Sünde

  • Limes
  • Erschienen: Juni 2023
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Nicole Goersch
751001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2023

Bekannte Zeit erfrischend neu erzählt

„Sünde“ ist der Debütroman von Megan Campisi, die sich bisher eher mit Theaterstücken einen Namen gemacht hat. Für ihren ersten Roman hat sie sich ein komplexes Thema ausgesucht, das in einer heiklen Zeit spielt, nämlich in England im 16. Jahrhundert.

Die junge Waise Anna Owens wird beim Diebstahl eines Brotes erwischt und von dem „Richteherr“ dazu verurteilt, Sündenesserin zu werden. Sie darf nicht mehr reden, ist eine von der Gesellschaft Ausgestoßene, gekennzeichnet durch ein auf die Zunge tätowiertes „S“ und ein eisernes Halsband. Sie muss nun Sterbenden die letzte Beichte abnehmen und entsprechend der begangenen Sünden die Speisen verzehren, damit diese auf sie übergehen.

Als Anna zu ihrem Zuhause zurückkehren will, ist dieses besetzt und auch ihre sonst so vertraute Nachbarin will ihr nicht helfen. In ihrer Verzweiflung sieht Anna nur einen Ausweg: sie sucht die alte Sündenesserin auf und versucht, von ihr zu lernen. Als sie in den Palast gerufen werden, geraten die beiden Frauen in eine Intrige, die sie in höchste Gefahr bringt.

Anna entdeckt dabei ein Geheimnis, das die Königin selbst betrifft, das die Welt aber nicht wissen darf. Und um dieses zu hüten, würden manche Höflinge töten.

Ungewöhnliche Sichtweise

Zu Beginn steht eine Auflistung der Speisen für die jeweiligen Sünden, die teilweise aus heutiger Sicht sehr unüblich sind. Diese wurden auch als Kapitelüberschriften gebraucht, so dass darauf hingewiesen wird, um welche Sünde es in den folgenden Seiten geht.

Die Erzählung aus Sicht der jungen Sündenesserin Anna ist ungewöhnlich, so dass beim Lesen erst die Gedankengänge sortiert werden müssen. Das braucht einen Moment. Die Beschreibungen sind der damaligen Zeit angepasst, sind teilweise dreckig, teilweise deprimierend. Dass alltägliche und selbstverständliche Dinge wie Treppen oder Spiegel für Anna neu und erschreckend sind, ist nachvollziehbar und bietet dem Lesenden eine neue Sichtweise.

Ungewohnt verzerrt wirkt es allerdings, dass die Namen bekannter Persönlichkeiten aus der Zeit Elisabeths I. leicht verändert wurden, so dass man das Gefühl gewinnt, dass die Vergangenheit leicht verschoben ist.

Wohin will die Geschichte?

Manche Szenen wirken willkürlich und scheinen die eigentliche Geschichte nicht voranzutreiben, so dass man sich fragt, was die Autorin damit bezwecken wollte. Andere enthalten kleine Andeutungen, die später wieder aufgegriffen werden. Das ist zuweilen verwirrend, wenn man den Betrachtungen folgen will.

Weil man nicht weiß, wohin die Handlung führen wird, empfindet man manche Beschreibungen als langatmig und vielleicht auch überflüssig. Da hilft es nicht viel, dass mitunter lustige Spitznamen der Personen genannt werden wie „bemalter Schinken“. Ebenso mangelt es nicht an ungewöhnlichen Figuren, wie die Aussätzigen, die sich in Annas Haus einnisten.

Megan Campisi erzählt diese düstere und aussichtslose Zeit mit ihren verzweifelten Gestalten in ihrer ganz eigenen Sprache, die für manchen Lesenden anstrengend sein mag und speziell und derb ist, wie es damals angemessen sein mochte.

Fazit

Megan Campisis Debütroman bietet eine ungewöhnliche Sichtweise und ein noch ungewöhnlicheres Thema auf. Allerdings verliert sie sich auch gerne in Szenen, die zu der eigentlichen Handlung nichts beitragen, so dass die Geschichte etwas langatmig wirkt. Die ehrlichen Beschreibungen aus Sicht der Hauptperson sind allerdings erfrischend.

Sünde

Megan Campisi, Limes

Sünde

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