Filzengraben

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2009
  • 1
  • Emons, 2009, Titel: 'Filzengraben', Originalausgabe
Filzengraben
Filzengraben
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Jörg Kijanski
551001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2009

Als historischer Roman ordentlich, als Krimi ein Flop!

Kurzgefasst:

Köln 1737. Annas Nerven liegen blank. Zuerst fällt ihr ein wertvolles Fläschchen mit duftendem Aqua mirabilis zu Boden, dann wird die Spedition von Signor Dalmontes, der sie wie eine Tochter aufgenommen hat, bestohlen. Und schließlich lungert vor dem Haus ein Unbekannter herum. Hat er etwas mit den Diebstählen zu tun oder gar mit dem überraschenden Tod der Jungfer Feminis? Und welche Rolle spielt Farina von Obenmarspforten? Als es noch einen Toten gibt, nimmt Anna ihren ganzen Mut zusammen ...

 

Köln im Jahr 1737. Die junge Anna ist Kontorgehilfin bei dem italienischen Spediteur Paolo Dalmonte, wo im Moment einiges schief läuft. Zunächst fällt Anna ein wertvolles Fläschchen des geheimnisvollen Aqua mirabilis auf den Boden, wenig später wird Dalmonte bestohlen. Nicht zum ersten Mal wird ein welscher Kaufmann um sein Eigentum gebracht, vielmehr stellt eine Serie von Diebstählen die italienischen Kaufleute vor ernsthafte Probleme.

Als dann wenige Wochen nach dem Tod des Kaufmanns Feminis auch noch überraschend dessen Tochter Johanna stirbt, wittert gar der Journalschreiber Anton Cettini einen Mordfall. Verübt haben soll diesen kein Geringerer als sein Landsmann Farina, der sich damit die Vormachtstellung bei der Herstellung des Aqua mirabilis verschaffen wollte.

Natürlich ist dies nur ein Gerücht, doch kurz darauf wird Cettini von zwei Männern zusammengeschlagen, als er sich auf dem Weg zu Dalmonte befindet, in dessen Haus er wenig später stirbt. Immerhin kann er noch aussagen, dass ihm seine Mörder schöne Grüße von Farina bestellt haben. Während Dalmonte noch zweifelt, ob Farina wirklich für den Tod eines eigenen Landsmannes in Betracht kommt, gerät auch Farinas Firma in Bedrängnis, denn plötzlich wird dessen Wunderwasser zu einem deutlich niedrigeren Preis auf den Märkten in und um Köln herum verkauft. Annas Vater legt derweil mit seinem Schiff "Henrietta" in Köln an, doch bereits in der ersten Nacht wird das Schiff überfallen und ein weiterer Mord geschieht ...

Warum wird zu keinem Zeitpunkt ermittelt?

Man muss sich die Situation einmal genau vor Augen führen. Mehrere angesehene "ausländische" Kaufmannsleute, die mitunter schon seit vielen Jahren in Köln leben und hier ihre Geschäfte betreiben, werden zunehmend bestohlen. Aber obwohl sie über Geld und Einfluss verfügen, nicht wenige von ihnen sitzen im Stadtrat, unternehmen sie ... nichts! Es wird nicht einmal darüber nachgedacht, etwa Wachen patrouillieren zu lassen. Trotz der klaren Belastung des Kaufmannes Farina durch den Journalschreiber Cettini passiert nichts, dabei müsste doch Bürgerhauptmann Kall zumindest mal eine Befragung Farinas zu den Vorwürfen veranlassen.

Und selbst nach dem Mord an Cettini? Bestürzung aller Orten und ansonsten geht das liebe Leben weiter seinen Gang. Dalmonte beklagt sich zwar seitenlang, dass es angesichts der Diebstähle so nicht weitergehen könne, aber irgendwelche Aktivitäten seinerseits erwarten die Leser vergebens und von dem Bürgerhauptmann und seinen Gehilfen ist weit und breit nichts zu sehen. Unter einem "Kriminalroman" versteht man freilich etwas anderes. Lediglich Anna macht sich ihre eigenen Gedanken, was in der Praxis zur Folge hat, dass sie einen Bettler bittet, die Augen offen zu halten.

Es folgen zahlreiche Gespräche von Dalmonte mit den Ratsherren oder dem Pfarrer und zudem will der Haushalt Dalmontes geführt werden. So zieht die Zeit ins Land, bis Annas Vater mit seinem Schiff vor Köln ankert. Wie schon erwähnt, wird es bereits in der ersten Nacht überfallen, aber warum sollten ausgerechnet jetzt irgendwelche polizeilichen Ermittlungen starten? Es gab ja nur einen Toten und den kann man im vorliegenden Fall einfach auf dem Armenfriedhof beisetzen. "Habe fertig", hört man eine bekannte Persönlichkeit sagen ...

Ausländer in Köln des 18. Jahrhunderts

Immerhin, dieser historische Bezug wird sehr gut rübergebracht.

Was das Buch dennoch durchaus lesenswert macht, ist die Situation der Welschmänner (Welschland = Alpen) in Köln, die nicht bei allen Kölnern willkommen sind, verderben sie doch dem ein oder anderen dessen Geschäft. Auch ihr enger Bezug in das heimatliche Vigezzotal wird vorzüglich dargestellt und so kann sich "Filzengraben" durchaus als historischer Roman lesen lassen. Allerdings hätte man auf den Zusatz "Kriminal" verzichten sollen, denn dieser ist wahrlich irreführend.

Also, wer einen Ausflug in das 18. Jahrhundert nach Köln machen möchte, darf gerne zugreifen, wer hingegen einen historischen Krimi erwartet, lässt lieber die Finger hiervon. Es sei denn man ist ein Fan von "Kommissar Zufall".

Filzengraben

Petra Reategui, Emons

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