Chiffren im Schnee

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • Emons, 2012, Titel: 'Chiffren im Schnee', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
841001

Histo-Couch Rezension vonSep 2012

Gelungener Spionagefall in einem schweizer Berghotel

Kurzgefasst:

Seltsame Vorkommnisse trüben den schönen Belle-Epoque-Schein im Grand Hotel Splendid in den Schweizer Bergen. Die umsichtige Gouvernante Anna Staufer muss beunruhigt feststellen, dass Haus wie Gäste tragische und gefährliche Geheimnisse hüten. Und während man auf dem Eisfeld und auf Bällen elegante Runden dreht, wird hinter den Kulissen bereits der große Totentanz vorbereitet. In einem mysteriösen Gast findet Anna zwar einen Verbündeten, doch dem Ränkespiel der Nachrichtendienste im Hotel ist nicht so einfach Einhalt zu bieten...

 

Winter 1913/14. Die Welt ist im Wandel und steuert unaufhaltsam auf einen Krieg zu in den die ganze Welt verwickelt sein wird. Allerorten gibt es Spione, die sich gegenseitig bespitzeln und die versuchen, möglichst viele Informationen über die Gegner herauszufinden. Einige davon treffen sich im schweizerischen Hotel Splendid, wo man sich auf die Wintersaison vorbereitet.

Mit Lieutenant Christian Wyndham nistet sich ein britischer Offizier im Hotel ein, der nach einer schweren Verwundung versucht, sich einfach nur zu erholen. Mit Jost Ammann bekommt er einen Diener zur Seite gestellt, unterstützt von der Gouvernante Anna Staufer, dem weiblichen Pendant des Concierges. Als Wyndhams Cousine Georgiana Darby unangekündigt im Hotel eintrifft, ist es mit der Erholung schnell vorbei.

Währenddessen stellen Anna und der Barkeeper Henning fest, dass der Tod eines ungarischen Ehepaars, der Hatvanys, in einem italienischen Hotel wohl kein Zufall gewesen sein kann. Sie waren Stammkunden im Splendid und kerngesund, und Lieutenant Wyndham residiert in ihrer Stammsuite. Nach einem Überfall in seine Suite tut er sich mit Anna zusammen, und gemeinsam mit Cousine Georgiana versuchen sie, einer Verschwörung auf die Spur zu kommen - doch möglichst unauffällig, denn der Hotelbetrieb darf nicht gestört werden, und weitere Spione im Hotel sollen keine Hinweise bekommen. Ein gefährliches Unterfangen ...

Eine Gouvernante ermittelt

Katharina Berlingers Kriminalroman Chiffren im Schnee entführt den Leser in ein Hotel in der Schweiz, in dem die noch recht junge Gouvernante Anna Staufer das Regiment führt und in dem sie alles tut, um den Ruf des Hotels aufrecht zu erhalten. Im Winter 1913/14 geht allerdings einiges anders zu als sonst. Anna steht im Mittelpunkt des Romans und gerät unfreiwillig in eine Spionagegeschichte, die gerade im Zuge des aufkommenden Krieges von internationaler Bedeutung sein könnte.

Die Autorin versteht es, das Leben in einem Hotel seiner Klasse gut darzustellen, wo jeder für das Hotel arbeitet und man seine Stammkunden zu verwöhnen weiß. Jeder hat seine Aufgabe und seinen Platz, wie sich das so gehört. Unangenehme Dinge werden unter dem Tisch geregelt und mit so wenig Aufsehen wie möglich aus der Welt geräumt. Ausgerechnet Anna wir in diese Geschichte involviert, wobei sie nach und nach Gefallen an ihrer neuen Rolle findet und sich auch mit dem englischen Lieutenant Wyndham gut versteht, vielleicht sogar besser als sich standesgemäß ziemt. Er lässt sie an seinen Gedankengängen teilhaben, gerade was seine Cousine Georgiana angeht, und somit gibt es für Anna kein zurück mehr.

Neben Anna sind es vor allem Lieutenant Wyndham und dessen Cousine Georgiana sowie der Barkeeper Henning, die die Verwicklungen feststellen und auflösen. Insgesamt sind die Figuren standesgemäß beschrieben und für den Leser durchaus sympathisch angelegt. Jeder in dem Roman ist passend beschrieben und fällt nicht aus der Rolle, wenn man von den Verwicklungen einmal absieht. Denn gerade im Ausbrechen aus dem Gewohnten liegt ja auch der Reiz.

Internationaler Spionagefall

Der Spionagefall ist geschickt konstruiert und bezieht sich nicht nur auf das Hotel, sondern auch auf ein Hotel in Italien und vor allem auf vergangene Besuche des ungarischen Ehepaars Hatvany, wobei Professor Hatvany einen Chiffre erfunden haben soll, der alles kodieren und dekodieren kann, was es gibt und der daher für sämtliche Geheimdienste von Interesse ist, die sich zu dieser Zeit in der Weltgeschichte bewegen. Kein Wunder, dass aus allen möglichen Nationen ebenfalls Gäste im Hotel anzutreffen sind.

Die Verwicklungen steigern sich, und es sind auch aktuelle Opfer zu beklagen, wobei hier nicht verraten werden soll, wer da auf dem Dachboden gefunden wird. Der Fall entwickelt sich verwirrend und löst sich erst allmählich auf, was den Leser bis zum Ende, das überraschend ist, an den Roman fesselt. Hier ist ein spannender Krimi aus der Belle Epoque gelungen, der an keiner Stelle langweilt.

Allerdings stellt sich erst recht spät heraus, in welchem Jahr der Roman denn überhaupt spielt, womit sich der Erste Weltkrieg auch erst spät andeutet. Dass sich das Hotel in der neutralen Schweiz befindet, ist eher nachträglich für die Ausgangssituation von Bedeutung als für den Fall selber. Im Grunde hätte die Geschichte in jedem anderen Hotel in den Bergen stattfinden können, hier hätte ein wenig mehr Ortsbezug gut getan.

Viel Personal, dennoch verständlich

Dennoch ist der Krimi gelungen und verständlich. Dass das Schneetreiben einige Dinge verlangsamt, ungehörige Gäste in ein anderes Haus ausquartiert werden müssen und alles getan wird, um den Ruf des Hauses nicht in den Schmutz zu ziehen, das gehört in der Belle Epoque dazu und malt mit am Kolorit der Zeit, wenn auch nicht des Ortes.

Ein schöner Krimi für verschneite Wintertage, der durch ein zweiseitiges Personenverzeichnis ergänzt wird, dessen es letztlich eigentlich nicht gebraucht hätte, denn obwohl so viele Personen im Roman auftauchen, behält die Autorin stets den Überblick und weiß dies auch dem Leser zu vermitteln. Gerne würde man mehr aus dieser Zeit lesen, vielleicht entführt uns die Autorin ja wieder einmal in diese Zeit. Gelungen.

Chiffren im Schnee

Katharina Berlinger, Emons

Chiffren im Schnee

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