Madame ist leider verschieden

  • Pendo
  • Erschienen: Januar 2010
  • 3
  • Pendo, 2003, Titel: 'Mystère rue des Saints-Pères', Originalausgabe
Madame ist leider verschieden
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Carsten Jaehner
871001

Histo-Couch Rezension vonMai 2011

Gelungener Start einer französischen Krimireihe mit Potenzial

Kurzgefasst:

Es ist kein gewöhnlicher Tag, als der Buchhändler Victor Legris seinen Laden in der Rue des Saints-Pères verlässt und den Weg in Richtung Eiffelturm einschlägt. In Paris findet im Jahr 1889 gerade die Weltausstellung statt, und das neu errichtete Bauwerk ist die umstrittene Sensation. Durch die Menschenmasse bahnt sich Victor einen Weg in die luftige Höhe, wo er mit seinem Kompagnon, dem Japaner Kenji Mori, verabredet ist. Denn nur wenige Auserwählte dürfen sich dort in das Goldene Buch eintragen. Darunter auch Madame Eugénie Patinot, die kurz darauf inmitten des Trubels zu Boden sinkt und ihr Leben aushaucht. Doch ist sie nur eines der Opfer in einer rätselhaften Reihe von Todesfällen, die sich immer infolge eines Bienenstichs ereignen - und immer, wenn Victor Legris gerade in der Nähe ist.

 

Im Mai 1889 ist in Paris die Weltausstellung in vollem Gange. Hauptattraktion ist ein 300 Meter hoher Stahlturm des Ingenieurs Gustave Eiffel, der von vielen Leuten auf seinen drei Ebenen besucht wird. Auf der zweiten Ebene gibt es sogar die Möglichkeit, sich in einem goldenen Buch als Besucher einzutragen. Dies macht auch Eugénie Patinot, die mit ihren Neffen und Nichten dort ist. Plötzlich verspürt sie eine Art Bienenstich und ist nur Minuten später tot. Ein gefundenes Fressen für die Pariser Presse.

Zufällig anwesend ist auch der Buchhändler Victor Legris, der ganz in der Nähe mit seinem väterlichen Mentor, dem Japaner Kenji Mori, und deren gemeinsamen Mitarbeiter, dem eifrigen jungen Joseph, seinen Laden erfolgreich führt. Er wird von einem Freund gebeten, Redakteur dessen neu gegründeten Zeitung Passe-Partout zu werden. Als ein zweiter Tod durch Bienenstich geschieht, wieder im Umfeld von Victor und der Redaktion der neuen Zeitung, und zudem sich die Pariser Polizei nicht kümmert, beginnt er auf eigene Faust mit Ermittlungen.

Plötzlich scheint Victors Kompagnon Kenji verdächtig, denn er legt Charakterzüge an den Tag, die ihn äußerst verdächtig erscheinen lassen. Zudem hat sich Victor in die Zeichnerin Tasha Kherson verliebt, die für die Zeitung arbeitet und die ebenfalls irgendwie in den Fall verwickelt zu sein scheint. Nach einem dritten Bienenstich-Opfer spitzen sich die Ereignisse zu, und Victor gerät selbst in höchste Gefahr...

Aufbruchsstimmung in Paris durch Weltausstellung

Claude Izner ist das Pseudonym zweier Schwestern, die in Paris selbst Bouquinistinnen mit eigenem Bücherstand am Seine-Ufer sind. Sie kennen sich in Ihrem Metier aus, und das spürt der Leser in jeder Zeile des Buches. Izner schafft es, den Leser mühelos in ein aufstrebendes Paris zu versetzen, dass durch seine Weltausstellung und den neuen, sensationellen Eiffelturm im Aufbruch ist und in eine kaum zu erahnende, spannende Zukunft unterwegs ist.

Diese Aufbruchsstimmung ist das Salz in der Suppe des Romans und zieht sich bis zur letzten Seite gewissermaßen als literarischer Ostinato durch die Handlung. Diese wird behutsam eingeführt, der erste Todesfall wird noch ausführlicher geschildert als die folgenden, aber das ist nicht schlimm, denn dass ein vermeintlicher Serienmörder unterwegs ist, von dem allerdings das Motiv und die Zusammenhänge der Mordopfer noch unklar sind, wird Victor und auch den Lesern schnell klar.

Bunte Mischung vieler Charaktere

Der Roman lebt allerdings nicht nur von seiner euphorischen Grundstimmung und den Mordfällen, sondern vor allem auch von seinen Charakteren. Victor ist der Held des Romans, der erst nach und nach merkt, wo er da überhaupt hineingeraten ist und sieht alles noch etwas oberflächlich, eher er sich in die Zeichnerin Tasha verliebt und sie gleichzeitig als Täterin verdächtigt. Auch Kenji ist durch seine Handlungen verdächtig, er wohnt ebenso wie Victor über dem Laden, und beide gehen in beiden Wohnungen ein und aus, womit es schwierig ist, Geheimnisse voreineinender zu haben, was die Situation umso verzwickter macht.

Neben Tasha gibt es im Redaktionsteam weitere Verdächtige, noch mehr Verdächtige gibt es unter den Besuchern des Eiffelturms, die sich ungefähr zur gleichen Zeit ins goldene Buch eingetragen haben. Zu allem Überfluss hat Victor noch eine verheiratete Geliebte, Odette de Valois, die ihn mehr nervt als er sich eingestehen möchte und die mehr an ihm hängt als er an ihr. Komplettiert wird die Ausgangssituation durch den jungen Joseph, der im Bücherladen die Stellung hält und immer da ist, wenn Victor und Kenji aus irgendwelchen Gründen das Geschäft verlassen haben. Und sogar Gustave Eiffel darf persönlich im Roman auftauchen.

Empfehlenswerte Anhänge

Der Fall selbst ist interessant, und es werden ausreichend Sackgassen und Wendungen gelegt, um Victor und den Leser ordentlich zu verwirren. Auch Verdächtige sind unter den Opfern, und so bleibt der Roman bis zum Ende recht spannend. Allerdings pflegt Victor bisweilen einige konfuse Gedankengänge. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Autorinnen da und dort etwas weniger verwirrend ausdrücken würden, aber unterm Strich bleibt doch alles verständlich.

Wer bereits einmal in Paris war, wird sich mühelos in den Beschreibungen zurechtfinden, allen anderen seien die Stadtpläne vorne und hinten im Buch empfohlen. Eine ausführliche Literaturliste mit Empfehlungen, ein Interview mit den Autorinnen und eine Leseprobe des zweiten Falls ergänzen einen gelungenen Einstand, der an Tempo noch etwas zulegen kann, aber viel Potenzial für weitere Fälle bietet. Die Ausgangssituation ist erfolgreich gelegt. Die Pflicht ist getan, bleibt zu hoffen, dass die Kür in weiteren Fällen (in Frankreich sind bereits insgesamt neun Bände erschienen) genauso erfolgreich ausfällt.

 

Madame ist leider verschieden

Claude Izner, Pendo

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