Rügentod

  • Aufbau
  • Erschienen: Dezember 2023
  • 1
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Carsten Jaehner
761001

Histo-Couch Rezension vonApr 2024

Rückkehr ins Ungewisse.

Rügen, 1920. Dorothee von Stresow ist Krimiautorin und gebürtig von Rügen, weswegen sie zu einer Lesung in ihrer ehemaligen Schule eingeladen wird. Widerstrebend nimmt sie an, hat sie doch wegen eines Brandes, bei dem ihre Familie ums Leben kam, keine guten Erinnerungen an die Insel. Jedoch, als sie eine Freundin von früher treffen möchte, findet sie diese getötet vor, und sofort erwacht ihr kriminalistisches Gespür und sie will dem Mord auf den Grund gehen.

Natürlich ermittelt auch die Polizei in Gestalt von Kommissar Breesen, der einen guten Job macht, sich aber von der forschen Dorothee überfahren fühlt und zunächst gar nicht an eine Art Zusammenarbeit denkt. Dorothee aber hat noch alte Kontakte von früher, die hilfreich sein können, auch was die Familiengeschichte des Opfers angeht. Nach und nach legen sie eine Geschichte frei, die eng mit Dorothees eigener verbunden ist und die auch sie in Gefahr bringt. Da es nicht bei einer Leiche bleibt, muss zwischen den Opfern ein Zusammenhang hergestellt werden. Und welche Rolle spielt Albert Bradow, einst Kinderfreund von Dorothee und heute Tierarzt auf der Insel? Dorothee will eigentlich zurück nach Berlin, doch es gibt noch einiges zu klären…

Forsche und freche Ermittlerin

Sie geht schon forsch voran, die Krimiautorin Dorothee von Stresow, die aus den Köpfen von Sylvia Frank entsprungen ist, einem Autorenehepaar, das auf Rügen lebt und sich daher bestens mit den Örtlichkeiten und der Geschichte der Insel auskennt. Ihre Heldin fackelt nicht lange und mischt sich auch in Dinge ein, die sie eigentlich nichts angehen. Nach und nach enthüllt sich ihre Vergangenheit auf Rügen, und so versteht man sie und ihre Gedankengänge zumindest besser.

Als Dorothee ihre Freundin tot auffindet, betrachtet sie die Situation gleich mit ihren professionellen Autorinnenaugen. Emotional verband sie mit der Toten nicht viel, eine Klassenkameradin von früher, aber ohne großen Kontakt oder gar, dass sie ihre Freundin gewesen war. Als dann Kommissar Breesen eintrifft, ist sie diesem bereits um einige Erkenntnisse voraus, was ihn zwar nervt, doch da sie Recht hat, muss er wohl oder übel eingestehen, dass sie eine Hilfe sein könnte. Von hier an ermitteln sie nahezu gleichberechtigt, auch unabhängig voneinander, und es verwundert schon, zum einen wie schnell das geht und zum anderen, dass es gar keine Widersprüche mehr gibt und sie bei der Polizei ein- und ausgehen kann, als gehöre sie schon immer dazu. Das scheint mir dann doch ein wenig unrealistisch, und noch dazu in den 1920ern!

Wölfe auf Rügen?

Der Kriminalfall selber ist nicht uninteressant und leitet spannend über in Dorothees eigene Familiengeschichte; auch der Brand ihres Elternhauses spielt eine Rolle in der ganzen Geschichte. Ein interessanter Aspekt tut sich auf, als Schäfer berichten, dass wohl Wölfe ihre Schafe gerissen hätten, was recht unwahrscheinlich scheint, denn Wölfe kommen auf Rügen eigentlich nicht vor. Was das mit den Morden zu tun hat und ob es überhaupt Wölfe waren, soll hier natürlich nicht verraten werden, aber die von den Autoren entwickelte Geschichte ist ein durchaus neuer Ansatz für einen Kriminalfall auf einer Insel.

Bedauernswerter Kommissar

Obwohl sich die Autoren auf Rügen auskennen und somit auch Dorothee, schaffen sie es nicht, das Flair der 1920er Jahre einzufangen, mit Rügen und seinen luxuriösen Seebädern und den sich daraus ergebenen Unterschieden zwischen den betuchten Kurgästen und den Rügenern, vor allem vor dem Hintergrund des gerade beendeten Weltkriegs. Dorothee von Stresow ist sehr forsch - aber den Autoren gelingt es nicht so recht, sie mit genügend sympathischen Charakterzügen auszustatten, als dass man sich auf ihre Seite schlagen möchte. Eher bedauert man Kommissar Breesen, dass er sich auf der Nase herumtanzen lässt, dies aber auch klaglos hinnimmt. Zwar lösen sie den Fall, aber ein wirkliches Team, gewollt oder ungewollt, werden sie nicht, und es sieht auch nicht danach aus, als wollten beide dies.

Am Ende sieht es also doch nach einer Fortsetzung aus, es sind nicht alle Fragen, gerade aus der Familiengeschichte Dorothees, geklärt. Einen weiteren Band würde ich gerne lesen, wenn das Autorenpaar es schafft, ihre Protagonistin etwas zurückzupfeifen und ihr ein paar ruhigere Züge zu verpassen. Sonst wirkt das Ganze für meinen Geschmack zu konstruiert und unrealistisch. Neben einer vierseitigen Danksagung mit ein paar Informationen zu Recherchen gibt es keinerlei Beigaben zum Roman, dabei hätte gerade eine Karte der Insel die Lage der Handlungsorte für alle nachvollziehbarer gemacht, die sich nicht auf Rügen auskennen.

Fazit

Aus knapp 320 Seiten aus dem Aufbau Taschenbuch Verlag erzählt das Autorenpaar Sylvia Frank einen Krimi, in dem die nach Rügen heimkommende Krimiautorin Dorothee von Stresow im Mordfall einer Schulkameradin und in der eigenen Vergangenheit ermitteln lässt. Das Flair der Insel ist gut beschrieben, die Atmosphäre der 1920er Jahre mag sich nicht wirklich einstellen. Das ist schade, denn mit dem ausgesuchten Grundplot gibt noch einige Möglichkeiten.

Rügentod

Sylvia Frank, Aufbau

Rügentod

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