Seelenfänger

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2010
  • 2
  • Lübbe, 2009, Titel: 'Martyr', Originalausgabe
Seelenfänger
Seelenfänger
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Carsten Jaehner
931001

Histo-Couch Rezension vonAug 2010

Gelungener Start einer neuen Krimi-Reihe

Kurzgefasst:

London 1587. Eine Kusine von Elizabeth I., brutal ermordet in einem ausgebrannten Haus. Üble Drohungen gegen die Königin. Ein Komplott gegen Sir Francis Drake, den Befehlshaber der englischen Flotte. Schlimmer kann es gar nicht kommen für John Shakespeare, den Ermittler der Krone, der alle Fälle lösen soll. Seine Nachforschungen führen ihn in die Unterwelt, mitten unter Spione, Häscher, Huren und Theaterleute, darunter sein berühmter Bruder Will. Bald begreift John, dass seine Ermittlungen behindert werden. Sein Rivale, der oberste Folterknecht der Queen, schreckt dabei vor keinem Terror zurück. Dennoch entdeckt John eine Verschwörung, die bis in die höchsten Kreise reicht. Dass er selbst und seine große Liebe das Opfer einer bösen Intrige werden sollen, ahnt er aber erst, als es beinahe zu spät ist ...

 

Im London des Jahres 1587 wird eine junge Dame in einem ausgebrannten Haus ermordet aufgefunden. John Shakespeare, Ermittler im Namen der Krone, beginnt mit seinen Nachforschungen. Er untersteht dem Staatssekretär Sir Francis Walsingham und stellt bald fest, dass er in seinen Ermittlungen behindert wird. In Richard Topcliffe, dem Diener und Folterknecht der Königin, hat er sowohl einen Verbündeten, als auch einen Gegner, und immer wieder kreuzen sich die Wege der beiden.

Neben dem Mord an der jungen Dame, deren Identität bald geklärt ist, über deren weiteren Lebenslauf sich aber selbst die Familie ausschweigt, soll Shakespeare auch noch ein Komplott gegen Sir Francis Drake aufklären, der in Gefahr steckt, von den Spaniern ermordet zu werden. Da sich selbst Shakespeare nicht zweiteilen kann, schickt er seinen see-erfahrenen Diener Boltfoot zu Drake. Leider hat Boltfoot einst unter Drake gedient und kann ihn nicht ausstehen. Ideale Vorraussetzungen also für den Auftrag als persönliche Leibwache.

Während Shakespeare in seinen vielfältigen Ermittlungen steckt, verliebt er sich auch noch in die Dienerin eines Verdächtigen und muss versuchen, sein Berufs- und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Gut, dass er einen jüngeren Bruder namens William hat, der ihm zufällig zur Hilfe kommt. Während immer wieder Anschläge auf Drake geplant werden, glaubt Topcliffe, der zudem auf der Jagd nach katholischen Priestern ist, den Mörder bereits zu kennen. Shakespeare jedoch geht der Sache ohne Folter auf den Grund, und schon bald spitzen sich die Ereignisse zu.

Prächtiges Elisabethanisches Zeitalter

Mit Seelenfänger beginnt der britische Autor Rory Clements eine neue Reihe um den Ermittler und älteren Bruder des Dichters William Shakespeare, John Shakespeare. Dabei schafft er ein elisabethanisches England, in das sich der Leser von der ersten Seite an bis zum Schluß nach 480 Seiten mühelos hineinfinden kann. Clements legt ein Erzähltempo vor, das er durch das komplette Buch halten kann, auch wenn es ruhigere Momente gibt. Man lebt und leidet mit seinem Protagonisten John Shakespeare und lernt einiges über die Zeit unter Queen Elizabeth I.

Shakespeare selbst und überhaupt alle Figuren werden liebevoll beschrieben und charakterisiert, von seinen Dienern bis zum hochnäsigen Francis Drake, dem gönnerhaften, aber gerechten und auch strengen Francis Walsingham und auch den Huren, die ein eigenes Bordell eröffnen und sich so eine eigene Zukunft aufbauen wollen.

Ein Gegner mit Format

Höhepunkt der Charaktere ist aber sicherlich Richard Topcliffe, in dem der Autor endlich mal wieder einen Bösewicht mit Format geschaffen hat, der zwar eigentlich auf der selben Seite wie Shakespeare arbeitet, durch seine brutalen Methoden aber immer wieder im Weg steht und somit auch ein Feind Shakespeares ist. An dieser Konstellation wird man wohl auch in den folgenden Bänden noch viel Freude haben.

Dann wird vielleicht auch William Shakespeare, der zu dieser Zeit noch nicht so berühmte Dichter, noch mehr Auftritte haben. Hier spielt er nur eine sehr untergeordnete Rolle, aber diese Konstellation ist vom Autor durchaus geschickt gewählt, denn so hat er für seine eigentliche Hauptperson mehr Freiheiten. Dennoch nutzt er neben seinen Freiheiten ein Korsett aus tatsächlichen Ereignissen wie der Hinrichtung Maria Stuarts oder dem Sieg Drakes über die Spanische Armada 1588. Die Einbettung der Ereignisse um John in diesen realen Rahmen geben dem Roman eine kräftige Würze, die durchaus Appetit auf mehr macht.

Spannend, lehrreich und unterhaltsam

Leser, die sich in dieser Zeit besonders gut auskennen, mögen vielleicht ein paar Unkorrektheiten finden, aber das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Rory Clements versteht es durchgehend, den Leser zu unterhalten und ein spannende Geschichte mit mehreren Handlungssträngen zu erzählen, die am Ende alle zusammengeführt und aufgelöst werden. Dramaturgisch geschickt entführt er den Leser in das ausgehende 16. Jahrhundert, über das man so manche Neuigkeit erfährt, die auch im fünfseitigen Anhang noch näher erläutert werden. Eine Dramatis Personae wäre als Ergänzung auch schön gewesen, aber vielleicht kommt diese ja einmal in einem der folgenden Teile, von denen die nächsten beiden bereits fertig sind und weitere angekündigt. Einzig der deutsche Titel ist etwas unglücklich, aber vielleicht sind die Titel der weiteren Teile etwas zündender.

Ein gelungener Ausflug in eine spannende Zeit, dem man sich gerne hingibt und der ohne Wenn und Aber unterhält und nie langweilt. Rory Clements zieht alle Register durch alle Gesellschaftsschichten und malt dabei ein sehr farbiges Bild der Renaissance, dem man sich nur schwer entziehen kann. Den Autor sollte man im Auge behalten. Ein absoluter Tipp für Freunde historischer Kriminalromane. Man darf auf weitere Ermittlungen von John Shakespeare gespannt sein.

 

Seelenfänger

Rory Clements, Lübbe

Seelenfänger

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