Mademoiselle muss heute sterben

  • Pendo
  • Erschienen: Januar 2012
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  • Pendo, 2003, Titel: 'Le carrefour des Écrasés', Originalausgabe
Mademoiselle muss heute sterben
Mademoiselle muss heute sterben
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonAug 2012

In Paris wird weiter gemordet

Kurzgefasst:

Paris, 1891. Als im IX. Arrondissement eine ganz in Rot gekleidete Mädchenleiche gefunden wird, sieht sich Victor Legris wieder einmal gezwungen, in einem Todesfall zu ermitteln. Denn es ist ausgerechnet das Briefpapier seiner Buchhandlung, das in dem unweit vom Tatort gefundenen Stöckelschuh steckt... Sie begegnen sich an einem Sommertag im Herzen von Paris: die hübsche Élisa aus Mlle. Bontemps' Mädchenpensionat und der verwegene Gaston. Vier Monate später ist das Mädchen tot und ihr Liebhaber spurlos verschwunden. Der einzige Hinweis auf den Mörder ist ein Blatt Briefpapier in einem unweit der Leiche gefundenen Stöckelschuh, auf dem rätselhafterweise die Adresse von Victor Legris' Buchhandlung steht. Was zunächst wie ein simpler Liebesmord aussieht, stellt sich schnell als weit komplizierter heraus und führt Victor Legris bis ins verruchte Varieté »Moulin Rouge«. Doch was er dort entdeckt, bringt ihn nicht nur auf die Spur des Mörders, sondern auch sein eigenes Privatleben unerwartet aus dem Gleichgewicht.

 

Paris, 1891. Im IX. Arrondissement wird die Leiche eines in rot gekleideten Mädchens gefunden, die allerdings nur einen Schuh anhat. Der andere Schuh wird gefunden und zum Buchhändler Victor Legris gebracht, denn in dem Schuh war ein Briefkopf mit dessen Adresse. Gefunden wurde sie im Jardin des Plantes, wo auch Raubtiere gehalten werden. Victor, der schon zwei Mordfälle gelöst hat, sieht sich auf den Plan gerufen und beginnt mit den Ermittlungen.

Zur gleichen Zeit hat Victors Freundin Tasha ihre Malerei wieder aufgefunden, und zufällig sieht Victor sie im verruchten Moulin Rouge, wo sie mit Grössen wie Henri de Toulouse-Lautrec zusammenkommt. Doch nicht nur Tasha macht Victor Sorgen, denn er trifft auch auf Iris, die Stieftochter seines Freundes und Mitbewohners Kenji, die zudem zusammen mit dem toten Mädchen in einem Internat untergebracht war. Auch Vicotrs Gehilfe Joseph interessiert sich nicht nur für seine eigene literarische Karriere, sondern sowohl für Iris als auch für den Mordfall. Und es wird nicht nur bei dieser einen Leiche bleiben...

Durch Zufall in den Fall verwickelt

Das französische Schwesternpaar, das unter ihrem Pseudonym Claude Izner den Buchhändler Victor Legris ermitteln lässt, schickt diesen bereits zum dritten Mal durch das Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Von den anderen beiden Romanen ist die Konstellation der Ermittler hinreichend bekannt, dennoch erfreut man sich immer wieder an den kleinen Nickeligkeiten gerade von Victor, Kenji und Joseph untereinander. Sie sind die Würze in diesem Fall, der letztlich nicht komplett überzeugen kann.

Schnell ist Victor den Ermittlungen des Inspectors Lecacheur voraus, und als er herausfindet, dass die Mutter des Opfers eine Tänzerin im Moulin Rouge ist, das gerade zum Zentrum der Künstler auf dem Montmartre geworden ist, setzt er seine Nachforschungen in diesem zwielichtigen Milieu fort. Dass er dort auf seine Freundin trifft war nicht beabsichtigt, und sie erkennt ihn auch nicht, doch er macht sich Gedanken über ihre Treue und ist überaus eifersüchtig. Dies ist eine sehr negative Eigenschaft und zieht sich auch ein wenig durch den Roman, was aber eher nervt als einen bunten Tupfen in den Roman zu bringen.

