst als Mann verkleidet und mit ihrem Bruder als Schiffbrüchige an Bord gekommen, umringt die beiden zunächst ein Geheimnis, dass mit ihrem Untergang zu tun hat. Hayden und seine Getreuen sind mit der Geschichte der beiden nicht zufrieden und sehen nicht nur in Angel, oder eher Angelitas Persönlichkeit den Grund. Irgendetwas stimmt nicht, und Hayden und seine Offiziere wollen herausfinden, was.

Da nicht genügend Platz an Bord, teilt sich Hayden zunächst mit den beiden spanischen Männern seine Kabine, nur getrennt durch ein aufgehängtes Tuch. Doch nachdem Angelita als Frau erkannt wurde, was an Bord nur schlecht geheim zu halten ist, verliebt sich Hayden schnell in sie und sie in ihn, und nachdem Hayden umsonst seiner Verflossenen hinterhertrauert, will er Angelita so schnell wie möglich heiraten. Seine Offiziere und die Mannschaft stehen zu ihm, einzig der Bruder muss überlistet werden.

Nachdem sie sich ein Haus auf Barbados gekauft haben und Diener eingestellt haben, muss Hayden wieder zur See, und es ist schon erstaunlich, wie wenig er an seine Angelita denkt, während er auf grosser Fahrt ist. Zumal sie sich nur wenige Tage gekannt haben. Hier fällt die Erzählung des Autors deutlich ab, und nach der ellenlangen Vorbereitung mit den Spaniern wäre eigentlich mehr aus dieser Richtung zu erwarten gewesen.

Auf der Jagd nach Prisen

Aber dann kommt Hayden endlich wieder in gewohnte Gewässer und der Autor nimmt ordentlich Fahrt auf. Hier sind beide in ihrem Element. Da gibt es spanische und französische Gegner, zwielichtige Admiräle, riskante Seemanöver, schlechtes Wetter und Kanonen- und Arkebusenkämpfe. Kurz, alles was das Herz von Fans nautischer Romane begehrt. Allzu viele Details sollen nicht verraten werden, aber Hayden manövriert sich wieder mal in ausweglose Situationen, wird mehrfach von seinen Leuten getrennt, die auch nicht die ganze Zeit zusammen bleiben.

Erzählerisch ist Sean Thomas Russell stets voll auf der Höhe. Er schafft es, den Leser immer an sich zu fesseln und pflegt eine klare Sprache, wenngleich er gerade im zweiten Teil kräftig in die Kiste nautischer Begriffe greift. Gottseidank gibt es einen Glossar, der diese Begriffe für Landratten aufschlüsselt, denn es sind viele Begriffe dabei, die man sich auch mit viel Fantasie nicht erklären kann. Dies mag auch der Übersetzung von Dr. Holger Hanowell geschuldet sein. Aber trotz der zahlreichen Fachausdrücke bleibt die Spannung stets erhalten und der Leser wird von den Ereignissen in den Bann gezogen.

Gewohnte Charaktere sorgen für Spannung

Hayden kann sie wie immer auch seine Offiziere verlassen. Auch sie sind ihm treu und vertraue ihm und seinem Gespür. Das führt zu manch vertraulicher Situation in Gesprächen, und tatsächlich zeigt sich, wie gut es ist, wenn man weiss, wie der andere denkt.

Russells Beschreibungen von See, Land und Leuten sind stimmig und entführen den Leser in Ort und Zeit. Die Hierarchie an Bord ist klar und wird auch so gehandhabt. Nicht nur typisch britisch, wie man meinen mag, aber gerade das englische Understatement sorgt doch für den einen oder anderen Schmunzler oder sogar Lacher.

Da Hayden und seine Mannen im Roman durch die Karibik kreuzen, wäre eine Karte angebracht gewesen, die dem Leser diverse Manöver anschaulicher gemacht hätten. Leider jedoch fehlt diese. Obwohl der Roman spannend ist, fehlt ihm gerade am Anfang die Stringenz der Vorgänger. Daher muss dieser vierte Roman als der bislang schwächste der Reihe bezeichnet werden, wenngleich dies Jammern auf hohem Niveau ist. Immerhin lässt das Ende hoffen, dass noch mehrere Teile folgen könnten. Es wäre wünschenswert, denn Russell bedient mit seinen Romanen eine Lücke, die gerne geschlossen sein will.

Gegen den Wind

Sean Thomas Russell, Lübbe

Gegen den Wind

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