Der fliegende Mönch

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2010
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  • Lübbe, 2010, Titel: 'Der fliegende Mönch', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
931001

Histo-Couch Rezension vonApr 2010

Spannende Turbulenzen im Kloster Schussenried

Kurzgefasst:

Kloster Schussenried, 1616: Kaspar Mohr ist wenig erfreut, als sein Abt ihm aufträgt, eine entflohene Hexe aufzuspüren. Hexerei - das ist für den aufgeklärten Prior nur ein Hirngespinst. Zudem wünscht er sich nichts sehnlicher, als weiter ungestört an seinen Maschinen und Apparaturen herumwerkeln zu können. Doch dann steht die vermeintliche Hexe auf einmal in seiner Werkstatt und bittet ihn um Hilfe. Kurze Zeit später verschwindet eine Magd, ein Mönch erhängt sich, und die Inquisition ist Kaspar auf den Fersen. Denn der Prior spielt ein gefährliches Spiel: Er versteckt nicht nur die "Hexe" bei sich im Kloster, sondern hat wie sein Lehrmeister Leonardo da Vinci einen Traum, den Traum vom Fliegen...

 

Kaspar Mohr ist Prior im Kloster Schussenried. Man schreibt das Jahr 1616, und Kaspar hat noch andere Interessen als das Klosterleben. Nur zu gerne bastelt er, der einst Schüler von Galileo Galilei war, an seinen Maschinen und Apparaten herum, gerade konstruiert er ein Gestell, dass einen Menschen fliegen lassen soll. Da erhält er von seinem Abt den Auftrag, eine entflohene Hexe aufzuspüren, die ihrem Dorf Unglück gebracht haben soll. Kaspar passt das gar nicht, und so hat er auch nicht viel Energie für den Auftrag.

Plötzlich steht Agnes Weitbrecht, die vermeintliche Hexe, vor seiner Tür und bittet ihn um Hilfe. Sie ist bereits aus dem Gefängnisturm geflohen und wird gesucht, und so bringt er sie in seinem Klosterzimmer mit unter. Sie bekommt die Haare abgeschnitten und wird so zu einem männlichen Neffen, der ihm bei der Buchhaltung helfen soll, mit der er bereits ein Jahr in Verzug ist, denn es steht eine Buchprüfung ins Haus.

Zur gleichen Zeit macht sich Magnus Käppeli auf den Weg von Roman nach Schussenried. Er ist von der Inquisition und sucht Kaspar Mohr, doch nicht wegen ihm selbst, sondern wegen Galilei, und notfalls soll Mohr auch mit nach Roman genommen werden. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, zumal auch noch ein Magd verschwindet und ein Mönch erhängt aufgefunden werden. Und dann sind sich Agnes und Kaspar auch nicht ganz unsympathisch...

Überzeugende Dramaturgie

Simon Rost ist mit seinem Erstlingswerk Der fliegende Mönch ein spannender Roman gelungen, der zwar in vielen Themengebieten wie Inquisition, Hexerei, Maschinen, Kloster, Frau als Mann verkleidet oder Liebe im Kloster angesiedelt ist, allerdings stört dies nicht weiter, denn der Autor versteht es geschickt, all die Bereiche so miteinander zu verweben, dass eine stimmige Geschichte daraus entsteht. Zudem kommt, dass Kaspar Mohr tatsächlich gelebt hat und vor allem seine Flugversuche durch Dokumente belegt sind. So wird die Geschichte nicht unwahrscheinlich.

Nicht nur dramaturgisch liefert Rost einen spannenden Roman ab, er weiß auch sprachlich den Leser zu überzeugen, wenngleich ihm manchmal unpassende Ausdrücke wie "verblödete Dumpfhirne" oder "Scheiß drauf" aus der Feder rutschen, die so gar nicht in das sonst überzeugende Sprachbild passen wollen. Leider überlesen sich diese Ausdrücke auch nicht. Allerdings kann dies auch als der einzige Wermutstropfen des Romans bezeichnet werden, und es kommt auch nur sehr selten vor.

Geschickte Tempiwechsel

Die Charaktere sind alle treffend gezeichnet und bieten zudem Raum für Überraschungen. Gerade das Verhalten des Abts bietet manche ungeahnte Nuancen, und auch die Diskrepanzen zwischen Kaspar und Agnes im dienstlichen und ihre, nun ja, Annäherung im privaten, zeigen, dass es dem Autor gelingt, den Leser immer weiter für die Geschichte zu interessieren. Auch die Tempiwechsel in den Erzählteilen sind geschickt gewählt und verhindern so, dass der Leser vielleicht etwas besseres zu tun hat, als diesen Roman zu lesen.

Der Leser wird eine Zeit versetzt, in der es recht turbulent zuging, und so geht es auch im Kloster und im Umland zu. Vor allem der Faktor Zeit spielt in dem Roman eine große Rolle, gerade wo die verschiedenen Handlungsstränge gegeneinander arbeiten. Dies ist geschickt konstruiert, hier merkt man, dass der Autor von Theaterstücken und Drehbüchern durchgehend weiß, was er tut und immer den Überblick behält. Gerade an Stellen, wo sich Handlungsstränge kreuzen und sich Probleme über Probleme häufen, findet der Autor immer eine Lösung. Diese sind auch gelegentlich unerwartet, und so weiß man nie, woran man ist und hofft, das ganze möge ein gutes Ende finden und die Helden einigermaßen ungeschoren davon kommen.

Gelungene Kombination von verschiedenen Handlungsbögen

Gerade auch die auftretenden Todesfälle, die Kaspar auch noch zum Mordverdächtigen machen, erhöhen das Spannungspotenzial noch einmal, diese sind aber nötig, damit Kaspar dem Hauptantrieb des Treibens im Kloster endlich auf die Spur kommen kann. Und auch wenn der große Galileo Galilei selber nicht im Roman erscheint, so ist er doch präsent und schwebt über dem Handeln Kaspars. So schwingt auch immer ein großer Name durch das Buch und hilft, als Rahmen immer wieder auf den Punkt kommen zu können.

Überraschende Wendungen, spannende Handlungsbögen, interessante und bunte Charaktere, eine Portion Respektlosigkeit der Obrigkeit gegenüber und eine Prise angenehmen Humors machen aus Der fliegende Mönch einen gelungenen Debütroman, der jedem interessierten ohne Bedenken Leser ans Herz gelegt werden kann. Ein interessantes Nachwort und ein Glossar ergänzen die 440 Seiten. Man darf sich auf ein neues Werk des Autors vorbehaltlos freuen.

 

Der fliegende Mönch

Simon X. Rost, Lübbe

Der fliegende Mönch

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