Aktives Ermittlerteam

Tasha mag es nicht, wenn Victor ermittelt, und so muss er sich Hilfe von Joseph holen, der sofort Feuer und Flamme ist. Zwischen Auslieferungsaufträgen des Buchladens, der ohnehin brummt und bei dem man sich wundert, dass die drei Herren trotz ihrer vielen Aktivitäten überhaupt Zeit finden, Bücher einzukaufen und zu verkaufen, unternimmt Joseph so manche Verfolgung, kümmert sich dabei noch um seine Mutter und nimmt zarte Bande zu Iris auf. Viel zu tun für einen jungen Mann, der nebenher noch ein berühmter Schriftsteller werden will.

Letztlich halten sich die Ermittlungen und die Privatgeschichten im Roman die Waage, vielleicht sogar mit einer leichten Tendenz zu den privaten Vorkommnissen. Zwar geht es in den Nachforschungen stetig voran, die Erzählperspektive springt aber immer wieder zum nächsten Opfer, das von seinem Mörder ins Jenseits befördert werden wird. Daher weiss man immer wieder, was Victor herausfinden oder Joseph in den Zeitungen lesen wird, und somit nimmt sich der Roman ein wenig selbst die Spannung.

Gegenüber seinem Vorgänger hat der Roman erfreulicherweise ein ordentliches Tempo anzubieten, ist aber dafür sprachlich etwas schwächer geraten. Immer wieder gibt es unrealistische Selbstgespräche, gerade von Joseph, der sein Leid klagt und in Abwesenheit seine Chefs beschimpft. Diese sind nicht nur Schimpftiraden, sondern auch Ermittlungsergebnisse, die er in den luftleeren Raum ruft, doch dies kommt so häufig vor, dass es schon fast nervt. Immerhin darf seine Mutter diesmal etwas mehr Raum einnehmen, was für Amusement sorgt.

Überzeugender historischer Hintergrund

Interessant ist der historische Hintergrund, in dem der Roman spielt. Das Paris des Jahres 1891 wird anschaulich dargestellt, gerade das Moulin Rouge scheint es den Autorinnen angetan zu haben. Als Nicht-Franzose kann man wohl mit vielen Persönlichkeiten nicht viel anfangen, die diese Szene bevölkern oder die auch nur Erwähnung finden, genauso mit den erwähnten Büchern und Zeitungen. Allerdings werden diese im lesenswerten Anhang ausführlich beschrieben und die Bücher aufgelistet, wohl ein Service der beiden Autorinnen, die selber Buchhändlerinnen sind und somit viele Querverweise auf die französische Literatur einbauen. Allerdings besteht im deutschsprachigen Raum hier die Gefahr, solche Erwähnungen zu überlesen, was fatal sein könnte, denn hier könnten Hinweise auf den Fall versteckt sein. Wohl keine leichte Aufgabe für die Übersetzerin Gaby Wurster, die für ihre Arbeit nicht zu beneiden ist.

Mademoiselle muss heute sterben ist nicht Victors bester Fall. Die Ermittlungen stehen nicht wirklich im Vordergrund, das Privatleben nimmt ungewohnt grossen Raum ein, der nicht unbedingt mit dem Fall zu tun hat, Joseph entwickelt sich fast zur Nervensäge durch seine Selbstgespräche, und Victors Eifersucht steht ihm und dem Leser im Weg. Immerhin gibt es mehr als vier Leichen in diesem Fall, so dass eine gewisse Spannung doch vorhanden ist, wenn denn mal vom Fall die Rede ist. Bleibt zu hoffen, dass Victors nächster Fall wieder spannender wird. Immerhin ist nun das Privatleben erst einmal geregelt, doch bei Victor und den anderen muss man immer auf alles gefasst sein. Historisch überzeugend, kriminaltechnisch mehr als ausbaufähig.

 

Mademoiselle muss heute sterben

Claude Izner, Pendo

Mademoiselle muss heute sterben

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