Der Ruf des Schmetterlings

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2007
  • 0
  • Lübbe, 2006, Titel: 'The Sound of Butterflies', Originalausgabe
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Daniela Loisl
851001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2009

Psychologisch tiefgründige Reise in den Dschungel Südamerikas

Kurzgefasst:

Richmond in England, 1904: Als der ambitionierte Schmetterlingsforscher Thomas Edgar auf der Suche nach einem legendären Schmetterling an den Amazonas aufbricht, ahnt er nicht, dass seine Reise schon bald zum Albtraum werden wird. Nach Monaten kehrt er zu seiner jungen Frau Sophie zurück - verstört und völlig verstummt. Sophie kümmert sich liebevoll um ihn, dennoch ist sie mit der, wie es scheint, aussichtslosen Situation überfordert. Während Thomas die überwältigende Natur der Amazonas-Urwälder erforschte, ist sie allein in der idyllischen Londoner Sommerfrische Richmond mit ihren gepflegten Parkanlagen zurückgeblieben - zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

 

England 1904. Thomas Edgar ist von Kind auf begeisterter Schmetterlingsforscher und sein Traum ist es, den einzigartigen und legendären Schmetterling zu finden, den er dann nach seiner Frau benennen will, damit er endlich die Anerkennung in der Wissenschaft bekommt, von der er schon immer geträumt hat. Als der reiche Kautschuk-Baron José Santos vier jungen Forschern eine Expedition nach Südamerika finanziert, ist auch Thomas dabei und glaubt sich seinem Traum schon ein großes Stück näher.

Seine Frau Sophie erwartet gespannt und voller Vorfreude ihren Mann nach Monaten aus Südamerika zurück. Die Freude wird jedoch jäh getrübt, als sie feststellen muss, dass ihr Mann nicht mehr derselbe zu sein scheint. Sein Körper ist voller Wunden, aber sein seelischer Zustand ist es, der Sophie große Sorgen macht. Das Schlimmste ist: Thomas spricht nicht. Kein Wort, mit niemand, auch mit Sophie nicht. Sophie versucht nun alles Mögliche, um wieder ihren "alten" Mann zurückzubekommen...

Exotisch, tiefgründig und bildgewaltig

Rachael Kings Roman spielt in zwei gänzlich verschiedenen Welten; mit Sophie weilt man in Richmond, England, und mit Thomas begibt man sich in die tiefen Wälder des Amazonas. Mit leichter und dennoch intensiver Sprache begleitet man die beiden Protagonisten, deren Seelenleben die Geschichte dominieren. Zeitversetzt erlebt man mit Sophie Thomas' Rückkehr und sein psychisches Desaster, während man mittels der Briefe, die Thomas an seine Frau geschrieben hat, wieder mitten im Regenwald steht.
Langsam und detailliert, aber keinesfalls träge und langweilig, erlebt man Schritt für Schritt mit, wie Thomas und seine drei Kameraden die Wälder am Amazonas durchstreifen, Schmetterlinge, Käfer und Insekten sammeln, katalogisieren, zeichnen und auch in die Heimat verschicken. King lässt einen die schwüle, drückende Hitze spüren, man hört das Surren der Insekten, die Schreie der Vögel, das Gekreische der Affen und weiß stets aus nächster Nähe, wie Thomas sich fühlt. Seine Gedanken, seine Empfindungen und seine Träume sind immer gegenwärtig und das tragende Element in dieser Erzählung.
Geschickt und ohne jegliches Pathos führt die Autorin durch das Geschehen, um sukzessive auf die Erlebnisse zuzusteuern, die Thomas die Sprache genommen haben. Man weiß lange nicht wohin das alles führt, bis die jungen Wissenschaftler eines Tages auf ihren Mäzen José Santos stoßen, der die Großzügigkeit in Person zu sein scheint.

Blick in die Abgründe menschlicher Natur

Die Geschehnisse im Amazonas-Eldorado Manau sind es, die nun Blicke hinter die Kulissen gewähren. Man lernt Thomas' Begleiter näher kennen, die charakterlich und auch in gesellschaftlicher Stellung sehr konträr sind. King schafft es ohne große Beschreibungen, aber mit sehr viel Empathie, ein Bild der jeweiligen Figuren zu schaffen, dass sie einem vertraut und altbekannt vorkommen. Als die vier Santos in seinem prunkvollen Haus kennen lernen, treffen sie auch auf seine Frau und seine unterwürfigen und scheinbar auch loyalen Diener und der Leser ahnt schon wage, dass sich die Lage nun zuzuspitzen scheint.

Lebendig und intensiv erfasst King die Emotionen und die Gedanken ihres Protagonisten und lüftet auf intelligente und glaubwürdige Weise das chaotische Chaos, das immer mehr zum totalen Kampf von Thomas Innersten führt. Die ganze Dramatik seines stummen Leidens wird greifbar, als man mit ihm alles durchlebt, was bei ihm den großen Zusammenbruch bewirkte.

Der Ruf des Schmetterlings ist ein Roman voller leiser Töne, mit allen Schattierungen menschlicher Stärken und Schwächen. Kein Buch für Leser, die geballte Spannung verlangen, sondern die sich auch auf den Hauch der Zwischentöne einlassen können. Getragen wird das Buch nicht von den dramatischen Ereignissen, sondern von den tiefgründigen und psychologisch hervorragend ausgeleuchteten Figuren.

Auf weitere Bücher der Autorin darf man gespannt sein.

Der Ruf des Schmetterlings

Rachael King, Lübbe

Der Ruf des Schmetterlings

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